27.12.2012 Aufrufe

Erbrecht - Marcel Küchler

Erbrecht - Marcel Küchler

Erbrecht - Marcel Küchler

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />

23.4 Nacherbeneinsetzung<br />

23.4.1 Begriff<br />

<strong>Erbrecht</strong><br />

Im Unterschied zur Ersatzerbeneinsetzung, kann der Erblasser nur einen Nacherben<br />

einsetzen, weil es nur schon mit einem Nacherben zu zwei Erbgängen kommt: einmal<br />

beim Vorerben und später beim Nacherben (Art. 488 II ZGB).<br />

Meist wird dies getan, wenn der Erbe noch ein Kind ist. Dann wird ein Vorerbe eingesetzt,<br />

welcher die Erbschaft z.B. bis zum 18. Lebensjahr des Erben haben soll. Möglich<br />

ist auch die Einsetzung eines noch nicht einmal gezeugten Kindes als Nacherben.<br />

Das Gesetz begrenzt die zeitliche Dauer der Vorerbenstellung nicht, die herrschende<br />

Lehre (HANS MERZ folgend) nimmt jedoch an, dass die Pflicht zur Auslieferung der<br />

Erbschaft an einen Nacherben einem Vorerben nicht länger als 30 Jahre (statistische<br />

Dauer einer Generation) auferlegt werden kann.<br />

23.4.2 Zeitpunkt der Auslieferung<br />

A) Auslieferungspflicht<br />

Der Zeitpunkt der Nacherbschaft (Nacherbenfall) ist entweder bestimmt durch den Tod<br />

des Vorerben oder durch freie Disposition des Erblassers (Art. 489 I ZGB). Der Nacherbe<br />

ist nicht Rechtsnachfolger des Vorerben, sondern des Erblassers!<br />

Die Auslieferungspflicht des Vorerben ist nicht eine obligatorische Verpflichtung,<br />

vielmehr endet die Rechtsstellung des Vorerben und diejenige des Nacherben beginnt.<br />

Der Vorerbe ist Erbe und Eigentümer am Nachlass wie alle andern Erben, allerdings<br />

resolutiv bedingt. 50 Der Nacherbe erwirbt eine Anwartschaft auf die Erbschaft, welche<br />

sich im Zeitpunkt der Nacherbschaft zum subjektiven Recht verdichtet (suspensiv bedingte<br />

Erbschaft). Von diesem Augenblick an steht ihm die Erbschaftsklage zu und er<br />

kann vom Vorerben die Herausgabe des Nachlasses verlangen.<br />

Bei Eintritt des Nacherbenfalls muss der Vorerbe den Nachlass samt dessen Surrogaten<br />

an den Nacherben ausliefern. Nicht herausgeben muss er die zivilen und naturalen<br />

Früchte. Hier zeigt sich eine gewisse Analogie zum Nutzniesser.<br />

Unterschiede zwischen Vorerben und Nutzniesser: Der Vorberbe wird (im Gegensatz<br />

zum Nutzniesser) Eigentümer [Rz. 74: BGE 68 II 155, 163 ff.]. Und wenn der Vorerbe<br />

vor Eintritt des Nacherbenfalles verstirbt, kommt Art. 492 II ZGB zur Anwendung, d.h.<br />

die Erben des Vorerben werden zu Vorerben; es handelt sich also um eine vererbliche<br />

Rechtsposition. Nutzniessung hingegen ist unvererblich und endet mit dem Tod des<br />

Berechtigten (Art. 749 ZGB), wobei das Eigentum ipso iure wieder zum dinglichen<br />

Vollrecht wird (Elastizität des Eigentums).<br />

50 Weshalb ist die Nacherbenstellung bedingt und nicht befristet? Vgl. Art. 489 III ZGB: Kann der<br />

Zeitpunkt nicht mehr eintreten (z.B. weil der Nacherbe den Nacherbenfall nicht erlebt), fällt die Erbschaft<br />

endgültig dem Vorerben bzw. dessen Erben zu; es sei denn, E hätte einen oder mehrere Ersatzerben<br />

bestimmt. Infolge dieses Momentes der Unsicherheit (erlebt der Nacherbe den Nacherbenfall<br />

tatsächlich?) kann man von einer Bedingung ausgehen.<br />

55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!