BS 10-2020
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BDS<br />
Bundesverband der Selbständigen Abteilung Binnenschiffahrt e.V.<br />
Vertreten durch den Vorsitzenden Torsten Stuntz und die stellvertretenden Vorsitzenden<br />
Nikolaus Hohenbild, MS »Catharina«; Detlef Maiwald, TMS »Cascade« und Klaus Wolz<br />
Geschäftsstelle und Schriftleitung: Andrea Beckschäfer, Sekretariat Birgit Kühn<br />
August-Bier-Str. 18 | 53129 Bonn | Tel. 0228/746-377 | Fax -569 | zentrale@bds-binnenschiffahrt.de<br />
Neuordnungsverfahren für die Berufsausbildung in der Binnenschifffahrt<br />
Der Bund-länder Koordinierungsausschuss<br />
»ausbildungsordnungen/rahmenlehrpläne«<br />
hat den Projektanträgen<br />
zur Neuordnung der Berufsausbildung<br />
in der Binnenschifffahrt zugestimmt, so<br />
dass das Verfahren nun starten kann.<br />
Begonnen hatten die Überlegungen für<br />
eine Neuordnung bereits anfang 2018.<br />
Viel Zeit und Diskussion war erforderlich,<br />
um letztendlich mit den beteiligten<br />
Gewerkschaftsvertretern von DGB und<br />
ver.di zu einem Kompromissvorschlag<br />
zu gelangen, auf dessen Basis die anträge<br />
ausgearbeitet werden konnten. Wenn am<br />
Ende die Neuordnung wie geplant durchgeführt<br />
werden kann, wird Deutschland<br />
in der ausbildung zukunftsorientiert und<br />
konkurrenzfähig aufgestellt sein.<br />
Hintergrund der Richtlinie<br />
Die richtlinie Berufsqualifikationen regelt<br />
einheitliche Mindestvoraussetzungen<br />
für die anerkennung der beruflichen Befähigungen<br />
in der Binnenschifffahrt. Sie<br />
unterscheidet die Betriebsebene (Matrose,<br />
Bootsmann, Steuermann) und die Führungsebene<br />
(Schiffsführer). Für beide Befähigungsstufen<br />
sind in anhang I der richtlinie<br />
die anforderungen festgelegt. Sowohl<br />
für die Befähigungen der Betriebsebene als<br />
auch für den Schiffsführer stehen mehrere<br />
Varianten zur auswahl, wie die Befähigung<br />
erlangt werden kann. Dies sind im<br />
wesentlichen jeweils ein ausbildungsprogramm<br />
einschließlich Fahrzeit und Prüfung<br />
oder Fahrzeit und staatliche Prüfung<br />
oder Berufserfahrung und verkürztes ausbildungsprogramm<br />
einschließlich Fahrzeit<br />
und Prüfung. Die Variante ausbildungsprogramm<br />
einschließlich Fahrzeit und<br />
Prüfung ist diejenige, die in Deutschland<br />
derzeit mit der dualen ausbildung zum<br />
Binnenschiffer abgedeckt wird.<br />
Nach der richtlinie kann mit einem<br />
zweijährigen ausbildungsprogramm auf<br />
der Betriebsebene einschließlich 90 tagen<br />
Fahrzeit die Qualifikation Matrose<br />
erworben werde. Mit einem dreijährigen<br />
ausbildungsprogramm auf der Betriebsebene<br />
einschließlich 270 tagen Fahrzeit<br />
kann die Qualifikation Bootsmann<br />
erlangt werden, beziehungsweise einschließlich<br />
360 tagen Fahrzeit die des<br />
Steuermanns. Für die Qualifikation Matrose<br />
ist auf jeden Fall eine Prüfung erforderlich,<br />
ohne geht es nicht weiter.<br />
Der Schiffsführer braucht ein dreijähriges<br />
ausbildungsprogramm auf der<br />
Führungsebene einschließlich 360 tagen<br />
Fahrzeit und Prüfung. Die anforderungen<br />
an die Kompetenzen für die Betriebsebene<br />
und die Führungsebene findet<br />
man in anhang II der richtlinie und in<br />
den CESNI – Standards ES QIN.<br />
Die in der richtlinie geregelten anforderungen<br />
für die anerkennung der Qualifikationen<br />
sind Mindestanforderungen.<br />
Sie überlassen es jedem selber, wie<br />
er die von ihm angestrebte Qualifikation<br />
erwerben will. Wer eine solche Qualifikation<br />
besitzt, ist nach der richtlinie<br />
berechtigt, entsprechend seiner Qualifikation<br />
am Betrieb eines Fahrzeugs auf<br />
Wasserstraßen der EU beteiligt zu sein.<br />
Das ist die rein nautische Seite. Eine<br />
Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes<br />
(BBIG) ist dies nicht.<br />
Eine dreijährige duale ausbildung zum<br />
Schiffsführer gibt es in Deutschland derzeit<br />
nicht, wohl aber die dreijährige duale<br />
ausbildung mit Berufsabschluss Binnenschiffer,<br />
mit der im Schifferdienstbuch<br />
die Qualifikation Bootsmann eingetragen<br />
wird. Schiffsführer wird man mit<br />
weiterer Fahrzeit und Patentprüfung.<br />
Das Patent ist insoweit eine Fahrerlaubnis,<br />
aber kein Berufsabschluss.<br />
Wir halten es nicht nur im Sinne der<br />
richtlinie für richtig, in Deutschland<br />
eine durchgehende ausbildung zum<br />
Schiffsführer anzubieten, sondern auch<br />
der Qualifikation entsprechend angemessen,<br />
einen dualen Berufsabschluss zu<br />
schaffen. Dies wird die attraktivität der<br />
Berufe in der Binnenschifffahrt steigern.<br />
Duale Berufsausbildung<br />
Neben dem Beruf des Schiffsführers soll<br />
es eigenständig den Beruf des Steuermanns<br />
geben. Die ausbildung dazu soll<br />
drei Jahre dauern, die zum Schiffsführer<br />
dreieinhalb Jahre. Beide Bezeichnungen<br />
sind zunächst arbeitstitel im Neuordnungsverfahren.<br />
Endgültige Bezeichnungen<br />
für diese Berufsabschlüsse müssen<br />
noch gefunden werden.<br />
Beide Berufe sollen nach Möglichkeit<br />
in den ersten beiden Jahren gemeinsam<br />
beschult werden. Danach erfolgt die sogenannte<br />
gestreckte abschlussprüfung<br />
teil eins. Einigkeit besteht, dass diese<br />
Prüfung in beiden Berufen angerechnet<br />
werden können, so dass nach zwei Jahren<br />
ein Wechsel von der einen in die jeweils<br />
andere Berufsausbildung möglich wäre.<br />
auch die Qualifizierung zum Matrosen<br />
soll »mit gedacht« werden, um nach einen<br />
eventuellen ausstieg nach zwei Jahren<br />
ein verwertbares Ergebnis im Sinne der<br />
richtlinie zu haben. Das heißt, es könnte<br />
die Qualifikation Matrose nach der<br />
richtlinie anerkannt werden. Dies wäre<br />
dann zwar kein dualer Berufsabschluss,<br />
aber eine nautische Qualifikation, die die<br />
anforderungen der richtlinie erfüllt.<br />
Unter welchen Voraussetzungen Einstiege<br />
und anrechnungen zwischen dem<br />
dualen System und den Qualifikationen<br />
der richtlinie möglich sein werden, wird<br />
im Neuordnungsverfahren geklärt.<br />
Wie geht es jetzt weiter?<br />
Derzeit erfolgt die eigentliche Erarbeitung<br />
der neuen Berufe. am Neuordnungsverfahren<br />
werden verschiedene<br />
Parteien beteiligt: Das Bundesinstitut für<br />
Berufsbildung, die zuständigen Bundesministerien<br />
(BMWI, BMBF, BMVI), die<br />
Kultusministerkonferenz, die Sachverständigen<br />
der arbeitnehmer mit einem<br />
Koordinator und die Sachverständigen<br />
der arbeitgeber mit einem Koordinator.<br />
auf arbeitgeberseite sind von BDS und<br />
BDB jeweils zwei Sachverständige und<br />
zwei Stellvertreter sowie der DIHK eingebunden.<br />
Die Koordinierung übernimmt<br />
das KWB (Kuratorium der deutschen<br />
Wirtschaft für Berufsbildung). Der Zeitplan<br />
ist ambitioniert, die Neuregelung<br />
soll zum august 2022 in Kraft treten.<br />
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Binnenschifffahrt <strong>10</strong> | <strong>2020</strong>