Erbrecht - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />
17.3 Erbverzichtsvertrag (negativer Erbvertrag)<br />
TUOR/SCHNYDER/SCHMID/RUMO-JUNGO, S. 629 ff.<br />
17.3.1 Begriff<br />
<strong>Erbrecht</strong><br />
Der Erbverzichtsvertrag ist ein Vertrag in welchem ein bestehender Erbe auf seine<br />
Anwartschaft verzichtet. 25 Der Grundtypus des Erbverzichtsvertrages besteht aus einer<br />
Verzichtsofferte des Vertragspartners (Willenserklärung unter Lebenden) und einem<br />
Akzept des Erblassers (Willenserklärung von Todes wegen). 26<br />
Einen Erbverzichtsvertrag zu schliessen macht grundsätzlich nur mit pflichtteilsberechtigten<br />
Erben Sinn, auch wenn ein solcher Vertrag bezüglich jeder Art der Erbeinsetzung<br />
möglich ist [Rz. 48: BGE 102 Ia 418, 425]. Denn mit durch Erbvertrag eingesetzten<br />
Erben kann der Erbvertrag durch eine einfache schriftliche Übereinkunft aufgehoben<br />
werden, wodurch deren Erbenstellung wieder entfällt (Art. 513 I ZGB). Und testame ntarisch<br />
eingesetzten Erben kann durch neue letztwillige Verfügung dieser Statuts wieder<br />
entzogen werden (Art. 509 I i.V.m. 498 ff. ZGB).<br />
Nach dem Bundesgericht soll die Wirkung des Erbvertrages mit der Eröffnung des<br />
Erbganges, also mit dem Tod des Erblassers (Art. 537 I ZGB) eintreten, den in diesem<br />
Zeitpunkt entscheide sich, ob jemand Erbe sei oder nicht [Rz. 46: BGE 53 II 101, 103].<br />
Laut HUWILER ist aber das Verzichtsobjekt des Erbvertrages nicht die Erbenstellung als<br />
solche, sondern die Anwartschaft des Vertragspartners auf die Erbschaft. Womit die<br />
Wirkung des Vertrages im Augenblick des Vertragsschlusses eintritt (Art. 495 II ZGB<br />
lässt diese Deutung zu [Rz. 46 2. Abschnitt: BGE 53 II 101, 103]). Andernfalls, d.h. bei<br />
Verzicht auf die Erbenstellung, würde, sollte ein verzichtender Pflichterbe vorversterben,<br />
der Erbvertrag wegen Unmöglichkeit (die Erbenstellung entsteht nie) ex tunc dahin<br />
fallen, womit auch die causa allfälliger Gegenleistungen entfiele. Gegen die Erbmasse<br />
des vorverstorbenen Pflichtteilserben entstünde ein Bereicherungsanspruch, den allenfalls<br />
erst die Erben des Erblassers gegen die Erben des vorverstorbenen Pflichtteilserben<br />
geltend machen würden.<br />
Die Bestimmung von Art. 495 III ZGB, wonach ein Erbverzichtsvertrag „soweit der<br />
Vertrag nicht etwas anderes anordnet“ auch gegenüber den Nachkommen des Verzichtenden<br />
wirke, gilt sicher im Falle eines entgeltlichen Erbverzichts, da hier immerhin die<br />
Gegenleistung in das Vermögen und später die Erbmasse des Verzichtenden fällt [Rz.<br />
47 am Ende: BGE 90 II 75, 77 f.]. Bei unentgeltlichen Erbverzichtsverträgen (Grundtypus)<br />
kann dies nicht ohne Weiteres gelten, der Passus: „soweit der Vertrag nicht etwas<br />
anderes anordnet“ ist sehr weit auszulegen, sodass Unentgeltlichkeit als Vereinba-<br />
25 Der Verzicht ist ein grundsätzlich einseitiges Rechtsgeschäft, darauf gerichtet ein subjektives Recht<br />
bzw. eine Anwartschaft aufzugeben, d.h. ohne Übertragungswillen aus dem Vermögen auszuscheiden.<br />
Auf Forderungen kann nicht einseitig verzichtet werden, es bedarf hierzu der Zustimmung des<br />
Schuldners (Art. 115 OR) – das Nichtgeltendmachen bedeutet nicht Verzicht, die Forderung bleibt<br />
bestehen, auch wenn nach 10 Jahren die Einrede der Verjährung geltend gemacht werden kann, erfüllbar<br />
bleibt die Forderung weiterhin.<br />
26 Dass dieses Geschäft ein Erbvertrag ist, ergibt sich aus der Marginalie vor Art. 494 ZGB<br />
(H. Erbverträge).<br />
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