Lernende Regionen – Förderung von Netzwerken - Netzwerk
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38 Vor Ort in den <strong>Regionen</strong>: 19 Modelle und ihre Erfolge LERNENDE REGIONEN<br />
Nordrhein-Westfalen <strong>–</strong> Essen<br />
Fördertürme<br />
Einst rauchten hier die Schlote, hatte Essen den Geruch <strong>von</strong> Ruß,<br />
Qualm und Schweiß: Schmiede des Reiches, Symbol des Indus <br />
triezeitalters wie kaum eine andere Stadt in Deutschland. Viele<br />
der einstigen Werkshallen sind heute Ausstellungsräume, Bildungseinrichtungen,<br />
Kunsträume. „Darin liegt der Sinn aller Metamorphosen,<br />
dass das Vergangene in Erinnerung bewahrt bleibt,<br />
um die Gegenwart klüger zu gestalten und die Zukunft furchtlos<br />
zu erobern. Und das ist das Einzigartige, wie gerade die Kultur<br />
das Verlorene auffängt und daraus selbst Erneuerung erfährt.“<br />
Dieses Zitat stammt <strong>von</strong> Dr. Georg W. Költzsch, dem langjähri <br />
gen Direktor des Museums Folkwang und einem der Motoren<br />
der Bewerbung Essens als Kulturhauptstadt. Den Erfolg dieser<br />
Bemühungen hat der 2005 Verstorbene nicht mehr erlebt.<br />
Auch die Lernwelten Essen haben ein klein wenig dazu<br />
beigetragen, die Philosophie einer Kulturhauptstadt voran <br />
zutreiben. Im Teilprojekt „KulturLernwelt“ ging es darum,<br />
die Lern- und Lehrmethoden im Schulalltag durch die Ein <br />
beziehung <strong>von</strong> Kunst nachhaltig zu verändern. Durch diese<br />
„Kunstgriffe“ soll das sinnliche Wahrnehmen und ästhetische<br />
Empfinden der Kinder und Jugend lichen entwickelt werden.<br />
Die Lernwelt Essen sieht sich dabei als Mittler zwischen Schu <br />
len und Künstlern. Ein Beispiel verdeutlicht die Arbeitsweise<br />
der Kontaktstelle Kultur.<br />
„ Über die Brücken des Lebens<br />
sollten wir gemeinsam gehen “<br />
Titel eines Gedichts<br />
<strong>von</strong> Rabih Semmo, 16 Jahre<br />
Eine Grundschule will nachmittags Theater anbieten. Die anfragende<br />
Lehrerin erhält fünf Adressen <strong>von</strong> einschlägigen Künstlern<br />
aus der ca. 220 Einträge umfassenden Datenbank. Den<br />
weiteren Kontakt besorgt sie selbst. „Vielleicht macht sie mit<br />
dem anstehenden Telefonat bald viele Kinder glücklich“, hofft<br />
<strong>Netzwerk</strong>akteurin Friederike Köster.<br />
Einen weltweiten Nachhall verzeichnet ein anderes Kulturprojekt.<br />
Essener Jugendliche schrieben ein Lesebuch über ihr<br />
Leben und Fühlen in Essen mit dem Titel „Fremd und doch<br />
daheim?!“ In Wien gibt es Lesungen, in Russland und Kasachs <br />
tan berichten die Zeitungen, in der Ukraine wird das Buch im<br />
Deutsch unterricht behandelt, in den USA ist es Gegenstand der<br />
Lehrerfortbildung. Auch in heimischen Gefilden ist die Resonanz<br />
groß: Die Autorinnen und Autoren werden zu zahlreichen Lesungen<br />
und Interviews gebeten. Auch das zweite Buch „Dann kam<br />
ein neuer Morgen“ bewegt viel und knüpft an den Erfolg des<br />
Erstlings an. „Wenn das nicht beispielhaft für andere Städte ist …“,<br />
drängt der Gesamtschullehrer und Initiator der Buchprojekte<br />
Dr. Artur Nickel auf Nachahmung.<br />
„ Nur Bildung kann<br />
die soziale Kluft kitten. “<br />
Klaus Wermker<br />
Stadtentwicklung Essen<br />
Auch ein anderer Teil der Essener Lernwelt hat große Aufmerk<br />
samkeit gefunden: die Elternbildung. Ausgangspunkt die ses<br />
Teilprojekts war die Überlegung, dass Elternbildung der<br />
Schlüs sel zur Bildung der Kinder sei. Die Arbeit begann mit<br />
einer Bestands aufnahme und Analyse der vorhandenen Elternbildungsangebote.<br />
Dann wurde gemeinsam mit strategischen<br />
Partnern eine Zukunftsvision entwickelt, die sich im Fach dis <br />
kurs zum Konzept „Elternbil dung stärkt Kinder“ verdichtete.<br />
„Wir haben mit die ser gründ lichen konzeptionellen Arbeit<br />
ein gutes Fundament für alles Weitere gelegt“, blickt <strong>Netzwerk</strong>managerin<br />
Sybille Krüger zufrieden zurück.<br />
Kernstück des Modells sind stadtteilbezogene Eltern bil <br />
dungs konferenzen, auf denen sich die lokalen Akteure über<br />
Bedarfe und Reaktionen darauf in Form <strong>von</strong> Angeboten verständigen.<br />
Das Modell wurde an zwei Standorten erprobt. Auf<br />
Stadtebene wird diese Arbeit durch Fachdialoge, Qualitätsstandards<br />
und Fortbildungen unterstützt und damit auch indirekt<br />
gesteuert. Neben dieser sozialräumlichen Vernetzung haben<br />
sich auch neue Kooperationsmodelle entwickelt (z. B. zwischen<br />
Kindertages- und Familienbildungsstätten).<br />
Dieses Modell hat sich inzwischen durchgesetzt. Der Rat der<br />
Stadt Essen hat das Konzept zur Systematisierung und Intensivierung<br />
der Elternbildung, zustimmend zur Kenntnis genommen<br />
und die weiteren Schritte zu seiner Realisierung vorgenommen.<br />
Das <strong>Netzwerk</strong>forum Elternbildung ist zentrale Steuerungsinstanz<br />
und kommunale Klammer für die örtlichen Netze auf Stadtteilbzw.<br />
Bezirksebene. Damit ist nicht nur ein Ansatz der Lernwelten<br />
Essen verstetigt, sondern zusätzlich eine Innovation gemeinsam<br />
mit der Verwaltung entstanden. Diese Konstruktion stößt<br />
auf bundesweites Interesse und könnte richtungweisend auch<br />
für andere Kommunen werden.