Erbrecht - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />
<strong>Erbrecht</strong><br />
Problematisch ist diese Annahme insbesondere im Zusammenhang mit Art. 216 III OR,<br />
welche Bestimmung dazu führt, dass die Anmeldung beim Grundbuch mit dem formgültig<br />
geschlossenen Vertrag mit dem Dritten angemeldet wird, aber an dessen Stelle<br />
der Vorkaufsberechtigte eingetragen wird, der seinerseits eigentlich keine gültige causa<br />
vorweisen kann, d.h. Eigentumserwerb ohne causa.<br />
Das BGer kommt zum Schluss [Rz. 1: BGE 99 II 268, 269 ff.], dass Kauf- und Vorkaufsrechtsgeschäfte<br />
Geschäfte unter Lebenden seien, d.h. das die Formvorschriften<br />
von Art. 216 OR als genügend anzusehen sind. Dies insbesondere deshalb, weil nach<br />
dem Grundsatz des favor negotii eher ein gültiges Rechtsgeschäft unter Lebenden als<br />
ein ungültiges von Todes wegen angenommen werden soll, sofern beides möglich ist.<br />
Ausserdem entstehe zwar das Gestaltungsrecht erst mit dem Tod des Veräusserers,<br />
doch durch die Vormerkung des Kauf- oder Vorkaufsrechts trete die Bindungswirkung<br />
sofort ein. Der Käufer hat also mit dem Tod des Veräusserers den Erben gegenüber die<br />
Stellung eines normalen Kauf- oder Vorkaufsberechtigten. (Andernfalls wäre er Vermächtnisnehmer<br />
mit einem obligatorischen Anspruch auf das Gestaltungsrecht.)<br />
12.5 Höchstpersönliche Natur der Verfügung von Todes<br />
wegen<br />
Die Erklärung des letzten Willens, ob durch Testament oder durch Erbvertrag, ist ein<br />
absolut höchstpersönliches Recht, bei dem jede Art der Vertretung ausgeschlossen ist<br />
[Rz. 40: BGE 108 II 405 (Pra 72 Nr. 86)].<br />
12.5.1 Gemeinschaftliche und korrespektive Testamente<br />
A) Gemeinschaftliche Testamente<br />
Beim gemeinschaftlichen Testament handelt es sich um die Vereinigung der Testamente<br />
mehrerer Erblasser in einen Errichtungsakt. Das Resultat ist eine Urkunde (ein Text)<br />
mit den Unterschriften aller Erblasser.<br />
Ein solches Testament leidet zunächst einmal für alle diejenigen, die nicht selbst den<br />
Text geschrieben und nur unterschrieben haben, an einem Formmangel (fehlende eigenhändige<br />
Niederschrift). Höchstens für den letzten Willen desjenigen, welcher den<br />
Text geschrieben hat, kann u.U., d.h. sofern ein unabhängiger animus testandi eindeutig<br />
ausgemacht werden kann, ein gültiges Testament angenommen werden.<br />
B) Korrespektive Testamente<br />
Ist die Verknüpfung der Willen der Erblasser noch enger, stehen z.B. die Zuwendungen<br />
des einen an den andern mit denjenigen des andern an den einen in einem solchen inneren<br />
Zusammenhang, dass der Wille des einen ohne den Willen des andern nicht denkbar<br />
wäre, spricht man von einem korrespektiven Testament [Rz. 7: BGE 76 II 273, 278 ff.].<br />
(Es wird im Testament z.B. in der „Wir“-Form gesprochen.)<br />
Diese Art des Testaments ist deswegen missbilligt, weil die einzelnen Willenserklärungen<br />
nicht mehr auseinander gehalten werden können. Durch die gegenseitige Abhängigkeit<br />
ist zudem der freie Rückzug der letztwilligen Verfügung nicht mehr gewährleistet.<br />
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