Erbrecht - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Bruno Huwiler SS 1999 (Update Juli 2003)<br />
<strong>Erbrecht</strong><br />
schaffung des corpus). Die Dinglichkeit des Anspruchs bedeutet bloss, dass der Erbe<br />
ein Aussonderungsrecht (betreffend einer Sache, welche nicht in das Vermögen des<br />
Schuldners gehört) hat. Bei Forderungen wird der Nacherbe im Zeitpunkt des Nacherbenfalles<br />
von Gesetzes wegen Gläubiger, der Anspruch richtet sich hier bloss auf die<br />
Verschaffung aller nötigen Mittel, um die Forderung geltend machen zu können (im<br />
Sinne von Art. 170 II OR). Und bei Liegenschaften geht der Anspruch auf die Verschaffung<br />
der nötigen Mittel und Unterlagen (Art. 18 GBV), um den Grundbucheintrag<br />
vornehmen lassen zu können.<br />
Der Besitzer (Vorerbe) hat die Erbschaft nach den Besitzesregeln (Art. 938 ff. ZGB) an<br />
den Nacherben herauszugeben. Der bösgläubige Besitzer muss auch die Früchte zurückgeben<br />
und allenfalls Schadenersatz leisten. Den gutgläubigen Besitzer trifft keine<br />
Schadenersatzpflicht für Schäden, die er im Rahmen der Ausübung des vermuteten<br />
Rechts verursacht hat.<br />
C) Surrogation im Verhältnis zwischen Vor- und Nacherbe<br />
Vgl. dazu unten 35.4.2B).<br />
D) Haftung für Wertminderung und Untergang<br />
Bezüglich der Haftung, wenn sich im Nachlass beim Nacherbenfall z.B. minderwertige<br />
Gegenstände befinden sollten, findet sich innerhalb der Regeln über die Vor- und<br />
Nacherbschaft (Art. 488 ff. ZGB) keine Bestimmung.<br />
In Betrachtung der gleichartigen Lastenverteilung kann analog zum Nutzniessungsrecht<br />
(beide, Nutzniesser und Vorerbe, haben die ordentliche Verwaltungsbefugnis, beide<br />
müssen die betreffende Sache zurückgeben und beide erwerben lastenfreies Eigentum<br />
an den zivilen und natürlichen Früchten) angenommen werden, dass auch dem Vorerben<br />
dem Nacherben gegenüber Substanzerhaltung und Erhaltung der Ertragskraft obliegt<br />
(Art. 764 f. ZGB). Er hat dem Nacherben den Bruttonachlass auszuliefern. 51<br />
Für die Haftung folgt die Lehre zwei verschiedenen Theorien:<br />
• ESCHER (ZK zu Art. 491) geht davon aus, dass der Vorerbe einem vermächtnisbelasteten<br />
Erben analog hafte.<br />
• TUOR (BK zu Art. 491 N. 20 ff.) hingegen will den Vorerben analog dem Nutzniesser<br />
haften lassen.<br />
Die Entscheidung, welche dieser beiden Analogien den Verhältnis von Vor- und Nacherbe<br />
angemessener ist, ist nicht ganz einfach zu fällen. Es sind dabei mehrere Gesichtspunkte<br />
in Betracht zu ziehen:<br />
• Haftungsmassstab: Der Nutzniesser haftet nur für diligentia quam in suis, d.h. für<br />
diejenige Sorgfalt, welche er in eigenen Geschäften anzuwenden pflegt (Art. 755 III<br />
ZGB), der mit einem Vermächtnis belastete Erbe jedoch für jedes Verschulden (Art.<br />
485 ZGB i.V.m. 420 OR [Geschäftsführung ohne Auftrag]).<br />
51 Erbschaftsschulden gehen demnach ebenfalls auf den Nacherben über, werden solche früher fällig,<br />
muss der Vorerbe diese zwar bezahlen, doch kann er sie auf den Nacherben überwälzen.<br />
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