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Binnenschifffahrt September 2019 – Online-Vorschau

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Recht<br />

Güterschaden<br />

und Mitverschulden<br />

»Revidirte Rheinschifffahrts-Acte« von 1868, Foto: ZK<br />

Werden im transportierten Produkt Verunreinigungen vorgefunden, die zum Zustand des Coatings und zu den Vorreiseprodukten<br />

des Schiffes passen, und lagert der Absender das verunreinigende Produkt nicht in seinen Tanks ein, ist es zum Nachweis einer Verunreinigung<br />

im Obhutszeitraum nicht erforderlich, diese durch eine Probe unmittelbar am Übergang Land/Schiff beim Laden und<br />

Löschen zu beweisen, selbst wenn das Produkt über mehrere Tanklastwagen unter Verwendung von Leitungen und Pumpen angeliefert<br />

wurde.<br />

Beruft sich der Frachtführer auf den Haftungsausschluss des § 427 I Nr. 4 HGB, dann hat er darzulegen und zu beweisen, dass das<br />

Produkt Eigenschaften aufweist, für die die Verursachung des streitgegenständlichen Schadens nicht fernliegt, sondern konkret in<br />

Betracht zu ziehen ist.<br />

Im Rahmen einer denkbaren Schadenteilung nach § 425 II HGB sind die Pflichten des Frachtenführers, das Transportgut ordnungsgemäß<br />

zu transportieren und ein intaktes Transportfahrzeug zu stellen, abzuwägen mit Kontroll- und Prüfungspflichten des Absenders,<br />

der das Transportmittel zwar nicht auf Mängel zu überprüfen hat, erkannte oder evidente Mängel aber nicht ignorieren darf.<br />

Zum Güterschaden im Sinne des § 425 I HGB gehören neben dem Verlust des beschädigten Gutes auch Kosten, die zur Schadenminderung<br />

und Schadenbehebung aufgewandt wurden, bis zur Grenze des Wertersatzes nach § 429 HGB, auch wenn kein qualifiziertes<br />

Verschulden im Sinne des § 435 HGB vorliegt.<br />

Leichtfertigkeit im Sinne der §§ 435 iVm 428 HGB setzt voraus, dass der Frachtführer oder seine Leute sich in krasser Weise über die<br />

Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinweggesetzt haben. Ist das Gericht von objektiver Leichtfertigkeit überzeugt, dann ist<br />

der Schluss auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadeneintrittes beim Schädiger nur zulässig, wenn das leichtfertige<br />

Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, den Schluss zulässt, dass es eine sich<br />

dem Handelnden aufdrängende Erkenntnis ist, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen.<br />

Behauptet der beklagte Frachtführer, Schadenersatzforderungen des Absenders seien auf dessen Verkehrshaftungsversicherer übergegangen,<br />

da er den Schaden reguliert habe, dann ist der Frachtführer für diese Behauptung nicht nur darlegungs-, sondern auch<br />

beweisbelastet. Dies gilt auch, wenn sich der Verkehrshaftungsversicherer für den Absender gemeldet und legitimiert hat.<br />

Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts<br />

vom 7. März <strong>2019</strong>, Az.: 6 U 15/18<br />

(Landgericht Hamburg, Az.: 409 HK O<br />

10/16)<br />

… erkennt das Hanseatische Oberlandesgericht<br />

… für Recht:<br />

Die Berufung der Nebenintervenientin<br />

gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg<br />

vom … wird zurückgewiesen<br />

Aus den Gründen:<br />

Die Parteien streiten über die Verunreinigung<br />

einer Ladung eines Binnenschiffes.<br />

Die Klägerin (»F« d. Red.) unterhält an ihrem<br />

Standort in Hamm ein Lager, in dem<br />

sie für die A das Produkt Aviform L 50 einlagert<br />

und an Kunden distribuiert. Bei diesem<br />

Produkt handelt es sich um einen<br />

flüssigen Enteiser, den die A über die B<br />

in Deutschland an Flughäfen vertreibt. …<br />

Die Klägerin wurde beauftragt, das in<br />

Hamm in einem Landtank der Klägerin<br />

lagernde Produkt an die C in Frankfurt<br />

zu befördern …<br />

Es wurde vereinbart, dass das Produkt<br />

am 30.1.2015 in Hamm in das Binnenschiff<br />

D geladen und am 23.1.2015 in Frankfurt/<br />

Main vom Binnenschiff gelöscht wird. Die<br />

Beförderung des Gutes hat die Beklagte<br />

zu 1.) nicht selbst durchgeführt, sondern<br />

hat hiermit die Nebenintervenientin beauftragt<br />

… Bei der letzten Vorladung der<br />

»D« handelte es sich um Hamino, ein Naturprodukt<br />

auf Basis von Weizen.<br />

Der von der Beklagten zu 2.) nominierte<br />

»Inspector« H suchte am 20.01.2015 frühmorgens<br />

ohne Begleitung durch einen<br />

Mitarbeiter der Klägerin das außerhalb<br />

des Betriebsgeländes im Hafen der Stadt<br />

Hamm liegende von der Beklagten zu 1.)<br />

für die Beladung bereitgestellte Binnenmotorschiff<br />

auf und besichtigte es. Über<br />

das Ergebnis der Besichtigung fertigte<br />

Herr H jeweils unter dem 20.01.2015 u.a.<br />

zwei von ihm unterschriebene Dokumente<br />

(»Ship’s Tank History Cleaning Report<br />

of Vessel« und »Ship’s Cleanliness Inspection<br />

Report« an, die die Klägerin erst<br />

nachträglich erhielt. Nach der Besichtigung<br />

durch Herrn H wurde das Schiff zur<br />

Beladung freigegeben.<br />

Die Beladung wurde gegen 6.30 Uhr vorgenommen.<br />

Sie erfolgte in der Weise,<br />

dass das Produkt sukzessive mittels eines<br />

Tankwagens der Klägerin in mehreren<br />

Fuhren vom Landtank zu dem Binnenmotorschiff<br />

verbracht und in das Binnenmotorschiff<br />

geladen wurde. Nach seinen Angaben<br />

führte Herr H in der Zeit zwischen<br />

7.00 Uhr bis 9.00 Uhr die sogenannte<br />

»First-foot-Prozedur« durch und nahm<br />

dabei vier Fußproben aus den vier Tanks,<br />

bei denen er nach seinen Angaben keine<br />

Auffälligkeiten feststellte. Da er nach Beladung<br />

beim Öffnen der »Sampling Luke«<br />

nach seinen Angaben auf der Oberfläche<br />

des Produktes in den Schiffstanks 1 und<br />

4 jedoch braune Verunreinigungen/Partikel<br />

feststellte, ließ er erneut Proben ziehen,<br />

die den Verdacht bestätigten …<br />

Unter dem 21. Oktober 2015 wandte sich<br />

die E, der Verkehrshaftungsversicherer<br />

der Klägerin, mit folgendem Schreiben<br />

an die Beklagte zu 1.):<br />

»… Wir melden uns bei Ihnen als Verkehrshaftungsversicherer<br />

der F (= Klägerin<br />

d. Red.). Nach den Unterlagen, die<br />

wir Ihnen schicken, kam es in Ihrem Gewahrsam<br />

zu einer Verunreinigung von<br />

Ladung. Bitte erkennen Sie den Schaden<br />

zumindest dem Grunde nach an. Sollten<br />

Sie Einwände haben, tragen Sie uns diese<br />

bitte kurzfristig vor.«<br />

Die Klägerin machte mit ihrer im Januar<br />

2016 erhobenen Klage einen Gesamtschadensersatzanspruch<br />

in Höhe von<br />

€ 69.025,79 geltend, der sich wie folgt<br />

zusammensetzt:<br />

Teil I<br />

(Handlingkosten in Hamm): € 12.258,39<br />

Teil II<br />

(Aufarbeitung einer<br />

Teilmenge beim Hersteller) € 10.105,80<br />

Teil III<br />

(Transportkosten): € 21.825,15<br />

Teil IV<br />

(Schadenanalyse und<br />

Bearbeitung in Hamm): € 9.364,60<br />

Teil V<br />

(Vertragsstrafe gegenüber<br />

Fraport) € 8.520,00<br />

Sachverständigenkosten € 6.951,85<br />

€ 69.025,79<br />

…<br />

Das Landgericht hat der Klage gegen die<br />

Beklagte zu 1.) in Höhe von € 46.017,19 stattgegeben<br />

und die gegen die Beklagte zu<br />

2.) gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung<br />

hat das Landgericht ausgeführt,<br />

die Klägerin sei anspruchsberechtigt …<br />

72<br />

<strong>Binnenschifffahrt</strong> 09 | <strong>2019</strong><br />

(Sammlung Seite 2621)

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