AUTOINSIDE Ausgabe 5 – Mai 2022
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FOKUS ELEKTROMOBILITÄT<br />
wasserdichte Belüftungsventile nötig. Das sind<br />
Arbeiten, die ein Garagist durchführen kann.<br />
Er muss aber darauf vorbereitet sein und das<br />
entsprechende Werkzeug in der Garage haben.<br />
Ich kann aber verstehen, wenn sich ein Garagist<br />
mit einem Mehrmarkenbetrieb nicht für<br />
jede Marke die entsprechenden Werkzeuge<br />
anschaffen will.<br />
In der Schweiz gibt es nicht wenige freie<br />
Garagen, die teilweise mit einem Garagenkonzept<br />
zusammenarbeiten. Ist die Elektrifizierung<br />
der Autos für diese Betriebe eine<br />
Chance oder eine Gefahr?<br />
Das ist eine Chance! Zwar fallen mit dem Verbrennungsmotor<br />
grosse Teile des Reparaturgeschäfts<br />
wie Abgasanlage, Öl, Filtertausch<br />
etc. weg, aber wir wissen noch nicht genau,<br />
was bezüglich Elektromotor und Leistungselektronik<br />
passieren wird. Wenn jedoch ein<br />
Geschäft wegfällt, muss ich nach neuen Geschäftsfeldern<br />
Ausschau halten. Die Batterie-<br />
Reparatur nach Ablauf der Herstellergarantie<br />
ist ein solches Feld. Und bereits vorher sind<br />
Servicearbeiten wie der regelmässige Wechsel<br />
des Kühlmittels im Batteriekühlsystem durchzuführen.<br />
Bestand der Personenwagen nach Treibstoff<br />
5 000 000<br />
4 500 000<br />
4 000 000<br />
3 500 000<br />
3 000 000<br />
Eine grosse Chance dürfte auch sein, dass<br />
selbst geübte Bastler und passionierte<br />
Handwerker ihr Fahrzeug für Reparaturen<br />
in die Garage bringen müssen.<br />
Ja, basteln geht gar nicht! Man darf das Auto<br />
auf keinen Fall anfassen. Finger weg von allem,<br />
was orange ist. Das sind Hochvoltsysteme.<br />
Es ist lebensgefährlich, wenn man die<br />
falsche Stelle berührt. Selbst nur daran zu<br />
arbeiten, ist strafbar. Das gilt auch in der Garage!<br />
Der Vorgesetzte darf keinem Mitarbeitenden<br />
den Auftrag geben, an einem Elektroauto<br />
unter Spannung zu arbeiten, wenn dieser<br />
kein Hochvolt-Zertifikat besitzt.<br />
Wir können gewisse Ängste der Garagisten<br />
wohl entschärfen, weil der Anteil der<br />
Steckerfahrzeuge bei den Neuimmatrikulationen<br />
zwar Jahr für Jahr zunimmt,<br />
aber in der Gesamtflotte der Verbrennungsmotor<br />
noch auf Jahre dominieren wird.<br />
Im restlichen Europa wird das bestimmt so<br />
sein, aber in der Schweiz dürfte es ein wenig<br />
anders aussehen. Laut einer Studie dürften<br />
2030 bei einem Fahrzeugbestand von rund 5<br />
Millionen rund 1,3 Millionen Fahrzeuge einen<br />
reinen batterie-elektrischen Antrieb haben.<br />
Aber um diese muss sich ja auch jemand kümmern.<br />
Zwar sind das dann noch alles junge<br />
Fahrzeuge. Damit dürfte im Besonderen der<br />
Effekt für freie Garagen bis ins Jahr 2030 noch<br />
nicht spürbar sein, aber danach wird sich die<br />
Situation rasch ändern.<br />
Gibt es schon erste Erfahrungswerte,<br />
in welchem Zustand Batterien sind,<br />
wenn die Autos in die Garage kommen?<br />
Ja, die gibt es. Und es ist ein ganz wichtiges<br />
Thema für den Occasionsmarkt, in welchem<br />
Zustand die Batterie in einem Auto ist, das<br />
vier Jahre gefahren wurde. Ein Kaufinteressent<br />
für ein Occasionselektroauto will wissen,<br />
wie gut die Batterie noch ist. Da hilft<br />
der Blick auf die On-Board-Anzeige des Herstellers.<br />
Das Problem ist, dass diese nicht industrieweit<br />
geregelt sind und die Hersteller<br />
unterschiedlich messen. Das ist derzeit ein<br />
Problem im Occasionshandel und in der Occasionsbewertung<br />
sowie in der Restwertbewertung.<br />
Die Versicherungen sind in der gleichen<br />
Situation und können ihre Tarife nicht<br />
anpassen, weil sie den Kostenfaktor Batterie<br />
nicht einschätzen können. Das ist nun die<br />
Aufgabe der Industrie, hier standardisierte<br />
Messmethoden zu schaffen, damit mit einem<br />
Diagnosegerät herstellerübergreifend der Batteriegesundheitszustand<br />
geprüft und die verbleibende<br />
Lebensdauer prognostiziert werden<br />
kann. Nur so kann dieser qualifiziert und zertifiziert<br />
werden. Das Gleiche gilt übrigens für<br />
Batterien, die ausgebaut werden. Hier muss<br />
man unterscheiden zwischen Batterien, die<br />
als hoffnungsloser Fall der Recyclinganlage<br />
zugewiesen werden, und Batterien, bei denen<br />
es sich lohnt, beispielsweise drei defekte Zellen<br />
auszutauschen, um sie dann zu einem attraktiven<br />
Kostensatz wieder ins Fahrzeug einzubauen.<br />
2 500 000<br />
2 000 000<br />
1500 000<br />
1000 000<br />
500 000<br />
0<br />
2015 2016 2017 2018<br />
Benzin Diesel Hybrid Plug-in-Hybrid<br />
Grafik: AGVS-Medien/Quelle: Bundesamt für Statistik<br />
2019 2020 2021<br />
Elektrisch Andere<br />
Und wer entscheidet letztlich, ob Batterien<br />
repariert oder komplett ausgetauscht<br />
werden? Der Endverbraucher, der Garagist<br />
oder der Hersteller?<br />
Aus unserer Sicht wird die Instandsetzung<br />
einer Batterie oft nicht die Garage machen;<br />
es dürfte sich für eine Werkstatt nicht lohnen,<br />
Module zu öffnen, um einzelne Zellen<br />
auszutauschen. Hierfür gibt es spezialisierte<br />
Fachbetriebe. LKQ prüft derzeit die Logistik<br />
und den Prozess mit den Garagen, damit <strong>–</strong> so<br />
unsere Vision <strong>–</strong> der Garagist in Zukunft die<br />
Batterie ausbaut, uns schickt und am nächsten<br />
Tag das instand gesetzte Modul wieder<br />
verbauen kann. Zu den Arbeiten einer qualifizierten<br />
Garage können indes das Austau-<br />
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<strong>Mai</strong> <strong>2022</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>