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FASCHING und CHRISTENTUM<br />

Nun ist sie wieder da, die verrückte<br />

Zeit im Jahr, wo auf der ganzen Welt gefeiert<br />

wird. Wir versuchen auszubrechen<br />

aus der Normalität des Alltags. Wir versuchen,<br />

anders zu sein, verkleiden uns,<br />

legen Masken an und wollen, wenn auch<br />

nur für kurze Zeit etwas sein oder<br />

scheinen, was wir letztlich doch nicht<br />

sind. Auch wir Christen sollen fröhlich<br />

sein. Bei all dem närrischen Treiben<br />

dürfen wir aber nicht vergessen, daß<br />

eine Welt ohne Gott eine unerlöste, eine<br />

törichte Welt von Narren wäre. Jedem Faschingsdienstag<br />

folgt ein Aschermittwoch<br />

mit seinem "Bedenke, daß du Staub bist<br />

und wieder zu Staub werden wirst".<br />

So können wir auch von der Zeit, wo das<br />

Narrenzepter in unserer Stadt reaiert,<br />

für unser Leben lernen. Betrachten wir<br />

einmal einiae Figuren, die wir so gerne<br />

snielen:<br />

7<br />

7 1<br />

• -<br />

/ Heiterkeit<br />

•<br />

ist der Himmel,<br />

L unter dem alles j%<br />

gedeiht<br />

Jean Paul<br />

Da wäre einmal als Hauptfiaur der Narr.<br />

Narrheit war im Mittelalter identisch<br />

mit Gottesferne. Der Narr ist so geradezu<br />

die Personifikation des Teufels.<br />

der Christus entgegengestellt wird. Der<br />

Narr ist der Gottesleugner, der Tor, der<br />

sagt: "Es gibt keinen Gott!" Wer so<br />

spricht. macht sich selbst zu Gott,<br />

spielt sich auf als "Fürst dieser Welt".<br />

Aus diesem Grundgedanken entsteht das<br />

Bild des Faschingsprinzen mit seinem<br />

falschen Zepter, das ursprünglich eine<br />

Marotte war-. ein Stab mit dem Ehenbild<br />

des Narren, der sich selbst betrachtet,<br />

bewundert, das Inbild der Selbstliebe,<br />

die der Gottesliebe entgegensteht.<br />

Dem Faschingsprinzen steht seit langer<br />

Zeit die Faschingsprinzessin zur Seite,<br />

im Grunde die alte Partnerin des Adam,<br />

Eva, die Urmutter aller Sünder und das<br />

Gegenbild Mariens. Das Mittelalter<br />

sagte, der Sündenfall im Paradies sei<br />

die größte Torheit gewesen. Der Sündenfall<br />

brachte den Tod. Narr - Sünde - Tod<br />

werden in engster Nachbarschaft zueinander<br />

gesehen. Die Evangelien rücken im<br />

Gleichnis von den klugen und törichten<br />

Jungfrauen und in der Parabel vom reichen<br />

Prasser den Narren in die Nähe des<br />

Todes. Die törichten Frauen kommen zu<br />

spät zur Hochzeit. der selbstzufriedene<br />

Reiche verdrängt den Tod und wird daher<br />

von ihm völlig unvorbereitet überrascht.<br />

Hier taucht die Alternative auf: Tod<br />

oder leben - ein Programm, das die Fastenzeit<br />

im Hinblick auf Ostern entfaltet,<br />

Der Narr trägt eine Eselsohrenkappe, die<br />

oft noch mit Glöckchen verziert ist.<br />

Diese Glöckchen (Schellen) wurden von<br />

Theologen mit dem 1. Korintherbrief in<br />

Verbindung gebracht. wo Paulus schreiht:<br />

"Selbst wenn ich in den Sprachen der<br />

Menschen und Enael redete, hätte aber<br />

die Liebe nicht, so wäre ich wie ein tönendes<br />

Metall oder eine klingende<br />

Schelle,"<br />

Die Kirche wollte nie - und will meines<br />

Wissens auch heute nicht - die Fastnacht<br />

abbringen, aber es geht darum, die Fastnacht<br />

mit der Fastenzeit zu vergleichen<br />

und so durch das Aufzeigen der Alternative<br />

die Menschen vom falschen Weg abzubringen<br />

und sie auf den richtigen zu<br />

führen. So gesehen war die Erfahruna der<br />

Fastnacht wichtig, wollte man in der Fastenzeit<br />

eine bewußte Umkehr vollziehen,<br />

Und darum geht es auch heute. Nach wie<br />

vor wird der Fastnachtstermin durch das<br />

Osterfest bestimmt und nach wie vor<br />

folgt auf das weltliche Treiben der<br />

Fastnacht das kirchliche "Memento mori"<br />

(Bedenke, daß du sterben mußt").<br />

Ihr Diakon<br />

Peter GRAF<br />

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