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CRESCENDO 1/18 Januar-März 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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H Ö R E N & S E H E N<br />

FOTO: WIENER STAATSBALLETT, ASHLEY TAYLOR<br />

TANZ<br />

Rudolf Nurejew<br />

Tanzbesessen<br />

So viel Tanz war nie! Natürlich wird in allen Don-Quixote-Versionen zu Ludwig Minkus’<br />

gezielt ballettbestimmter Musik herzhaft viel getanzt. Aber Rudolf Nurejew<br />

hielt sich 1966 in seiner Fassung für das damalige Wiener Staatsopernballett nicht<br />

nur eng an die Petipa-Urfassung von <strong>18</strong>69/71. Bei allem, von ihm auch bestens<br />

bedienten, Komödien-Humor um den skurrilen „Don Q.“ und seinen Sancho Pansa,<br />

lebte Nurejew hier seine Tanzbesessenheit voll aus. Ob das Liebesgeplänkel<br />

zwischen Kitri und Basil – in Weltklasseformat von Maria Yakovleva und Denys<br />

Cherevychko dargeboten –, ob Seguidillas und Fandangos oder hochklassische<br />

Dryaden-Königin mit Gefolge: Alle Solo-Variationen, die zahlreichen Pas de deux<br />

bis zu den Pas de cinq und sogar die großen Ensembles sind geradezu<br />

schwindelerregend kompliziert-schrittdicht in der Fußarbeit gestaltet,<br />

dabei so tänzerisch beweglich im Oberkörper, dass man Manuel Legris’<br />

geschliffen tanzendem, von Dirigent Kevin Rhodes temperamentvoll angefeuerten<br />

Wiener Staatsballett nur dankbar sein kann, dieses Nurejew-<br />

Vermächtnis so sorgsam zu pflegen. GRA<br />

Ludwig Minkus: „Don Quixote“, Rudolf Nureyev, Wiener Staatsballett (Cmajor)<br />

BAROCK<br />

Dorothee Mields<br />

Gefühlsfülle<br />

Ob Liebe oder Hass, ob Trauer oder Furcht: Die Sprache<br />

der Musik vermag jedes noch so menschliche Gefühl auf<br />

ihre eigene Art und Weise in Szene zu setzen. Das Album<br />

„La dolce vita“ würdigt mit Claudio Monteverdi einen<br />

wahren Meister der musikalischen Affektdarstellung. Mal<br />

begleitet vom Basso continuo, mal von obligaten Streichern<br />

und Bläsern erweckt Sopranistin Dorothee Mields<br />

weltliche wie geistliche Madrigale des venezianischen<br />

Komponisten zum Leben. Zusammen mit der faszinierend<br />

transparent und vital aufspielenden Lautten Compagney –<br />

Leitung Wolfgang Katschner – schwelgt Mields in einem<br />

intensiven Kosmos der Emotionen. Mal glückstrunken, mal<br />

schmerzvoll, mal verführerisch, mal verzweifelt gelingt der<br />

Sängerin mit virtuoser Leichtigkeit und betörender<br />

Wärme im Klang eine beeindruckende musikalische Huldigung<br />

von nichts Geringerem als<br />

dem Leben selbst in seiner ganzen<br />

emotionalen Fülle. DW<br />

Claudio Monteverdi: „La dolce vita“,<br />

Dorothee Mields, Lautten Compagney,<br />

Wolfgang Katschner (dhm)<br />

Christian Thielemann<br />

Mit Sammlerwert<br />

Ja, Karajan war auch Opernregisseur. 1967 zeigte er seine Walküre bei den allerersten<br />

Salzburger Osterfestspielen. Christian Thielemann, profunder Wagnerianer,<br />

Anbeter des Gestrigen und einst Karajan-Assistent, lud die Regisseurin Vera<br />

Nemirova fünfzig Jahre danach ein, Karajans „Vision“ von damals im nachgebauten<br />

Bühnenbild von Günther Schneider-Siemssen an Ort und Stelle zu reanimieren.<br />

Das Resultat: Eine pomadige post-mortem-Allianz von Leni Riefenstahl und<br />

Wolfgang Wagner, zu der Nemirovas Regie so gut passt wie Erwachsene auf<br />

einen Kinderspielplatz. Thielemanns Staatskapelle bietet dagegen einen nussigen<br />

Wagner-Klang. Aus dem souveränen Sänger-Ensemble bebt<br />

Vitalij Kowaljow als Schmerzensmann Wotan heraus. Die Bildtiefenschärfe<br />

dürfte brillanter sein, der Sound von Orchester<br />

und Solisten rückt dem Hörer allerdings wohlig auf die Pelle.<br />

Eine DVD mit ganz merkwürdigem „Sammlerwert“. AL<br />

Richard Wagner: „Die Walküre“, Christian Thielemann, Staatskapelle Dresden,<br />

Vera Nemirova (C Major)<br />

Martha Argerich<br />

Argentinische Klaviermagierin<br />

Unter den unzähligen Aufnahmen der beiden Konzerte von Chopin<br />

gibt es nur wenige, die einen vom ersten Klaviereinsatz an so fesseln und elektrisieren<br />

wie die, die Martha Argerich mit ihrem Ex-Ehemann Charles Dutoit 1998 in<br />

Montréal zu wahren Vulkanausbrüchen der Leidenschaft verdichtete! Dagegen<br />

wirken fast alle männlichen Konkurrenten wie zahme Weicheier. Damit unterstrich<br />

die argentinische Klavierhexe ein weiteres Mal ihre Fähigkeit, das wirkliche<br />

emotionale Potenzial dieser beiden Jugendwerke so deutlich und entschieden in<br />

flammende Klangrede zu verwandeln, dass neben aller Schönheit auch das Seelendrama<br />

und das revolutionäre Pathos beider Konzerte den Hörer durchfluten. Hier<br />

agiert eine Totalmusikerin, ein echtes Orakel, die entschieden den Ton, die Richtung<br />

vorgibt und Orchester wie Dirigenten in ihren<br />

Bann zieht. Nach diesem Feuerwerk der<br />

gebündelten Leidenschaft ist man ein anderer,<br />

und deshalb sollte sich jeder Vinyl-Freak<br />

das tadellos gepresste Doppelalbum nicht<br />

entgehen lassen. AC<br />

Chopin: „Piano Concertos Nos. 1 & 2“, Martha Argerich,<br />

Charles Dutoit, Orchestre Symphonique de Montréal (Warner)<br />

OPER<br />

FOTO: OFS FORSTER<br />

36 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>18</strong>

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