25.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 1/18 Januar-März 2018

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

CRESCENDO - das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Sonya Yoncheva, Paavo Järvi, Evelyn Glennie und Gauthier Capuçon.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

F I L M M U S I K<br />

DER KLANGTÜFTLER<br />

Gerade hat David Reichelt den Deutschen Filmmusikpreis gewonnen. In seinem Studio<br />

lüftet der Komponist einige Geheimisse seiner Zunft.<br />

VON MARIA GOETH<br />

FOTO: DAVID REICHELT<br />

„FÜR SKURRILE MUSIKWELTEN<br />

RÄUME ICH AUCH MAL MEINE<br />

GANZE KÜCHE AUS UND SAMPLE<br />

KLÄNGE DARAUS“<br />

Da liegt es also, eines der<br />

Epizentren der Filmmusik.<br />

Im lauschigen Münchner<br />

Stadtteil Waldtrudering<br />

passiere ich hübsche Häuserreihen mit<br />

gepflegten Vorgärten. Ich bin auf dem<br />

Weg zu David Reichelt, preisgekrönter Film- und Fernsehkomponist<br />

und zusammen mit Sängerin Caroline Adler frischgebackener<br />

Gewinner des Deutschen Filmmusikpreises – ausgezeichnet<br />

wurden sie für den lyrischen Titelsong in Matthias Langs deutschem<br />

Fantasy-Streifen König Laurin.<br />

An der Tür zur Ideenschmiede nimmt mich der perfekt<br />

gestylte 31-Jährige herzlich in Empfang. In Erwartung eines<br />

irgendwie gearteten Produktiv-Chaos, verblüffen mich Klarheit,<br />

Modernität und Aufgeräumtheit des Ortes, der Studio und Privatwohnung<br />

in einem und in dessen Edelstahlküche eine akkurate<br />

Teesammlung aufgereiht ist. Das Arbeitszimmer wird von<br />

einem Schreibtisch mit drei großen Bildschirmen, einer ausziehbaren<br />

Klaviatur und einigen hochwertigen Lautsprechern dominiert.<br />

In einem Schrank versteckt sich ein Mini-Aufnahmestudio,<br />

das Reichelt selbst mit Akustikmodulen ausgekleidet hat.<br />

Auf einem niedrigen Holzregal reihen sich exotische Flöteninstrumente<br />

aneinander: von armenischer<br />

Duduk über chinesische Xiao bis<br />

zur irischen Tin Whistle und modernem<br />

Xaphoon.<br />

Jetzt will ich es wissen. Wie<br />

genau komponiert man eine Filmmusik?<br />

Wie verläuft der Arbeitsprozess? „Das ist sehr unterschiedlich“,<br />

betont Reichelt. Bei manchen Projekten steigt er früh ein,<br />

bekommt bereits die erste Drehbuchfassung des Films und verfolgt<br />

die gesamte Entwicklung mit. Manchmal passiert das erst<br />

sehr spät. Gerade „pitcht“ Reichelt für eine Fernsehserie, bewirbt<br />

sich also dafür mit einem Musikkonzept. Der Film ist fertig abgedreht.<br />

Er muss also „nur“ noch den richtigen Sound zum Material<br />

finden. In der Regel entscheiden Produzent und Regisseur, wer<br />

eine Musik zum Film komponieren soll. Reichelt arbeitet den fertigen<br />

Film mehrere Male durch. Manchmal hat der Cutter bereits<br />

sogenannte „Temp-Tracks“ daruntergelegt, vorübergehend eingesetzte<br />

Musik aus anderen Filmen, die ihm bei seinem Schneide-<br />

Rhythmus hilft. Reichelt ignoriert diese manchmal lästigen Füller<br />

elegant, um etwas Neues zu schaffen. Er setzt sich ans Klavier,<br />

spielt, komponiert und notiert erst einmal einige simple Themen,<br />

die melodische und harmonische Kernaussage. Diese Themen<br />

60 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>18</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!