AUTOINSIDE Ausgabe 10 – Oktober 2022
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POLITIK & RECHT<br />
Energiemangellage<br />
Wenn der Kraftwerksleiter<br />
einen Generator kauft …<br />
Die Schweiz bereitet sich für den Winter auf eine Energiemangellage vor. Das Autogewerbe ist dabei<br />
doppelt gefordert: Auf der einen Seite muss es als systemrelevanter Teil der Wirtschaft Strom sparen <strong>–</strong> und<br />
auf der anderen soll es fleissig Elektrofahrzeuge verkaufen. Reinhard Kronenberg<br />
Herbert Meinecke hat sich einen Dieselgenerator<br />
zugelegt. Das wäre an sich keine<br />
Notiz wert, denn damit ist Meinecke in der<br />
Schweiz aktuell in guter Gesellschaft: Die<br />
Verkäufe von Notstromaggregaten gehen seit<br />
Wochen durch die Decke. Bemerkenswert ist<br />
die Notiz dennoch: Herbert Meinecke ist der<br />
Kraftwerksleiter des Kernkraftwerks Gösgen<br />
im Kanton Solothurn. Damit dürfte vieles zur<br />
Aussicht auf das, was kommt, gesagt sein.<br />
Die Schweiz rüstet sich für die Strommangellage,<br />
und spätestens seit dem Spätsommer<br />
fragen sich immer mehr Unternehmen, was<br />
das für sie bedeutet. Gewerbenahe Politiker<br />
haben diese Entwicklung schon länger<br />
vorausgesehen. «Die Energieversorgung der<br />
Zukunft <strong>–</strong> für Gesellschaft, Wirtschaft und<br />
die Mobilität <strong>–</strong> ist aktuell eine der grössten<br />
Herausforderungen», sagt AGVS-Zentralpräsident<br />
Thomas Hurter. Sein Nationalratskollege<br />
und Präsident von Auto-Schweiz,<br />
Albert Rösti, hat den Bundesrat soeben in<br />
einer Interpellation angefragt, wie er in dieser<br />
Situation mit der Elektromobilität umzugehen<br />
gedenke. «Ein Verbot des Ladens von<br />
E-Fahrzeugen wäre ein denkbar schlechtes<br />
Signal für die Bemühungen der ganzen Branche,<br />
CO 2 -Emissionen zu senken», sagt er. Antwort<br />
des Bundesrates: «Es ist denkbar, dass<br />
bei Strommangellagen auch die Elektromobilität<br />
eingeschränkt werden müsste, wenn<br />
es die konkrete Situation erfordern würde.»<br />
Dieser Aussage folgt ein interessanter Nachsatz:<br />
«Der Bundesrat berücksichtigt dabei<br />
die Grundsätze der Verhältnismässigkeit,<br />
wobei der Bedeutung der Mobilität Rechnung<br />
getragen wird.»<br />
«Der motorisierte Individualverkehr hat für<br />
Gesellschaft und Wirtschaft eine zentrale Bedeutung»,<br />
sagt dazu Hurter. «Er ist systemrelevant.»<br />
Den Beweis dafür habe der Bundesrat<br />
selbst geliefert, da die Garagenbetriebe<br />
während der Corona-Pandemie weiterarbeiten<br />
durften. Kollege Rösti pflichtet dem bei,<br />
hält aber fest: «Gemeinsam sollten wir alles<br />
in unserer Macht Stehende tun, um diese<br />
Karte nicht ausspielen zu müssen und das<br />
Eintreten einer Energiemangellage in jedem<br />
Fall zu vermeiden.»<br />
Gefordert sind seit Monaten auch die Branchenverbände,<br />
namentlich der AGVS und<br />
der Schweizerische Gewerbeverband (SGV).<br />
«Zusammen beobachten wir die Situation<br />
genau und sind in engem Kontakt mit Politik<br />
und Behörden», sagt Markus Aegerter,<br />
AGVS-Geschäftsleitungsmitglied. Er hält das<br />
Thema für «ernst», plädiert aber für Augenmass<br />
und damit dafür, «es nicht weiter hochzuspielen<br />
<strong>–</strong> das machen die Medien schon<br />
zur Genüge». Henrique Schneider, der stellvertretende<br />
Direktor des SGV, führt gegenüber<br />
<strong>AUTOINSIDE</strong> aus, dass der SGV schon<br />
im Mai den Bundesrat auf die Dringlichkeit<br />
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<strong>Oktober</strong> <strong>2022</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>