Erbrecht - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />
<strong>Erbrecht</strong><br />
3. Abschnitt: Aufhebung der Verfügung von Todes wegen<br />
§19 Aufhebung von Gesetzes wegen<br />
19.1 Durch Tod (Art. 542 f. ZGB)<br />
Das Vorversterben eines eingesetzten Erben oder eines Vermächtnisnehmers bringt die<br />
Verfügung von Todes wegen zur Unwirksamkeit. Mit dem Vorversterben des Vertragspartners<br />
fällt ebenfalls ein Erbvertrag dahin (Art. 515 I ZGB).<br />
Bei den gesetzlichen Erben hingegen treten deren Erben (Nachkommen) an ihre Stelle<br />
(vgl. Art. 457 II, 458 III und 459 III ZGB). Kommorienten (gleichzeitig Verstorbene<br />
nach Art. 32 II ZGB; vgl. HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, 03.38 f.) beerben sich gegenseitig<br />
nicht.<br />
Beispiel zur Kommorientenregel:<br />
Ein Vater V (Ehefrau bereits gestorben) hat vier Söhne A, B, C und D. D ist mit E verheiratet,<br />
die beiden haben zwei Kinder. Kommen nun V und D gemeinsam (z.B. in einem<br />
Autounfall, bei welchem sich nicht mehr rekonstruieren lässt, ob einer den andern<br />
überlebt hat) ums Leben, so beerben sie sich gegenseitig nicht. Dies bedeutet, dass die<br />
drei überlebenden Söhne A, B und C den V zu je einem Drittel beerben. D bzw. seine<br />
Nachkommen erhalten aus dem Nachlass von V nichts (anders, wenn D 14 Tage vor V<br />
gestorben wäre). Umgekehrt Erben E und die Kinder den gesamten Nachlass des D.<br />
19.2 Durch Ehescheidung<br />
SCHNYDER, ZBJV 1998, S. 173 ff.<br />
Die Bestimmung des aArt. 154 II ZGB, wonach geschiedene Ehegatten „aus Verfügungen<br />
von Todes wegen, die sie vor der Scheidung errichtet haben, keine Ansprüche erheben“<br />
können, wurde lange als zwingend angesehen [Rz. 53: BGE 122 III 308,<br />
309 ff.]. Nach neuester bundesgerichtlicher Rechtsprechung war diese Norm jedoch<br />
(jedenfalls was den zweiten Satzteil betraf) als dispositiv anzusehen. Verfügungen von<br />
Todes wegen, die vor der Rechtskraft des Scheidungsurteils getroffen worden waren,<br />
waren folglich nach aArt. 154 II ZGB unwirksam, sofern nicht aus der Verfügung etwas<br />
anderes hervor ging.<br />
Ob sich unter dem neuen Scheidungsrecht (Art. 120 II ZGB) daran etwas ändern wird,<br />
ist fraglich. Zwar hat der Gesetzgeber nicht mehr auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des<br />
Scheidungsurteils abgestellt, sondern auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des<br />
Scheidungsverfahrens (d.h. Zeitpunkt der Klageeinreichung bzw. Einreichung des gemeinsamen<br />
Scheidungsbegehrens), sodass zwischen Rechtshängigkeit und Rechtskraft<br />
der Scheidung getroffene Verfügungen von Todes wegen nunmehr ohne weiteres gültig<br />
sind. Ob aber der Gesetzgeber mit dieser kleinen Änderung anzeigen wollte, dass vor<br />
Rechtshängigkeit des Verfahrens getroffene Verfügungen von Todes wegen nun zwingend<br />
unwirksam sein sollen, wird sich zeigen müssen.<br />
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