Jahresbericht 2007 - FGE - RWTH Aachen University
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ein periodisches Verhalten festzustellen, welches auf<br />
die von der Jahreszeit und der Geschäftstätigkeit<br />
abhängige Nachfrageseite des Preisbildungsprozesses<br />
zurückzuführen ist. Es sind sowohl eine Jahressaison<br />
als auch charakteristische Tagesfiguren zu beobachten.<br />
Zudem lässt die visuelle Auswertung das Vorliegen<br />
eines langfristigen Trends vermuten.<br />
Zu den stochastischen, d. h. zufallsbedingten, Eigenschaften<br />
der Strompreise zählen die Mean-Reversion<br />
Eigenschaft, die hohe Volatilität sowie das Auftreten<br />
extremer Preisspitzen. Als Mean-Reversion bezeichnet<br />
man die Eigenschaft der Strompreise, um ein längerfristiges<br />
Preisniveau mit kurzfristigen Ausschlägen zu<br />
schwanken. Dies erscheint plausibel, da der Angebotsseite<br />
des Preisbildungsprozesses die Erzeugungsgrenzkosten<br />
zugrunde liegen. Diese haben einen Einfluss auf<br />
das längerfristige Preisniveau der Strompreise, Abweichungen<br />
davon sind auf kurzfristige Schwankungen der<br />
Angebots- bzw. Nachfrageseite zurückzuführen. Die<br />
hohe Volatilität resultiert ebenfalls aus diesen Schwankungen<br />
und weist eine zeitliche Varianz auf. Aufgrund<br />
der Nichtlinearität der Grenzkostenkurve, die im<br />
Schwachlastbereich flacher als im Starklastbereich<br />
verläuft, führen Nachfrageschwankungen in Schwachlastzeiten<br />
bei gleicher Grenzkostenkurve zu geringeren<br />
Preisschwankungen als in Starklastzeiten. Durch<br />
Kraftwerksausfälle, extreme klimatische Gegebenheiten<br />
oder auch irrationales Bieterverhalten kann es<br />
kurzfristig zu extremen Preisspitzen kommen. Im Jahr<br />
2006 ist es an der deutschen Strombörse European<br />
Energy Exchange bspw. in einzelnen Stunden zu Preisen<br />
von bis zu rund 2500 EUR/MWh gekommen [3].<br />
Neben den deterministischen und stochastischen<br />
Eigenschaften, lässt sich feststellen, dass die Strompreise<br />
auch von exogenen Größen, wie bspw. den<br />
Brennstoffkosten oder den Preisen für Emissionszertifikate,<br />
beeinflusst werden. Mit den Mitteln der Regressionsanalyse<br />
lassen sich derartige Abhängigkeiten<br />
belegen. Unter Umständen lassen sich solche Korrelationen<br />
allerdings nicht eindeutig feststellen, da in der<br />
Regel eine Vielzahl von Größen miteinander in Wechselwirkungen<br />
stehen. Im Falle der Strompreise ist<br />
davon auszugehen, dass die Erwartung des Marktes<br />
über die in den Preisbildungsprozessen implizierten<br />
Wechselwirkungen sowie die Entwicklung der die<br />
Strompreise beeinflussenden Größen in den Terminmarktpreisen<br />
widergespiegelt sind. Diese könnten<br />
daher zur aggregierten Abbildung des Einflusses der<br />
exogenen Größen anstelle der exogenen Größen selbst<br />
herangezogen werden.<br />
Aufgrund von Unsicherheiten in der Entwicklung der die<br />
Strompreise beeinflussenden Größen, besteht für die<br />
Strompreise ebenfalls eine Unsicherheit hinsichtlich<br />
ihrer längerfristigen Entwicklung. Neben einer die<br />
FORSCHUNGSPROJEKTE<br />
kurzfristigen stochastischen Effekte abbildenden<br />
Berücksichtigung kurzfristiger Zeitabhängigkeiten sind<br />
daher auch längerfristige Zeitabhängigkeiten der<br />
Strompreise zu berücksichtigen.<br />
2.2 Strompreismodelle<br />
Zur Modellierung der Strompreise sind in der Literatur<br />
zwei wesentliche Klassen von Modellen bekannt, deren<br />
grundlegende Ideen im Folgenden erläutert werden.<br />
2.2.1 Fundamentalmodelle<br />
Der den Fundamentalmodellen zugrunde liegende<br />
Ansatz geht davon aus, dass sich die Strompreise<br />
vollständig durch Abbildung wesentlicher physikalischer<br />
und wirtschaftlicher Zusammenhänge beschreiben<br />
lassen. Ausgehend von einer grenzkostenbasierten<br />
Preisbildung werden Fundamentalmodelle häufig um<br />
spieltheoretische Modelle zur Abbildung strategischen<br />
Bieterverhaltens ergänzt, das mit einer oligopolistischen<br />
Marktstruktur begründet wird.<br />
Für die Modellierung der Angebots- wie der Nachfrageseite<br />
entsteht ein hoher Datenaufwand. Hinsichtlich<br />
der Angebotsseite ist bspw. eine detaillierte Kenntnis<br />
des Kraftwerksparks und der Brennstoffpreise notwendig.<br />
Die Entwicklung beider Größen muss ebenfalls<br />
möglichst exakt abgebildet werden. Die notwendige<br />
Detaillierung einzelner Elemente des Fundamentalmodells<br />
orientiert sich dabei an den untersuchten Fragestellungen<br />
und dem betrachteten Zeitbereich. Fundamentalmodelle<br />
finden meist im mittel- bis langfristigen<br />
Zeitbereich Anwendung.<br />
2.2.2 Stochastische Modelle<br />
Die Grundidee stochastischer Modelle basiert auf der<br />
Annahme, dass sich sämtliche Marktinformationen, die<br />
zur Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der<br />
betrachteten Größe relevant sind, in den historischen<br />
Ausprägungen dieser Größe widerspiegeln. In dieser<br />
Grundform entsprechen stochastische Modelle im<br />
Wesentlichen einer Fortschreibung der aus den historischen<br />
Daten abgeleiteten deterministischen und<br />
stochastischen Eigenschaften in die Zukunft. Voraussetzung<br />
für die Anwendbarkeit solcher Modelle ist die<br />
Zulässigkeit der Annahme, dass die historischen<br />
Eigenschaften der Preise auch für die Zukunft Geltung<br />
haben. Längerfristige Entwicklungen, wie bspw. eine<br />
Veränderung des Kraftwerksparks, können dazu führen,<br />
dass diese Annahme nicht mehr oder nur noch teilweise<br />
gültig ist. Daher finden stochastische Modelle in der<br />
Regel im kurz- bis mittelfristigen Zeitbereich Anwendung.<br />
Zusätzlich besteht die Möglichkeit stochastische<br />
Modelle durch die Betrachtung exogener Größen zu<br />
ergänzen, um auf diese Weise die Genauigkeit des<br />
IAEW – <strong>FGE</strong> – JAHRESBERICHT <strong>2007</strong> 97