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Binnenschifffahrt September 2019 – Online-Vorschau

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Recht<br />

Der Schaden sei im Obhutszeitraum der<br />

Nebenintervenientin eingetreten, was<br />

sich die Beklagte zu 1.) zurechnen lassen<br />

müsse. Die Beklagte zu 1.) könne<br />

sich nicht auf die Haftungsbefreiungsvorschrift<br />

des § 426 HGB berufen. Die<br />

Haftung der Beklagten zu 1.) sei auch<br />

nicht nach § 427 Abs.1 Nr. 3 HGB ausgeschlossen,<br />

weil das Produkt nicht bei<br />

der Verladung verunreinigt worden sei.<br />

Die Haftung der Beklagten zu 1.) sei jedoch<br />

gemäß § 425 Abs.2 HGB eingeschränkt,<br />

weil die Klägerin die ihr obliegenden<br />

Kontroll- und Prüfpflichten nicht<br />

wahrgenommen habe. Diese Kontrollund<br />

Prüfpflicht habe deshalb bestanden,<br />

weil der Enteiser einen besonderen<br />

Reinheitsgrad habe aufweisen müssen,<br />

worüber die Klägerin die Beklagte zu 1.)<br />

aber nicht informiert habe, sondern ihr<br />

schlicht einen Transportauftrag für eine<br />

Beförderung per Binnenmotorschiff erteilt<br />

habe …<br />

Die zulässige Berufung der Nebenintervenientin<br />

hat keinen Erfolg.<br />

1.)<br />

Das Landgericht ist zu Recht von der Aktivlegitimation<br />

der Klägerin im Vertragsverhältnis<br />

zu der Beklagten zu 1.) ausgegangen.<br />

Eine (stillschweigende) Abtretung ist<br />

nicht dadurch erfolgt, dass die Klägerin<br />

die Schadensunterlagen ihrem Verkehrshaftungsversicherer<br />

überlassen<br />

hat. Denn wie das Landgericht zutreffend<br />

dargelegt hat, hat die Klägerin nach<br />

ihrem unwidersprochenen Vortrag der E<br />

keine Schadensunterlagen mit dem Willen<br />

übersandt, Ansprüche aus dem Schadensereignis<br />

abzutreten …<br />

Da die Aktivlegitimation der Klägerin sich<br />

bereits daraus ergibt, dass sie Vertragspartnerin<br />

des Frachtvertrages ist, ist die<br />

Beklagte zu 1.) für einen Verlust der Aktivlegitimation<br />

der Klägerin durch einen<br />

etwaigen gesetzlichen Forderungsübergang<br />

auf ihren Versicherer darlegungsund<br />

beweispflichtig. Wie das Landgericht<br />

jedoch zutreffend dargelegt hat, hat die<br />

Beklagte zu 1) trotz Bestreitens der Klägerin<br />

nicht (substantiiert) dargelegt, dass<br />

die E eine Regulierungsleistung erbracht<br />

hat. Zu einer Nichtregulierung kann die<br />

Klägerin auch nicht mehr vortragen, als<br />

sie dies mit Schriftsatz vom 11. Juli 2016,<br />

S.10 getan hat. »Die E hat aber in dem<br />

hier vorliegenden Schadenereignis keine<br />

Regulierungsleistung erbracht und sich<br />

mit dem von der Beklagten zu 1. mit der<br />

Klagerwiderung vorgelegten Schreiben<br />

lediglich als Verkehrshaftungsversicherer<br />

der Klägerin gegenüber der Beklagten<br />

zu 1. legitimiert.« …<br />

Da der Nebenintervenientin der Name<br />

des Schadensachbearbeiters der E aus<br />

dessen Schreiben vom 21. Oktober<br />

2015 bekannt ist, hatte sie auch die Möglichkeit,<br />

die von ihr behauptete Leistung<br />

der E unter Beweis zu stellen.<br />

2.)<br />

Die Berufung wendet sich auch ohne Erfolg<br />

gegen die Feststellung des Landgerichts,<br />

dass die Beschädigung im Obhutszeitraum<br />

(§ 425 Abs.1 HGB) der Beklagten<br />

bzw. der Nebenintervenientin entstanden<br />

ist. Das Landgericht hat zutreffend<br />

dargelegt, dass der Schaden durch Vermischung<br />

mit den Resten der Vorladung<br />

und der sich ablösenden Beschichtung<br />

des Schiffstanks entstanden ist …<br />

Was die eingeschränkte Haftung gemäß<br />

§ 425 Abs.2 HGB (Schadensteilung) anbelangt,<br />

folgt der Senat dem Landgericht<br />

hingegen ganz überwiegend nicht …<br />

Die Argumentation des Landgerichts,<br />

die Gestellung eines Binnenmotorschiffes<br />

mit Schiffstanks, die eine sich ablösende<br />

Beschichtung aufweisen und die<br />

von den Resten der Vorladung nicht gereinigt<br />

sind, erweise sich als eine krasse<br />

Pflichtverletzung, die von dem Bewusstsein<br />

getragen sei, dass ein Schaden mit<br />

Wahrscheinlichkeit eintreten werde, vermag<br />

nicht zu überzeugen. Dasselbe gilt<br />

für die weiteren Ausführungen des Landgerichts<br />

unter Bezugnahme auf das Urteil<br />

des OLG Celle vom 12.12.2002, Az.:11 U<br />

64/02, es sei für jeden Binnenschiffer evident,<br />

dass sich die in den Schiffstanks<br />

befindlichen Reste mit der Ladung vermischen<br />

und diese beschädigen. Mit<br />

seinem Verhalten nehme der Binnenschiffsfrachtführer<br />

den Schadenseintritt<br />

billigend in Kauf; es liege bedingter Vorsatz<br />

vor.<br />

Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit<br />

erfordert einen besonders schweren<br />

Pflichtenverstoß, bei dem sich der<br />

Frachtführer oder seine Leute i. S. v.<br />

§ 428 S. 2 HGB in krasser Weise über die<br />

Sicherheitsinteressen des Vertragspartners<br />

hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis<br />

des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit<br />

des Schadenseintritts ist<br />

eine sich dem Handelnden aus seinem<br />

leichtfertigen Verhalten aufdrängende<br />

Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein<br />

Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung<br />

des Tatbestandsmerkmals der<br />

Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus,<br />

um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit<br />

des Schadenseintritts<br />

schließen zu können. Eine solche Erkenntnis<br />

als innere Tatsache ist vielmehr erst<br />

dann anzunehmen, wenn das leichtfertige<br />

Verhalten nach seinem Inhalt und nach<br />

den Umständen, unter denen es aufgetreten<br />

ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGH<br />

vom 25. 3. 2004 - I ZR 205/01 - BGHZ 158,<br />

322 [328 f.] = VersR 2004, 1335 [1337]; vom<br />

6. 6. 2007 - I ZR 121/04 - VersR 2008, 1134<br />

= TranspR 2007, 423 Tz. 17).<br />

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.<br />

Was die Reste der Vorladung anbelangt,<br />

hat das Landgericht weder das Vorhandensein<br />

erheblicher Mengen noch eine<br />

Kenntnis der Nebenintervenientin hiervon<br />

festgestellt …<br />

Grundsätzlich ist es die Pflicht des Frachtführers,<br />

das Transportgut ordnungsgemäß<br />

zu transportieren. Zu einer ordnungsgemäßen<br />

Beförderung gehört die<br />

Verwendung intakter Transportfahrzeuge.<br />

Ebenso, wie sich ein Absender darauf<br />

verlassen kann, dass der Frachtführer ein<br />

Transportmittel gestellt hat, das vertragskonform<br />

sauber ist (BGH VersR 1969, 228,<br />

229; Koller, TranspR, 9. Aufl., § 412, Rn. 5,<br />

S. 123), kann er sich auch darauf verlassen,<br />

dass sein Gut in unbeschädigten Tanks befördert<br />

wird und nicht durch die Abplatzungen<br />

der Tankbeschichtung verunreinigt<br />

wird. Er braucht das Transportmittel<br />

nicht auf Mängel zu überprüfen, darf aber<br />

erkannte oder evidente Mängel nicht ignorieren<br />

(Koller, ebenda). Dass hier die Ungeeignetheit<br />

der Tanks für die Klägerin auf<br />

ersten Blick ersichtlich war, ist nicht dargetan.<br />

Selbst wenn man der Klägerin das<br />

Verschulden des Herrn H von der Beklagten<br />

zu 2.), der die Laderäume kontrolliert<br />

hat, zurechnen würde, würde dieses Verschulden<br />

vor dem Hintergrund, dass ein<br />

Binnenschiffer sein Schiff selbst kennen<br />

muss, weitgehend zurücktreten und eine<br />

Quote zwischen 10 % und 20 % nicht übersteigen.<br />

Die genaue Höhe braucht nicht ermittelt<br />

zu werden. Denn da die Klägerin<br />

keine Anschlussberufung eingelegt hat,<br />

darf eine Verringerung der Mitverschuldensquote<br />

nicht zu einem Verstoß gegen<br />

das Verschlechterungsverbot führen …<br />

Gemäß § 429 HGB ist Wertersatz zu leisten.<br />

Gemäß § 429 Abs.2 S.1 HGB ist bei<br />

Beschädigung des Gutes der Unterschied<br />

zwischen dem Wert des unbeschädigten<br />

Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme<br />

zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen,<br />

den das beschädigte Gut am Ort<br />

und zur Zeit der Übernahme gehabt hätte.<br />

Gemäß § 429 Abs.2 S.2 HGB wird vermutet,<br />

dass die zur Schadensminderung und<br />

Schadensbehebung aufzuwendenden<br />

Kosten dem nach Satz 1 zu ermittelnden<br />

Unterschiedsbetrag entsprechen. Weiteren<br />

Schaden hat der Frachtführer im Falle<br />

der Beschädigung gemäß § 432 HGB<br />

nicht zu ersetzen, sofern nicht qualifiziertes<br />

Verschulden vorliegt (§ 435 HGB).<br />

Wie dargelegt, fällt der Beklagten zu 1.)<br />

ein qualifiziertes Verschulden nicht zur<br />

Last. Einen Anspruch auf Erstattung<br />

der Vertragsstrafe gegenüber Fraport<br />

in Höhe von € 8.520,00 hat die Klägerin<br />

daher nicht. Bei den übrigen geltend gemachten<br />

Ansprüchen handelt es sich um<br />

zur Schadensminderung und Schadensbehebung<br />

aufzuwendende Kosten …<br />

Selbst wenn eine maximal in Betracht<br />

kommende Mitverschuldensquote in<br />

Höhe von 20 % berücksichtigt werden würde<br />

(€ 12.101,16), würde der so errechnete<br />

Betrag (€ 48.404,53) über dem ausgeurteilten<br />

Betrag in Höhe von € 46.017,19 liegen,<br />

weshalb sich der Erfolg der Berufung<br />

hinsichtlich des qualifizierten Verschuldens<br />

wirtschaftlich nicht auswirkt …<br />

(Sammlung Seite 2622)<br />

<strong>Binnenschifffahrt</strong> 09 | <strong>2019</strong><br />

Fortsetzung unter www.binnenschifffahrt-online.de<br />

bis Sammlung S. 2627<br />

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