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CRESCENDO 1/18 Januar-März 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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H Ö R E N & S E H E N<br />

SOLO<br />

Frank Peter Zimmermann<br />

Im Banne Bachs<br />

Die mehrsätzige Musik Johann Sebastian Bachs stellt den Interpreten<br />

vor enorme Herausforderungen. Einerseits muss der Künstler die verschiedensten<br />

Affekte vermitteln, die von Freudentänzen bis zu Klagegesängen<br />

auch sämtliche Zwischennuancen enthalten können. Weiterhin<br />

ist die kompositorische Struktur neben der geforderten Virtuosität<br />

und Klarheit im Ausdruck stets so transparent, dass dem Zuhörer<br />

nicht das kleinste Detail entgeht, weder intonatorische Unsauberkeiten<br />

noch Unstimmigkeiten im Ensemblespiel. Um Schwierigkeiten<br />

dieser Art brauchen sich weder Frank Peter Zimmermann noch die<br />

Berliner Barock Solisten Sorgen zu machen. Die Einspielung der Violinkonzerte<br />

überzeugt durch künstlerische Präzision, virtuose Leichtigkeit<br />

und Hingabe im Ausdruck. Mit seinem zarten, schlanken und<br />

lebendigen Klang gelingt es Zimmermann, die Zuhörer von Anfang an<br />

in seinen Bann zu ziehen. US<br />

Johann Sebastian Bach: „Violinkonzerte“,<br />

Frank Peter Zimmermann, Serge Zimmermann,<br />

Berliner Barock Solisten (Hänssler)<br />

Track 3 auf der crescendo Abo-CD:<br />

Konzert in d-Moll BWV 1052. III. Allegro<br />

Als neuer Abonnent erhalten<br />

Sie diese CD (siehe S. 54)<br />

ORCHES-<br />

TER<br />

Peter Racine Fricker<br />

Großmeister der<br />

Originalität<br />

Der junge Peter Racine Fricker (1920–90) galt in<br />

den 1950er-Jahren neben Britten und Tippett als<br />

Englands interessantester Symphoniker. Stilistisch<br />

stammt der Seiber-Schüler kaum aus der<br />

britischen Tradition, sondern erweist sich als<br />

höchst origineller Weiterentwickler des Expressionismus<br />

solcher Meister wie Bartók, Berg oder<br />

Blacher. Handwerklich ein Großmeister mit fantastischer<br />

Beherrschung des Orchesters und der<br />

Fähigkeit, große Formzusammenhänge in unorthodoxer<br />

Weise zu schaffen, wird er hier mit<br />

Rundfunkmitschnitten der zwischen 1948 und<br />

1966 entstandenen Sinfonien Nr. 1–4 sowie zwei<br />

kürzeren Werken vorgestellt (Nr. 3 und 4 erstmals<br />

auf Tonträger). Als Symphoniker können<br />

ihm in seiner Zeit in England allenfalls Robert<br />

Simpson, Bernard Stevens und Havergal Brian<br />

zur Seite gestellt werden, und wer Bartók,<br />

Schos takowitsch, Karl Amadeus Hartmann oder<br />

Dutilleux liebt, sollte<br />

hier unbedingt<br />

zugreifen. CS<br />

Peter Racine Fricker:<br />

„Symphonies 1–4“, Bryden<br />

Thomson, Albert Rosen,<br />

BBC Northern Symphony<br />

Orchestra (Lyrita)<br />

FOTO: HARALD HOFFMANN<br />

Wilhelm Furtwängler<br />

Sensationsfund<br />

Am 26. August 1953 stand Wilhelm Furtwängler in Luzern zum letzten Mal am Pult<br />

des Schweizerischen Festspielorchesters. Der Mitschnitt von Robert Schumanns tragisch<br />

düsterer Manfred-Ouvertüre galt lange Zeit als verschollen, bevor er zufällig in<br />

einem Archiv entdeckt wurde. Beim Label Audite ist er jetzt erstmals auf Tonträger<br />

erschienen. Das Album enthält außerdem Liveaufnahmen der am selben Abend aufgeführten<br />

Schumann-Sinfonie Nr. 4 und der Eroica von Ludwig van Beethoven. Letztere<br />

Werke wurden zum ersten Mal auf Basis der originalen Rundfunkbänder editiert;<br />

für bisherige Veröffentlichungen war ein privater Mitschnitt auf Kassette verwendet<br />

worden. Furtwängler näherte sich der Musik aus einer inneren Dringlichkeit<br />

heraus, die beim Anhören dieser Aufnahmen spürbar wird.<br />

Im Adagio-Satz der Schumann-Sinfonie beispielsweise brodeln<br />

Emotionen, die nie in übertriebenes Pathos münden. Ein<br />

empfehlenswertes Album, nicht nur für Furtwängler-Fans. CK<br />

Schumann: „Manfred Overture & Symphony No. 4“, Beethoven: „Symphony No. 3<br />

Eroica“, Wilhelm Furtwängler, Swiss Festival Orchestra (Audite)<br />

Münchner Philharmoniker<br />

Apotheose der<br />

Weltverlorenheit<br />

Die zweite Folge der Münchner Philharmoniker beim<br />

eigenen Label mit Konzertmitschnitten unter Sergiu<br />

Celibidache (nach den unübertrefflichen Aufnahmen<br />

von Schuberts Unvollendeter und Dvořáks Sinfonie<br />

Aus der Neuen Welt) überrascht mit Gustav Mahler.<br />

Und tatsächlich sind die Kindertotenlieder das einzige<br />

Werk Mahlers, das Celibidache aufgeführt hat. Mit<br />

Brigitte Fassbaender wird alles in feinster Weise ausgestaltet,<br />

die Tragödie entfaltet sich in erschütternder<br />

Weise als Apotheose der Weltverlorenheit,<br />

es wird ein unentrinnbarer Spannungsbogen zelebriert.<br />

Richard Strauss’ Tod und Verklärung erfährt in<br />

der prachtvoll durchgehörten, hellwach ausbalancierten<br />

und aufgrund kammermusikalisch geschulter,<br />

kontrapunktisch und harmonisch bewusst artikulierender<br />

Sanglichkeit eine rundherum stimmige und<br />

fesselnde Referenzaufführung.<br />

CS<br />

Mahler: „Kindertotenlieder“ & Strauss:<br />

„Tod und Verklärung“, Sergiu Celibidache,<br />

Münchner Philharmoniker<br />

(MPHIL)<br />

32 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>18</strong>

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