Erbrecht - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />
Möglich wäre eine derartige Verknüpfung nur auf zwei Wegen:<br />
<strong>Erbrecht</strong><br />
• zum einen in einem Erbvertrag, weil hier die Verfügenden vom Notar über die Konsequenzen,<br />
d.h. über die teilweise Entäusserung der Testierfreiheit, aufgeklärt werden<br />
(müssen);<br />
• und zum andern in der Form des Testamentes, sofern die jederzeitige Widerrufbarkeit<br />
gewährleistet ist, z.B. durch Bedingungen, wonach das Testament des einen nur<br />
gilt, solange das andere nicht widerrufen wird und umgekehrt.<br />
Im Fall BGE 89 II 284, 285 f. [Rz. 8] sind die gegenseitigen Verfügungen von Todes<br />
wegen derart ineinander verwoben und gegenseitig voneinander abhängig, dass von<br />
einem „animus testandi“ nicht gesprochen werden kann. Nicht einmal bezüglich der<br />
Ehefrau, auch wenn die Form des handschriftlichen Testamentes an sich erfüllt wäre<br />
(keine Konversion).<br />
Die gemeinsame Verfügung von Todes wegen wird also nichtig und es tritt die gesetzliche<br />
Erfolge an deren Stelle. Vom Nachlass der Ehefrau erhält die Elternseite also einen<br />
Viertel und der Ehemann (bzw. dessen Erben) drei Viertel (Art. 462 Ziff. 2 ZGB). Zwischen<br />
dem Neffen der Ehefrau und den beiden Nichten entsteht eine Erbengemeinschaft<br />
in Bezug auf den Nachlass der Ehefrau (der Nachlass steht ihnen zur gesamten Hand<br />
zu, also in ihrem Gesamteigentum). 13 Mittels der Erbteilungsklage kann der Neffe die<br />
Aufteilung und Herausgabe seines Viertels des Nachlasses verlangen (Art. 602 ff.<br />
ZGB).<br />
12.5.2 Delegation der Verfügungsbefungnis<br />
Die Delegation ist mit der Höchstpersönlichkeit der Verfügung von Todes wegen unvereinbar.<br />
Willensvollstrecker sollen nach dem Tode des Erblassers nicht Entscheide in<br />
seinem Namen treffen dürfen. Entsprechende Verfügungen sind anfechtbar.<br />
BGE 68 II 155, 165 ff. [Rz. 9]: Mit dem Tod des Erblassers werden die gesetzlichen<br />
Erben Eigentümer der Erbschaft, da sowohl die Einräumung des Nutzniessungsrechts<br />
wie auch die Verfügung über das Schloss nach dem Tod der Nutzniesserinnen Vermächtnisse<br />
darstellen. Den beiden Damen steht je ein Anspruch auf Einräumung eines<br />
lebenslänglichen Nutzniessungsrechts zu, dem Orden ein Anspruch auf Übereignung<br />
des Schlosses.<br />
Da die beiden Niederlassungen des Ordens (Schweiz bzw. Elsass) zwei unabhängige<br />
Vereine sind, kommen zwei Personen als Vermächtnisnehmer in Frage (sie haben je<br />
eine resolutiv bedingte Forderung). Welcher der beiden Niederlassungen der Anspruch<br />
auf Übereignung des Schlosses endlich zukommt, hängt von der Entscheidung der beiden<br />
Nutzniesserinnen ab.<br />
13 Gesamteigentum (Art. 652 ff. ZGB) entsteht nur in den gesetzlich vorgesehen Fällen (Erbengemeinschaft,<br />
eheliche Gütergemeinschaft, einfache Gesellschaft u.a.), nie durch Parteiwillen. Durch Parteiwillen<br />
kann hingegen Miteigentum (Art. 646 ff. ZGB) entstehen.<br />
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