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BILDUNG Porträt Flavio Helfenstein «Den Leuten das Auto wegzunehmen, wird nicht funktionieren» Flavio Helfenstein ist Unternehmer und zusammen mit seinem Bruder Guido Inhaber der Garagen Helfenstein AG sowie der Helftec Engineering im luzernischen Hildisrieden. Annäherung an einen der prominentesten und talentiertesten Vertreter der jungen Generation im Schweizer Autogewerbe, der laufend versucht, die physikalischen und unternehmerischen Grenzen zu verschieben. Reinhard Kronenberg Anfang <strong>Oktober</strong> 2011 sitzt Flavio Helfenstein im Flugzeug auf dem Weg nach an die World- Skills in London. Was er fühlt, vergleicht er im Nachhinein mit einer Achterbahn-Fahrt: Zuerst als Jahrgangsbester, dann als Schweizer Meister und gleich anschliessend als Europameister fährt er in dieser Zeit mental steil bergauf. Bei allem Selbstvertrauen, das ihm diese unvergleichliche Erfolgsserie zusätzlich verliehen hat, fragt er sich aber trotzdem, ob er dem Druck standhalten wird <strong>–</strong> oder ob es auf der anderen Seite des Ärmelkanals ebenso steil wieder bergab geht. Doch Flavio Helfenstein wäre nicht Flavio Helfenstein, wenn er sich dadurch tatsächlich beeindrucken liesse. «Du weisst, was du kannst, hast hart trainiert, bist gut vorbereitet und freust dich auf das, was kommt», sagt er sich. Der Rest ist Geschichte: Helfenstein kommt als Weltmeister aus London zurück. Die Szene ist typisch für Helfenstein und wer mit ihm spricht, merkt das sofort. Es ist diese Mischung aus einem unglaublichen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kombiniert mit einer gesunden Bodenständigkeit, die ebenso verblüfft wie entwaffnend wirkt. Dass er auf dieser Basis mit 26 Jahren Unternehmer wurde, und das erst noch erfolgreich, erstaunt nicht. Seine von ihm aus gesehen wichtigsten unternehmerischen Tugenden? «Ehrlichkeit, Authentizität und Ehrgeiz», sagt der inzwischen 32-Jährige und es kommt wie aus der Pistole geschossen. Dass er Unternehmer werden will und wird, war für Flavio Helfenstein immer klar. Das habe ihn immer gereizt. «Als Unternehmer bist du geboren oder nicht.» Bestärkt in dieser Einsicht hat ihn die Tatsache, dass er sich nie als Angestellter gesehen hat: «Wenn ich jemanden um etwas fragen muss, fühle ich mich unwohl.» Die Frage nach der Selbstständigkeit stellte sich nach der höheren Weiterbildung zum Automobildiagnostiker folgerichtig rasch. Vater Franz sagte seinen beiden Söhnen Guido und Flavio: «Wenn ihr irgendwann das Geschäft übernehmen wollt, müssen wir das aufgleisen», erinnert sich Helfenstein. «Es war als Einladung zu verstehen und nicht als Druck.» Und noch bevor sie den elterlichen Betrieb übernahmen, hatten die zwei Brüder die Helftec Engineering gegründet. Der Rest? Pragmatik à la Helfenstein: Die Jungen übernehmen die Firma und sind ab jetzt Ansprechpartner der Kunden, der Vater zieht sich zurück, steht für Unterstützung aber noch zur Verfügung. «Es war eine coole Übergabe», sagt Flavio rückblickend. Ein Familienbetrieb ist die Helfenstein AG geblieben. Veronika, Flavios Frau, unterstützt ihn im Geschäft. «Wenn die Familie nicht mitzieht», sagt Flavio, «kannst Du’s ohnehin gleich vergessen.» Helfenstein hat, wie praktisch zu allem, eine klare Ansicht, was das Geschäft angeht: «Du musst versuchen, dich einzigartig zu machen und zu einem eigenen Brand zu werden.» Das funktioniert, zumindest aus Sicht der Kunden, sehr gut: Knapp 40 Bewertungen auf Google und alle mit der Höchstnote 5 <strong>–</strong> wie macht man das? «Ganz einfach», sagt Helfenstein. «Du musst nicht nur ehrlich und authentisch sein, sondern du musst das auch leben.» Haben wir nicht und fertig, gäbe es bei ihnen nicht. «Wir finden für alles eine Lösung.» Wenn ein Kunde zufrieden sei, bezahle er selbst die Rechnung gern. Oder lieber. Und auch hier schimmert Flavios Pragmatismus durch: Natürlich ist das eine idealistische Haltung, die dem reinen Geschäftssinn manchmal im Weg steht. Doch wie bei den Kunden findet das Brüderpaar auch hier «immer einen Weg». Im Fokus seiner täglichen Arbeit steht jedoch die Helftec Engineering, die Rennsportabteilung und zweites Standbein der Garage Helfenstein. Hier konzentriert er sich darauf, Fahrzeuge für den Rennsport noch schneller zu machen und «Zeugs zu bauen, das es noch nicht gibt». Faktisch ist die Helftec eine 82 <strong>Oktober</strong> <strong>2022</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>