Erbrecht - Marcel Küchler

Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)
§20 Aufhebung des Testamentes
TUOR/SCHNYDER/SCHMID/RUMO-JUNGO, S. 612 f.
Erbrecht
Die Aufhebung bzw. der Widerruf einer Verfügung von Todes wegen ist selbst auch
eine Verfügung von Todes wegen, d.h. muss grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen
erfolgen wie die Errichtung (Art. 509 I ZGB).
[Rz. 36 E. 6 a: BGE 116 II 411, 412 ff.] Bezüglich des Widerrufs (i.w.S.) lassen sich
drei Arten des Widerrufs unterscheiden: Zunächst die neu verbalisierten Verfügungen
von Todes wegen (ausdrücklicher Widerruf oder Widerruf i.e.S. [Art. 509 I ZGB] und
die implizite Aufhebung [Art. 511 I ZGB]), dann die Vernichtung (Art. 510 ZGB) und
schliesslich die Verfügung unter Lebenden (Art. 484 III ZGB).
Ein Widerruf ist stets (also auch im Falle der Vernichtung) eine rechtsgeschäftliche
Erklärung und nicht etwa ein Realakt (eine nicht auf Rechtswirkung gerichtete Handlung).
20.1 Widerruf durch Errichtung einer neuen Verfügung von
Todes wegen
20.1.1 Begriff
Ein Widerruf ist grundsätzlich eine einseitige Willenserklärung, ein einseitiges, empfangsbedürftiges
Rechtsgeschäft, mittels welchem die Wirksamkeit eines andern
Rechtsgeschäftes verhindert wird (vgl. Art. 9 OR).
Im Erbrecht hat der Widerruf den Sinn, dass früher abgegebene Willenserklärungen im
Zeitpunkt des Todes des Erblassers keine Wirksamkeit entfalten. Zudem ist der Widerruf
im Erbrecht nicht empfangsbedürftig.
20.1.2 Form
A) Ausdrücklicher Widerruf
Für den ausdrücklichen Widerruf ist eine der erbrechtlich relevanten Formen gefordert.
Art. 509 I ZGB meint nicht etwa, ein handschriftliche Testame nt müsste in der Form
des handschriftlichen Testaments widerrufen werden, sondern es stehen alle Formen zur
Verfügung. Ein handschriftliches Testament kann folglich auch in der Form des Erbvertrags
widerrufen werden usf.
B) Nicht ausdrücklicher Widerruf
Für den impliziten Widerruf genügt ebenfalls eine der Testamentsformen oder die
Erbvertragsform.
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