#180-190 1993

KREUZWEG
BURG
auf die
Auch heuer kamen wieder zahlreiche
Jugendliche und Erwachsene zum sogenannten
Kreuzzug auf die Burg nach
Güssing.
Der eineinhalbstündige Weg von der
Klosterkirche aus endete auf dem
Burghof. Das diesjährige Motto war
"KREUZFEUER".
Ein Gedanke wurde uns allen gleich
am Beginn mitgegeben: Mit diesem
Kreuzzug begleiteten wir irgendeinen
Soldaten irgendwo auf dieser
Welt. Ein Satz, worüber wir nachdachten
und nachdenken mußten. Jenes
Kreuz, das der Erlöser getragen
hat, drückt auch heute noch auf den
Schultern vieler, die unschuldig
sind, nichts weiter wollen als den
Frieden?
So leicht ausgesprochen, so etwas
Selbstverständliches, Natürliches
- wenn man ihn hat, damit lebt. Wenige
Kilometer von uns entfernt ist
Krieg. Es wird gegen Feinde gekämpft,
die ethnisch anders sind. Dabei:
Sollten wir, wenn es schon sein muß,
nicht unterscheiden, ob mein Gegenüber
"gut" oder "böse" oder "anständig"
ist? Dazu bedarf es keiner Kategorisierung
nach Sprache, Hautfarbe
etc.
Sieht man nicht den Mitmenschen als
solchen, nicht mehr, aber auch nicht
weniger?
Erkennt der Soldat nicht im mörderischen
Geschehen jenen Gekreuzigten,
der auf Golgotha all das von
uns fernhalten wollte, was er selber
auf sich nahm? Die Unfähigkeit
zu sehen, trotz Verstand, Vernunft
... was nützt es ohne Glauben, Überzeugung.
Nachdenken! Schwierig ist es gewiß!
Es bedeutet Anstrengung, diese
echte Hinterfragung. Bei uns allen,
die mit auf die Burg gingen?
Morgen könnten wir es sein, die un
ter dem Kreuz fallen, uns wieder
aufrichten und dankbar für ein dargereichtes
Schweißtuch sein werden.
Schwarzseherei, vielleicht. Auch
Kassandra wurde verspottet.
Eva-Maria GOBER
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