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CRESCENDO 1/18 Januar-März 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

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SCHWERPUNKT<br />

FILMMUSIK<br />

Psychomord, Westernheld und Weltraumklänge – eine kleine Geschichte der Filmmusik (Seite 56)<br />

Das Revival einer alten Kunst: Stummfilm mit Orgelbegleitung (Seite 62)<br />

Musikinstrumente<br />

im Film<br />

VON STEFAN SELL<br />

Filmmusik<br />

Geige Gitarre Klavier<br />

Anders als<br />

gedacht<br />

Bernard Herrmann<br />

komponierte<br />

die schrillen<br />

Streicherklänge zur<br />

berühmt-berüchtigten Duschszene<br />

in Hitchcocks Psycho (1960), ein<br />

Juwel der Filmmusikgeschichte.<br />

Zu hören waren diese markanten<br />

Streicherhiebe indes schon 1906,<br />

als Jean Sibelius in Petersburg seine<br />

sinfonische Fantasie Pohjolas<br />

Tochter uraufführte.<br />

Die Gitarrenmusik zum Film<br />

Verbotene Spiele (1952) war so<br />

schön, dass man glaubte, Narciso<br />

Yepes hätte sie hierfür komponiert.<br />

Allein dieses wohl bekannteste<br />

Werk der klassischen Gitarre<br />

ist älter, heißt Romance de España,<br />

stammt aus der Feder des Vielschreibers<br />

„Anónimo“ und wurde<br />

bereits 1941 von Vicente Gómez in<br />

König der Toreros gespielt.<br />

Im Filmklassiker Casablanca<br />

(1942) saß Dooley Wilson als Sam<br />

am Klavier und sang As time goes<br />

by. Das Klavier aber spielte nicht<br />

er, sondern der Pianist Elliot Carpenter<br />

aus dem Off. Kein einziges<br />

Mal ist zu hören: „Play it again,<br />

Sam!“, wohl aber „Play it once,<br />

Sam!“, und vor allem forderte<br />

Ilsa: „Sing it, Sam!“ und<br />

genau das tat Sam, er sang.<br />

Erstaunlich<br />

Die rote Violine spielte Joshua<br />

Bell für den gleichnamigen<br />

Film. Für die Musik bekam John<br />

Corigliano 2000 einen Oscar.<br />

Als Bell jedoch Anfang 2007<br />

seine Stradivari auspackte, um<br />

inkognito in einer Washingtoner<br />

U-Bahn-Station zu spielen,<br />

rauschten während der Rushhour<br />

mehr als 1.000 Leute<br />

an ihm vorbei, ohne sein<br />

Spiel wahrzunehmen.<br />

In Crossroads löst ein spektakuläres<br />

E-Gitarrenduell einen<br />

Teufelspakt auf, und Flitzefinger<br />

Steve Vai gelingt es, sich mit<br />

seinem eigenen Spiel selbst zu duellieren.<br />

Als Vertreter des Teufels<br />

übernimmt er den Verliererpart<br />

und lässt als Double hinter der<br />

Leinwand seinen Herausforderer<br />

Eugen (Ralph Maccio) mit<br />

paganiniwürdigen Sololäufen<br />

gewinnen.<br />

Mit der Unterstützung von<br />

Salvador Dalí zeigte Luis<br />

Buñuel 1929 in Ein andalusischer<br />

Hund, dass ein Konzertflügel<br />

ausreichend Platz für einen toten<br />

Esel hat. Gleich zwei Flügel mit<br />

je einem Esel zieht ein schwer<br />

gebückter Mann durch die Szene.<br />

Die Musik zu diesem Stummfilm<br />

schuf Buñuel mit einem Remix aus<br />

Tango und Wagner.<br />

Wirklich<br />

wahr<br />

Horror-Garant Wes Craven<br />

schöpfte aus einer wahren<br />

Geschichte das berührende<br />

Melodram Music of Heart. Im<br />

Mittelpunkt steht eine Violinlehrerin<br />

(Meryl Streep), die im<br />

Problemviertel East Harlem gegen<br />

alle Hindernisse beweist, dass<br />

Geigespielen Menschen inspiriert<br />

und stark macht. Meryl Streep<br />

nahm für die Rolle extra Instrumentalunterricht.<br />

Dass man aus drei sparsamen<br />

Gitarrenakkorden ein Leitmotiv<br />

für einen ganzen Film machen<br />

kann, bewies 1973 Nobelpreisträger<br />

Bob Dylan in Pat Garrett jagt<br />

Billy the Kid. Mit diesen drei Akkorden<br />

auch noch eine Westernballerei<br />

in den Song Knockin’ on<br />

heaven’s door münden zu lassen<br />

und damit einen seiner größten<br />

Hits zu landen, ist schlicht genial.<br />

In Anatomie eines Mordes (1959)<br />

spielt James Stewart einen Anwalt,<br />

der mehr Interesse für Jazzmusik<br />

hegt als für seinen Beruf.<br />

Kein Wunder, hat doch die Musik<br />

zu diesem Film Duke Ellington<br />

geschrieben. Das muss Stewart<br />

so sehr begeistert haben, dass<br />

er nicht nur den Anwalt spielte,<br />

sondern auch Klavier, natürlich<br />

vierhändig mit Ellington.<br />

FOTO: CHRIS LEE<br />

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