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CRESCENDO 1/18 Januar-März 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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F I L M M U S I K<br />

Der Axel-Brüggemann-Kommentar<br />

DER NEUE MUT<br />

DER MUSIKFILMWELT<br />

Auf der „Avant Première“ in Berlin<br />

treffen sich internationale Musikfilmmacher –<br />

und haben die unglaublichen Chancen<br />

ihres Mediums erkannt.<br />

Das Scandic Hotel am Potsdamer Platz verwandelt sich jedes<br />

Jahr für einige Tage in ein gigantisches Multiplexkino. In dunklen<br />

Räumen flimmern noch nicht gesendete Dokumentationen,<br />

Konzert- und Opernmitschnitte über die Leinwände. Regisseure,<br />

Autoren und Produzenten nehmen Stellung zu ihrer Arbeit. An<br />

den Stehtischen im Foyer wird debattiert,<br />

gestritten und verhandelt. Auf der Avant<br />

Première treffen sich Filmschaffende aus<br />

allen Ländern, um ihre neuen Produktionen<br />

aus dem Bereich der Musik vorzustellen.<br />

Die Gästeliste ist international.<br />

Neben den großen deutschen Sendern<br />

kommen die BBC aus England, RAI aus<br />

Italien, TV-Stationen aus Japan, Tschechien,<br />

Finnland, Schweden, Frankreich,<br />

Kroatien, Litauen, Russland, der Schweiz<br />

oder Österreich. Und natürlich sind wichtige Produktionsfirmen<br />

wie die Unitel aus München vor Ort, signed media aus Hamburg,<br />

accentus music aus Leipzig, arthaus oder Naxos. Und es kommen<br />

zahlreiche Orchester und Thea ter wie die Berliner Philharmoniker,<br />

das Göteborg Symphonieorchester, die Tschechische Philharmonie<br />

oder die Opéra National aus Paris, um ihre Programme<br />

vorzustellen. Letzteres sagt vieles über den Zustand der Filmbranche<br />

in der klassischen Musik: Sie denkt vernetzt, in einem großen<br />

Miteinander – und immer mehr Häuser werden selbst zu multimedialen<br />

Playern.<br />

Die Zeiten, in denen ein oder zwei Fernsehsender darüber<br />

entschieden, was die Menschen sehen, sind vorbei. Die technischen<br />

Voraussetzungen, um eine Aufführung aufzuzeichnen, sind<br />

überschaubar, und an Ausspielplattformen fehlt es nicht: Im Netz<br />

ist zwar noch immer kaum Geld zu verdienen, aber darum geht es<br />

vielen Häusern auch weniger als um allgemeine Aufmerksamkeit<br />

in Zeiten, in denen das Zeitungs-Feuilleton und andere Medien<br />

DAS BEWEGTBILD<br />

IST LÄNGST<br />

ZUM TEIL EINES<br />

NEUEN JOURNALISMUS<br />

GEDIEHEN<br />

kontinuierlich weniger über Klassik berichten. Die Met in New<br />

York macht seit Jahren vor, dass ein Kino durchaus ein Raum sein<br />

kann, in dem das Publikum bekommt, was es an vielen Stadttheatern<br />

oft vermisst, einen Ort mit musikalischer Weltklasse<br />

mit einem menschlichen Rahmenprogramm, in dem die Künstler<br />

hautnah zu erleben sind. Das Kino<br />

ist zur legitimen Erweiterungszone des<br />

Opernhauses geworden, durch das die<br />

Weltklasse in jedem Kaff zu Hause sein<br />

kann.<br />

Die wachsende Größe der Avant<br />

Première zeigt auch, dass die audiovisuellen<br />

Medien dabei sind, die Deutungshoheit<br />

über die Repräsentation der<br />

klassischen Musik in breiten Teilen der<br />

Öffentlichkeit zu übernehmen. Dort, wo<br />

weniger ausgestrahlt wird, schließen neue Anbieter die Lücken<br />

durch On-demand-Angebote, und selbst private Stationen wie<br />

Servus-TV oder Sky setzen zunehmend auf klassische Musik, da<br />

sie begreifen, dass es sich um eine attraktive Nische handelt. Mehr<br />

noch, jetzt, da ich diese Kolumne für crescendo schreibe, denke<br />

ich an jene Zeit zurück, als es noch wirkliche Pionierarbeit war,<br />

bewegte Bilder und ein gedrucktes Magazin miteinander zu verbinden.<br />

Angefangen hat alles beim ECHO KLASSIK, als der<br />

He rausgeber dieser Zeitschrift beschloss, die Veranstaltung backstage<br />

mit einer Kamera zu begleiten. Das ist jetzt über zehn Jahre<br />

her. Wir hatten keine Erfahrung, spürten aber schnell, dass das<br />

für uns neue Medium in der Lage war, vollkommen neue Kommunikationswege<br />

zu erschließen. Schaut man sich die Beiträge von<br />

damals an, gerät man heute ins Schmunzeln: lange Haare, wenig<br />

Licht, wackelige Kameras, schlechte Auflösung, ja im ersten Vorspann<br />

ist noch Rolando Villazón als Beleuchter mit einer Hotel-<br />

ZEICHNUNG: STEFAN STEITZ<br />

70 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>18</strong>

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