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Erbrecht - Marcel Küchler

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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />

Aber anders als im übrigen Zivilrecht führen Formmängel im <strong>Erbrecht</strong> nicht zu Nichtigkeit<br />

des Rechtsgeschäfts, sondern bloss zu Anfechtbarkeit (Art. 519 ff. ZGB)<br />

B ist demnach Vermächtnisnehmer mit einem Anspruch auf Herausgabe der Uhr gegen<br />

die Erben. Jedoch steht dieser Anspruch unter der resolutiven Bedingung, dass die<br />

Erben gegen seinen Anspruch nicht die Einrede der Anfechtbarkeit geltende machen<br />

(Art. 521 III ZGB). Der Verzicht auf die Anfechtungsklage oder die Einrede lässt also<br />

den Formmangel heilen.<br />

Fallbeispiel 2<br />

E verspricht mittels handschriftlichen Briefes dem B auf sein Ableben hin, ihm seine<br />

goldene Uhr zu schenken. Der Brief trifft bei B ein. Ein Schenkungsversprechen ist<br />

demnach gültig zustande gekommen (Art. 243 I i.V.m. 6, 13 OR).<br />

Hier leidet das Schenkungsversprechen (nach den Kriterien des Erbvertrages) ebenfalls<br />

unter Formmängeln, doch erfüllt das Schenkungsversprechen gleichzeitig die Form des<br />

handschriftlichen Testaments (Art. 505 I ZGB).<br />

Hier kommt die Rechtsfigur der Konversion [Rz. 138: BGE 93 II 223, 228 f.] 8 zum<br />

Zuge, die es erlaubt, ein an sich formungültiges, gewolltes Geschäft in ein Geschäft<br />

umzudeuten, welches dem mutmasslichen Willen der Parteien ebenfalls entspricht, und<br />

dessen gesetzlichen Anforderungen das konvertierte Geschäft entspricht.<br />

Das handschriftliche Schenkungsversprechen kann hier in ein handschriftliches Testament<br />

umgedeutet werden, dessen Voraussetzungen der Brief ebenfalls entspricht.<br />

12.4.3 Begünstigungsklausel bei der Lebensversicherung<br />

<strong>Erbrecht</strong><br />

Im Falle einer Lebensversicherung zugunsten Dritter kennt das VVG 9 in den Art. 76 ff.<br />

eine Ausnahmeregelung: Die Begünstigung begründet für den Begünstigten ein eigenes<br />

Recht auf den ihm zugewiesenen Versicherungsanspruch (Art. 78 VVG). Im Todesfall<br />

entsteht dem Begünstigten kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein eigener Anspruch<br />

gegen die Versicherung ausserhalb des Nachlasses des Erblassers (Art. 563 II<br />

ZGB und 85 VVG), d.h. auch ein allfälliger Nachlasskonkurs lässt diesen Anspruch<br />

unberührt. Die Begünstigung bedarf also nicht der Form einer Verfügung von Todes<br />

wegen.<br />

12.4.4 Vertrag zugunsten Dritter<br />

Der Gläubiger (Promissar) lässt sich von seinem Schuldner (Promittent) versprechen,<br />

an einen Dritten (Destinatär) zu leisten (Art. 112 I OR). 10 Beim echten Vertrag zugunsten<br />

Dritter (der allein hier interessiert) hat der Dritte nach dem Willen der Parteien<br />

einen eigenen Anspruch gegen den Schuldner (Art. 112 II OR). 11<br />

8 Im übrigen Zivilrecht kommt der Konversion nur eine geringe Bedeutung zu. Nur bezüglich formungültiger<br />

Zessionen wird sie öfter angewandt, indem eine Inkassovollmacht angenommen wird.<br />

9 BG vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz), SR 221.229.1.<br />

10 Die Beziehung zwischen dem Gläubiger und dem Dritten ist das Valutaverhältnis.<br />

11 Beim unechten Vertrag zugunsten eines Dritten ist der Dritte lediglich Leistungsempfänger ohne<br />

eigenen Anspruch gegen den Schuldner.<br />

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