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Erbrecht - Marcel Küchler

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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />

nur nach aussen gelten solle, d.h. nur gelten solle, wenn S2 vor der Scheidung von seiner<br />

Ehefrau versterben sollte.<br />

Die Erblasserin verstirbt, worauf S1 zu ihrem Universalerben wird. S2 wird von seiner<br />

Ehefrau geschieden, weshalb er nun von seinem Bruder die Hälfte des Erbes seiner<br />

Mutter heraus verlangt, welches ihm dieser aber mit Hinweis auf den Erbverzichtsvertrag<br />

verweigert.<br />

Da der Erbvertrag der Erblasserin mit S2 simuliert, d.h. nicht wirklich gewollt hat, und<br />

insofern nicht von einem animus testandi gedeckt war, ist er nichtig [Rz. 132: BGE 72 II<br />

154, 155 ff.]. Es gilt also die gesetzliche Erbfolge, weshalb S2 Erbe ist und die Erbteilungsklage<br />

(Art. 602 ff. ZGB) gegen S1 anstrengen kann.<br />

16.2.2 Eigenhändige Niederschrift<br />

<strong>Erbrecht</strong><br />

Es gibt rechtsvergleichend zwei Auffassungen [Rz. 26 b/aa: BGE 98 II 73, 79 ff.]: Nach<br />

der strengeren Auffassung macht jeder Eingriff in ein Testament dieses ungültig. Die<br />

mildere Auffassung differenziert:<br />

A) Eingriffe in die Handschrift ohne Willen des Erblassers<br />

Benützt der Dritte die Hand des Erblassers gegen oder ohne dessen Willen, so liegt<br />

überhaupt keine Verfügung des Erblassers vor [Rz. 25: BGE 98 II 73, 80 f.].<br />

Stellen, die ohne Wissen und Willen des Erblassers in das Testament eingefügt wurden,<br />

gelten als ungeschrieben und vermögen die Gültigkeit der vom Erblasser selbst geschriebenen<br />

Anordnungen nicht zu beeinträchtigen (=> Nichtigkeit der betreffenden<br />

Stellen) [Rz. 25: BGE 98 II 73, 80 f.].<br />

B) Eingriffe in die Handschrift mit Willen des Erblassers<br />

Bei Eingriffen in die Handschrift des Erblassers mit seinem Willen handelt es sich um<br />

reine Formprobleme, da die Verfügung vom animus testandi getragen und insofern nur<br />

anfechtbar, keinesfalls aber nichtig ist [Rz. 26 a: BGE 98 II 73, 79 ff.]. Zunächst ist<br />

danach zu unterscheiden, ob die Individualität der Handschrift gewahrt bleibt oder<br />

nicht.<br />

a) Individualität der Handschrift bleibt gewahrt<br />

Bleibt die Individualität gewahrt, d.h. betreffen die Fremdhandeingriffe Kleinigkeiten<br />

wie Umlautpunkte, Kommata, das Verdeutlichen einzelner Buchstaben usf., ist das<br />

Testament vollgültig und nicht anfechtbar.<br />

b) Individualität der Handschrift wird gestört bzw. bleibt nicht gewahrt<br />

[Rz. 26 b/cc: BGE 98 II 73, 79 ff.]<br />

• Betrifft der Fremdhandeingriff wesentliche Elemente (essentialia negotii) des Testaments:<br />

das Datum, den Inhalt (Personen, Gegenstand, Höhe der Zuwendungen)<br />

oder die Unterschrift, ist es nach Art. 520 ZGB anfechtbar.<br />

• Betrifft der Fremdhandeingriff nur unwesentliche Elemente des Testaments, ist es<br />

nicht anfechtbar. (Dies ist immer dann der Fall, wenn durch den Eingriff inhaltlich<br />

nichts verändert oder hinzugefügt wird.)<br />

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