Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
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EXPO PARK HANNOVER IM KONTEXT EINER INNOVATIONSORIENTIERTEN STANDORTVERMARKTUNGSSTRATEGIE<br />
einem Entwicklungsprojekt beteiligten Mitarbeiter<br />
können nämlich im Rahmen von persönlichen Kontakten<br />
nicht nur reine Fakten, sondern auch sog. implizites<br />
Wissen austauschen, d.h. Erfahrungen über den<br />
Umgang mit bestimmten technischen Problemen beziehungsweise<br />
Wege zur praktischen Umsetzung von<br />
technischen Lösungen, die u.U. nur ihnen selbst bekannt<br />
sind. Hierdurch und durch den leicht möglichen<br />
Wechsel von Arbeitskräften zwischen den Betrieben<br />
kann es neben einem „Klima der Kooperation“ auch<br />
zu einem „kollektiven Lernprozess“, d.h. zu einem<br />
dynamischen Entwicklungsvorteil der beteiligten Unternehmen<br />
kommen. Auf diese Weise können alle Akteure<br />
wechselseitig von ihren Erfahrungen profitieren.<br />
Eine Sonderrolle im Rahmen der Diskussion um Vorteile<br />
räumlicher Nähe nehmen Science Park Initiativen ein.<br />
Kern des Science-Park-Konzeptes ist die gezielte Schaffung<br />
von attraktiven Ansiedlungsmöglichkeiten für Unternehmen<br />
aus innovativen Branchen im räumlichen Umfeld<br />
von Bildungs- und Forschungseinrichtungen.<br />
Der Hauptvorteil für die im Science Park angesiedelten<br />
Unternehmen liegt in der Möglichkeit, auf das umfangreiche<br />
Wissen und wissenschaftliche Innovationen einer<br />
nahen, fachspezifisch spezialisierten Universität in Form<br />
von Kooperationen zugreifen zu können. Gleichzeitig<br />
steht ihnen stets ein lokaler Pool von fachlich qualifizierten<br />
Absolventen zur Verfügung, die selbst z.T. noch über<br />
Beziehungen im Wissenschaftsbetrieb vor Ort verfügen.<br />
Wie Befragungen zeigen, ist der entscheidende Faktor<br />
für den Erfolg eines Science Parks allerdings sein brancheninterner<br />
Bekanntheitsgrad und sein „guter Ruf“ in<br />
Fachkreisen, der den dort angesiedelten Unternehmen<br />
die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen erleichtert 3 .<br />
Ein weiterer zentraler Ansatz des Science-Park-Konzeptes<br />
ist es, den Unternehmen geeignete Räumlichkeiten zu<br />
günstigen Mietkonditionen zur Verfügung zu stellen und<br />
durch die Nutzungsmöglichkeit gemeinsamer Einrichtungen,<br />
wie ausgestatteten Laboren, Konferenzräumen und<br />
gastronomischen Facilitäten, in der Anfangsphase ihre<br />
Fixkosten zu senken. Die Nutzung von gemeinsamen<br />
Einrichtungen soll außerdem der Möglichkeit der Entstehung<br />
von informellen Kontakten Raum bieten. In einigen<br />
Parks werden die Unternehmen auch zusätzlich<br />
durch das zentrale Angebot von günstigen Beratungsleistungen<br />
bei der Überwindung von Kooperationshemmnissen<br />
und bei der Etablierung von Kooperationen unterstützt.<br />
Internationale Paradebeispiele erfolgreicher Entwicklungen<br />
in diesem Bereich sind die Route-128-Area um das<br />
MIT bei Boston, das Silicon Valley im Einflussbereich der<br />
Universitäten Stanford und Berkeley, der Science Park<br />
der Universität Cambridge, UK, der KISTA Science Park<br />
bei Stockholm, der britische Warwick Science Park und<br />
der Sophia-Antipolis Komplex in Südfrankreich.<br />
In Hinblick auf den EXPO PARK lässt sich feststellen, dass<br />
die IuK-Wirtschaft ein Wirtschaftsbereich hoher Wissens-<br />
intensität ist, in dem nicht-formalisierte Vorgehensweisen<br />
und beständige Innovation eine große Rolle spielen. Der<br />
oben diskutierte Austausch von Erfahrungen und Ideen<br />
spielt von daher gerade für junge bzw. kleine Unternehmen<br />
in diesem Bereich eine entscheidende Rolle, womit<br />
insbesondere auch die räumliche Nähe zu Hochschulen<br />
und Messe die o.g. positiven Wirkungen entfalten kann.<br />
Die IuK-Wirtschaft, die den Kern einer sektoral orientierten<br />
Ansiedlung im EXPO PARK bilden soll, spielt in der<br />
<strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> mit insgesamt rd. 2.000 Betrieben<br />
eine beachtliche Rolle. In Bezug auf den Anteil der<br />
Beschäftigten in der Informations- und Medienbranche an<br />
der Gesamtbeschäftigung liegt <strong>Hannover</strong> damit unter<br />
den 18 deutschen Verdichtungsregionen an fünfter Stelle<br />
(Lokalisationskoeffizient von ca. 1,5). In der Teilbranche<br />
IuK-Dienstleistungen liegt <strong>Hannover</strong> beispielsweise<br />
an vierter Stelle nach München, dem Rhein-Neckar-<br />
Raum und Karlsruhe (Lokalisationskoeffizienten von ca.<br />
1,7). Eine geringere Spezialisierung findet sich im<br />
Bereich der Produktion von IuK-Inhalten (Lokalisationskoeffizient<br />
nur ca. 1,2, bundesweit elfter Rang) 4 .<br />
Darüber hinaus haben Betriebsbefragungen in der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> gezeigt, dass zwischen Unternehmen der<br />
IuK-Wirtschaft sowie zwischen Hochschulen und Unternehmen<br />
eine hohe Kooperationsdichte vorhanden ist. So<br />
ergab eine Studie der NORD/LB, dass ca. 30% der IuK-<br />
Unternehmen auf horizontaler Ebene (d.h. nicht im<br />
Zusammenhang mit der Belieferung innerhalb der Produktionskette)<br />
miteinander kooperieren. Weit darüber sogar<br />
liegt der Anteil derer, die mit ihren Zulieferern (ca. 55%)<br />
sowie ihren Kunden kooperieren (ca. 95%). Des Weiteren<br />
befand sich mit nahezu 20% ein vergleichsweise<br />
hoher Anteil aller befragten Unternehmen in Kooperation<br />
mit Hochschulen und Fachhochschulen 5 . Schließlich<br />
ist es bemerkenswert, dass 54,8% aller innerhalb der<br />
letzten zwei Jahre von Betrieben der IuK-Branche in der<br />
<strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> eingestellten Hochschulabsolventen<br />
von einer Hochschule oder Forschungseinrichtungen aus<br />
der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> kamen, sowie 43,4% vorher bereits<br />
bei einem anderen Unternehmen in der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> beschäftigt waren 6 . Dies lässt auf das Vorhandensein<br />
eines lokalen Pools an sektorspezifisch qualifizierten<br />
Arbeitskräften schließen, der von den Betrieben<br />
der IuK-Branche in der Befragung als eindeutig wichtigster<br />
Standortfaktor bewertet wurde 7 .<br />
Im Raum <strong>Hannover</strong> sind also bereits Konturen eines Clusters<br />
der Informations- und Medienbranche vorhanden,<br />
der als Basis für Neugründungen und als Arbeitskräftepool<br />
für im EXPO PARK angesiedelte Unternehmen dienen<br />
kann sowie selbst von einem erfolgreichen Ansiedlungskonzept<br />
im EXPO PARK profitieren könnte.<br />
Es ist davon auszugehen, dass die Hochschule für Musik<br />
und Theater, die Fachbereiche für Bildende Kunst sowie<br />
3) vgl. Westhead & Batstone 1998<br />
4) vgl. NORD/LB 2001, S.14 f<br />
5) vgl. NORD/LB 2001, S.47<br />
6) vgl. NORD/LB 2001, S.42; Mehrfachnennungen waren möglich.<br />
7) vgl. NORD/LB 2001, S.58<br />
Expo-Wal<br />
Design und Medien der FHH, sowie das mit e-learning<br />
befasste Learning Lab Lower Saxony gemeinsam genügend<br />
Kompetenz auf sich vereinigen, um eine Ansiedlung<br />
in räumlicher Nähe zu ihnen attraktiv erscheinen zu<br />
lassen. Außerdem ist durch die Ansiedlung des „Camp<br />
Media“ des Technologie Centrums <strong>Hannover</strong> (TCH) an<br />
der Expo-Plaza eine Einrichtung zur Unterstützung junger<br />
Unternehmen bzw. von Neugründungen bereits vor<br />
Ort vorhanden. Auch die Ansiedlung gastronomischer<br />
Betriebe und Freizeiteinrichtungen auf dem Expo-Gelände<br />
Ost stellt vor dem Hintergrund der Förderlichkeit gemeinsamer<br />
Anlaufstellen für die Aufnahme wechselseitiger,<br />
informeller Kontakte zwischen Mitarbeitern unterschiedlichen<br />
Unternehmen u.U. eine sinnvolle Ergänzung<br />
dar.<br />
13.3 Ansätze zur Steuerung der Nachnutzung<br />
des Expo-Geländes Ost<br />
Im Rahmen der Entwicklung eines Nachnutzungskonzeptes<br />
für den EXPO PARK HANNOVER werden zwei Ziele<br />
angestrebt. Zum einen sollen die vorhandenen dauerhaften<br />
Bauten in möglichst hohem Maße nachgenutzt<br />
werden, zum anderen soll diese Nachnutzung aber<br />
auch für die Wirtschaft der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> insgesamt<br />
positive Effekte hervorrufen.<br />
Der Grundgedanke für die Ansiedlung von Unternehmen<br />
im EXPO PARK HANNOVER war, auf den vorhandenen<br />
Standortvorteilen aufzubauen und ein ansprechendes<br />
Umfeld für qualitativ hochwertige private Investitionen<br />
zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist herauszustellen,<br />
dass die Ansiedlungschance für Unternehmen aus<br />
innovativen Branchen auf dem Expo-Gelände Ost bereits<br />
aufgrund der Umfeldsituation günstig sind: Durch die<br />
N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 201<br />
Nähe zur Messe haben die Unternehmen regelmäßig<br />
unmittelbaren Zugriff auf Informationen über die neuesten<br />
Entwicklungen in ihrer Branche sowie Kontaktmöglichkeiten<br />
zu potenziellen Geschäftspartnern, die anlässlich<br />
der international bedeutenden Messen, wie CeBIT<br />
oder <strong>Hannover</strong> Messe, in <strong>Hannover</strong> verweilen. Besonders<br />
für Unternehmen, die selbst im Bereich Messedienstleistungen<br />
tätig sind, ist dies ein ausschlaggebender<br />
Vorteil. Hinzu kommt die allgemein gute Erreichbarkeit<br />
über Schiene und Straße, die schnelle S-Bahn-Anbindung<br />
des EXPO PARK an die <strong>Hannover</strong>aner Innenstadt<br />
(5-10 Minuten Fahrt), die hervorragende technische Einbindung<br />
in Netze der Kommunikationsinfrastruktur, das<br />
Vorhandensein von architektonisch ansprechenden<br />
Gebäuden sowie ein reichhaltiges Angebot an noch zu<br />
vermietenden Flächen.<br />
Bereits im Oktober 1995 wurde von Roland Berger &<br />
Partner ein Nachnutzungskonzept für die Grundstücke<br />
der EXPO GRUND GmbH vorgelegt. Mit Blick auf die<br />
oben beschriebene doppelte Aufgabe der EXPO<br />
GRUND GmbH wurde die Meinung vertreten, dass<br />
„eine einseitige Fokussierung auf eine Branche oder ein<br />
Thema aufgrund der großen zur Verfügung stehenden<br />
Fläche unbedingt vermieden“ und statt dessen ein „Branchenmixkonzept<br />
mit unverfänglichem Motto“ angestrebt<br />
werden sollte, in der jedoch die IuK-Branche bereits als<br />
Element einer Nachnutzung als hochwertiger Gewerbepark<br />
erwähnt wurde 8 . Auch eine 1997 von der NILEG<br />
vorgelegte Fortschreibung der Nachnutzungsstudie setzte<br />
Schwerpunkte eher im Bereich Freizeit und Entertainment<br />
mit ergänzenden Wohn- und Gewerbefunktionen („High-<br />
8) vgl. Roland Berger & Partner 1995, S.19 f