Erbrecht - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />
B) Wirkungen des Rücktrittes<br />
BUCHER AT, S. 376 ff.; GAUCH, recht 89, S. 122; WIEGAND, recht 84, S. 13 f.<br />
<strong>Erbrecht</strong><br />
Der Rücktritt nach Art. 107 ff. OR war früher als aufhebendes Gestaltungsrecht (mit<br />
Wirkung ex tunc) angesehen worden, welche zu zwei Kondiktionen (condictio ob causam<br />
finitam) führte. Seit BGE 114 II 152 folgt das Bundesgericht der sog. Umwandlungstheorie.<br />
Der Rücktritt ist jetzt ein rechtsänderndes Gestaltungsrecht, der das Vertragsverhältnis<br />
in ein obligatorisches Rückabwicklungsverhältnis umwandelt; geschuldet<br />
ist die Rückabwicklung. 45<br />
Auf welchen Gesetztesstand aber verweist Art. 514 ZGB? Aus der historischen Auslegung<br />
46 ergibt sich, dass Art. 514 ZGB auf den Rücktritt als aufhebendes Gestaltungsrecht<br />
verweist. Der Vertrag wird ex tunc aufgehoben und nach Bereicherungsrecht<br />
„rückabgewickelt“.<br />
Wenn also derjenige, welcher eine Leistung unter Lebenden zu fordern hat, zurück tritt,<br />
kann er bereits Geleistetes nach den Bereicherungsregeln zurückfordern (was bei einem<br />
Erbvertrag eher selten der Fall sein wird). Aber auch sein Vertragspartner kann dies tun,<br />
da der Vertrag als ganzes dahin fällt; Art. 109 OR ist insofern zu eng gefasst.<br />
21.3.2 Rücktritt des Vertragspartners beim entgeltlichen<br />
Erbvertrag<br />
Der Erblasser, welcher einen entgeltlichen Erbeinsetzungsvertrag geschlossen hat, beginnt<br />
später, sein ganzes Vermögen zu verschleudern. Sein Vertragspartner leistet korrekt<br />
(z.B. Unterhalt) und muss zusehen, wie das von ihm kalkulierte Erbe schwindet.<br />
Was kann der Vertragspartner tun?<br />
Nach Art. 494 II ZGB ist der Erblasser in der Verfügung über sein Vermögen grundsätzlich<br />
frei (vgl. oben 17.2.5). Dies macht aber nur im Falle des Grundtypus des<br />
Erbvertrages, nicht jedoch beim entgeltlichen Erbvertrag Sinn. Art. 514 ZGB gibt auf<br />
dieses Problem keine Antwort.<br />
Liegt also eine Gesetzeslücke vor und ist dem Vertragspartner, welcher die Leistung<br />
unter Lebenden schuldet, lückenfüllend ein Rücktrittsrecht einzuräumen? Wie die historischen<br />
Materialien zeigen, liegt jedenfalls kein qualifiziertes Schweigen vor, denn der<br />
Gesetzgeber war sich des Problems wohl bewusst, doch hatte er etwelche Mühe eine<br />
Lösung zu finden und unterliess es schliesslich. Stattdessen schlug HUBER vor, der<br />
Vertragspartner solle warten bis der Erblasser tot sei, dann die Erbschaft ausschlagen<br />
und seine Leistungen kondizieren. Diese Lösung ist aber unbrauchbar, weil gerade in<br />
diesem Fall im Nachlass nichts mehr zu finden ist, was kondiziert werden könnte, da<br />
das Vermögen aufgebraucht ist.<br />
Besser ist es deshalb (nach HUWILER), auf die Lösung abzustellen, welche das Gesetz<br />
im Zusammenhang mit dem Verpfründungsvertrag vorsieht (Art. 527 OR): Die Interes-<br />
45 Diese Änderung der Theorie erfolgte wahrscheinlich bloss, um die Entreicherungseinwendung nach<br />
Art. 64 OR und die kurzen Verjährungsfristen der Bereicherungsregeln zu umgehen.<br />
46 Bei der Verabschiedung des ZGB 1907 durch das Parlament kannte das aOR in Art. 122 nur den<br />
Rücktritt; die andern Möglichkeiten (Verzicht auf Primärleistung und fordern der Sekundärleistung,<br />
fortdauerndes Fristansetzen) wurden erst 1911 mit der Revision in das OR eingeführt.<br />
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