… und Standespolitik wirkt doch, Kammerwahl 2020
Ausgabe 6/2020
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Fortbildung 33<br />
vorrangig in der Positionierung der Zunge <strong>und</strong> dem<br />
Entweichen des gebildeten Luftstromes. Die gängigsten<br />
Sigmatismen werden im Folgenden aufgezählt.<br />
Sigmatismus interdentalis: Hier wird die Spitze<br />
der Zunge nach vorne vorgestreckt, zwischen die<br />
geöffneten Zahnreihen. Wahrzunehmen ist dabei ein<br />
eher flächiges <strong>und</strong> stumpfes Reibegeräusch. Dieses<br />
ist akustisch sehr deutlich wahrzunehmen. Auch visuell<br />
ist er deutlich erkennbar.<br />
Sigmatismus addentalis: Bei dieser Auffälligkeit<br />
wird die Enge nicht wie üblich an den Alveolen<br />
gebildet, sondern an den Zähnen. Es erfolgt ein eher<br />
fächerförmiges Entweichen des Luftstromes über den<br />
vorderen Zungenrücken. Akustisch ist ein stumpfes,<br />
gar flächiges /s/ wahrzunehmen, welches mit dem<br />
englischen stimmlosen /th/ verglichen werden kann.<br />
Sigmatismus lateralis: Hier entweicht der Luftstrom<br />
an den Zahnrändern, das heißt im lateralen<br />
Bereich. Akustisch klingt es, also würde mit viel<br />
Speichel gesprochen werden, also eher „schlürfend“.<br />
Sigmatismus stridens: Als scharfes, zischendes<br />
<strong>und</strong>/oder pfeifendes Geräusch wahrzunehmen entsteht<br />
diese Form durch einen zu kräftigen Luftstrom<br />
bei der S-Lautbildung. Die nicht normgerechte Aussprache<br />
des /sch/ wird dabei als Schetismus bezeichnet.<br />
Therapieansätze. Sprachentwicklungsstörungen<br />
sollten von einem Sprachtherapeuten abgeklärt werden.<br />
Eine fachärztliche Untersuchung kann durch einen<br />
Phoniater <strong>und</strong> Pädaudiologen oder durch einen<br />
HNO-Arzt erfolgen. Im Fokus stehen hierbei der Ausschluss<br />
einer Hörstörung, einer lavierten/submukösen<br />
Gaumenspalte <strong>und</strong> die Beurteilung der adenoiden Vegetation.<br />
Außerdem ist es wichtig zu ermitteln, ob der<br />
Laut motorisch gebildet oder aber nicht in seiner Lautumgebung<br />
korrekt wiedergegeben werden kann <strong>und</strong><br />
durch einen anderen Laut ersetzt wird.<br />
Seit dem 1.7.2017 ist die Heilmittelverordnung<br />
durch Zahnärzte in eigener Richtlinie geregelt (z. B.<br />
www.kzbv.de). Laut diesem Katalog ist zum Beispiel<br />
eine Sprech- <strong>und</strong> Sprachtherapie bei Störungen des<br />
Sprechens (SPZ, z. B. durch Zahn- <strong>und</strong> Kieferfehlstellungen)<br />
möglich. Erstverordnungen dürfen über<br />
zehn Sitzungen ausgeschrieben werden. Diese sind bis<br />
zu dreimal wöchentlich durchzuführen, jeweils über<br />
30 oder 45 Minuten. Für eine Folgeverordnung sind<br />
nochmals zehn Sitzungen verschreibbar. In der Regel<br />
sollten zur Behebung der Auffälligkeit nicht mehr als<br />
30 Einheiten notwendig sein.<br />
Abb. 4<br />
Distalbiss seitliche Ansicht.<br />
Kieferorthopädisch- logopädische Auffälligkeiten.<br />
Häufige Kombinationen aus kieferorthopädisch <strong>und</strong><br />
sprachlichen Auffälligkeiten werden im Folgenden<br />
dargestellt. Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen,<br />
dass hier nur regelmäßig auftretende Zusammenhänge<br />
dargestellt werden, die keinesfalls bei jedem<br />
Patienten zutreffen müssen.<br />
Distalbiss. Die vergrößerte sagittale Stufe, welche<br />
nicht selten mit einer mandibulären Retrognathie einhergeht,<br />
ist eine sehr häufig auftretende Zahnfehlstellung.<br />
Dabei ist in habitueller Okklusion ein deutlich<br />
vergrößerter Overjet zu erkennen. Neben der genetischen<br />
Komponente spielen auch Habits <strong>und</strong> Parafunktionen<br />
(Daumenlutschen, Lippeneinlagerung o. ä.)<br />
eine große Rolle. Eine Kombination mit protrudierten<br />
Frontzähnen sowie ein (potenziell) inkompetenter<br />
Lippenschluss zeigen sich in gesteigerter Häufigkeit.<br />
Der am häufigsten anzutreffende Sigmatismus ist<br />
hier der Sigmatismus addentalis. Hierbei stößt die<br />
Zunge bei der Lautbildung an die Unterkieferschneidezähne<br />
<strong>und</strong> das /s/ wird an den Zähnen gebildet. Als<br />
Nebenbef<strong>und</strong> bei fehlendem Lippenkontakt gibt es<br />
Auffälligkeiten bei der Bildung der Labiallaute (/b/,<br />
/p/, /m/).<br />
Im Rahmen einer Therapie mittels kieferorthopädischer<br />
Geräte gilt es hier, die sagittale Stufe zu verringern<br />
<strong>und</strong> eine stabile <strong>und</strong> funktionelle Okklusion zu<br />
schaffen. Oft ist es vorher notwendig, den Oberkiefer<br />
transversal nachzuentwickeln <strong>und</strong> die Frontzähne im<br />
Oberkiefer aufzurichten. Eine sagittale Nachentwicklung<br />
des Unterkiefers erfolgt häufig mittels funktionskieferorthopädischen<br />
Geräten, kann aber mit festsitzenden<br />
kieferorthopädischen Behandlungsmitteln<br />
therapiert werden.<br />
Auf die Abgewöhnung bestehender Habits, zum<br />
Beispiel das Lippenbeißen, muss konsequent geachtet<br />
werden. Erforderlich ist dann zusätzlich auch eine logopädische<br />
Begleittherapie (Übungen zur Zungenmotorik,<br />
Lippenmotorik/Verbesserung des Lippenschlusses,<br />
Abgewöhnung bestehender Habits, Korrektur<br />
Schluckmuster etc.).<br />
Offener Biss. Als offenen Biss bezeichnet man eine<br />
Zahn- oder Kieferfehllage, bei welcher kein Kontakt<br />
von Zähnen im Front- <strong>und</strong>/oder Seitenzahngebiet bei<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
ZBW 6/<strong>2020</strong>