Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
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INDUSTRIEFORSCHUNG UND REGIONALE INNOVATIONSPOTENZIALE<br />
trieben – insbesondere in der Branche der elektro-technischen<br />
Betriebe – deutlicher ausgeprägt ist als in den<br />
Vergleichsregionen.<br />
Das Vorhandensein an außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
sowie deren Beratungsangebot wird von<br />
Seiten der in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> ansässigen Unternehmen<br />
insgesamt als positiv gewertet. Trotzdem ist eine<br />
leicht unterdurchschnittliche Kooperationsneigung mit<br />
Forschungseinrichtungen zu beobachten. Offenbar hat<br />
ein Großteil der Unternehmen noch nicht erkannt, dass<br />
Kooperationen mit diesen Einrichtungen sowie die Angebote<br />
der Technologietransfer-Stellen erhebliche Innovationspotenziale<br />
bieten 33 .<br />
In räumlicher Hinsicht werden die Kooperationspartner –<br />
insbesondere im Bereich der FuE – aber i.a. nicht nur<br />
intraregional, also in der räumlichen Nähe des jeweiligen<br />
Unternehmensstandortes, sondern überregional und<br />
teilweise auch international gesucht. Diese Tendenzen<br />
sind auch in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> zu beobachten.<br />
9.3 Zusammenfassende Beurteilung<br />
der Innovationspotenziale der<br />
<strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
Das Innovationspotenzial einer <strong>Region</strong> setzt sich u.a.<br />
zusammen aus der Leistungsfähigkeit der forschenden<br />
Unternehmen hinsichtlich betrieblicher Innovationsaktivitäten<br />
(9.1) und den in einer <strong>Region</strong> vorherrschenden<br />
Rahmenbedingungen sowie der Ausprägung der innovationsorientierten<br />
Kooperationen (9.2).<br />
ISOLIERTE BETRACHTUNG DES<br />
INDUSTRIESEKTORS<br />
Nur für sich betrachtet, lässt die Bewertung des insgesamt<br />
unterrepräsentierten Industriesektors der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> sowie der hier ansässigen Unternehmen und<br />
der Struktur ihrer FuE-Aktivitäten den Schluss zu, dass die<br />
Forschungsanstrengungen der Industrie und das Innovationspotenzial<br />
der <strong>Region</strong> im Vergleich zu anderen Agglomerationsräumen<br />
Defizite aufweisen.<br />
Der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> fehlt es dabei aber durchaus nicht<br />
an forschungsintensiven Branchen wie dem dominierenden<br />
Straßenfahrzeugbau, FuE-intensiven Unternehmen<br />
und an Innovationspotenzialen der Industrie, z.B. in<br />
Form von qualifizierten Arbeitskräften (Humankapitalbzw.<br />
Wissenschaftlerintensität). Auch die in der <strong>Region</strong><br />
hergestellten Industrieerzeugnisse sind oftmals sehr innovativ<br />
und wettbewerbsfähig.<br />
Die verfügbaren Qualifikationen und Potenziale werden<br />
jedoch von der Industrie nur in vergleichsweise geringem<br />
Ausmaß für experimentelle Forschung oder für die<br />
Entwicklung neuer Produkte eingesetzt. Festzustellen ist<br />
eine insgesamt leicht unterdurchschnittliche Intensität der<br />
Innovationsaktivitäten mit einer Spezialisierung im Bereich<br />
der höherwertigen Technik bzw. gehobenen Gebrauchstechnologie<br />
34 und nur vereinzelten „Highlights“<br />
in der Spitzentechnologie 35 . Die Industrieunternehmen<br />
der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> sind tendenziell offenbar eher<br />
Anwender von hochwertigen Technologien und nicht<br />
„Technologieproduzenten“. Der Industriesektor der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> ist im Großen und Ganzen also auf mittlere<br />
Technologien und dabei insbesondere auf das Automobil<br />
ausgerichtet 36 .<br />
FUE-INTENSITÄT DER REGION HANNOVER ALS<br />
AGGLOMERATIONSRAUM<br />
Industrielle FuE-Aktivitäten sind in räumlicher Hinsicht<br />
insbesondere auf Verdichtungsräume konzentriert 37 , von<br />
denen Niedersachsen aber strenggenommen nur die <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> ausweist. Die erfindungsstärksten <strong>Region</strong>en<br />
Niedersachsens – u.a. messbar am Indikator der<br />
Patentanmeldungen – sind die beiden Agglomerationsräume<br />
<strong>Hannover</strong> und insbesondere die <strong>Region</strong> Braunschweig.<br />
Relativierend muss dabei allerdings festgestellt<br />
werden, dass Niedersachsen im Jahr 2000 mit 6,6% der<br />
Patentanmeldungen beim Deutschen Patent- und Markenamt<br />
in der Rangfolge der Bundesländer nur den 5.<br />
Platz 38 einnimmt 39 . Auch bei der Analyse anderer Indikatoren<br />
(z.B. Besatz mit FuE-intensiven Industriezweigen,<br />
FuE-Beschäftigtenquote) wird deutlich, dass Niedersachsen<br />
nicht zur Spitze der forschungsintensiven Bundesländer<br />
zählt.<br />
Die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> gehört im Vergleich der Agglomerationsräume<br />
nicht zu den überregional führenden FuE-<br />
Zentren, beispielsweise liegt der FuE-Anteil der Industriebeschäftigten<br />
in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> deutlich unter<br />
dem Durchschnitt der Verdichtungsräume. Im Wettbewerb<br />
avancierter Technologien ist die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
immer noch vergleichsweise schlecht positioniert 40 . Innerhalb<br />
der <strong>Region</strong> erreicht lediglich die Landeshauptstadt<br />
<strong>Hannover</strong> den westdeutschen Durchschnitt an FuE-Intensität<br />
41 .<br />
ERWEITERUNG DER BETRACHTUNG AUF DAS<br />
INNOVATIONSSYSTEM, DIE RAHMENBEDINGUN-<br />
GEN UND DIE KOOPERATIONEN<br />
Unter Berücksichtigung der weiteren Elemente und<br />
Akteure des kooperativen Innovationsgeschehens verfügt<br />
die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> als politisches und wirtschaftliches<br />
Zentrum des Landes mit den Hochschulen, außeruniversitären<br />
Forschungseinrichtungen und Technologietransfer-Einrichtungen<br />
insgesamt aber durchaus über eine<br />
hochwertige Forschungsinfrastruktur. Als regionales<br />
Innovationssystem erlangt die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> insgesamt<br />
den Status eines bedeutenden überregionalen Forschungszentrums.<br />
Das räumliche Umfeld gibt in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> im<br />
Großen und Ganzen gute Rahmenbedingungen für Industrieforschung<br />
vor. Die wichtigen Standortfaktoren der<br />
überregionalen Verkehrsanbindung und der Verkehrsund<br />
Kommunikationsinfrastruktur werden von Seiten der<br />
Unternehmen insgesamt als hervorragend bewertet.<br />
Auch das Angebot qualifizierter Arbeitskräfte und geeigneter<br />
Zulieferer werden positiv eingeschätzt. Alles in<br />
allem kann die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> mit ihrem Besatz an<br />
harten und weichen Standortfaktoren gute Voraussetzungen<br />
für die Industrieforschung bieten.<br />
Die für Innovationen sehr bedeutsame „Kooperationskultur“<br />
in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> wird uneinheitlich bewertet.<br />
Die innovationsorientierte Zusammenarbeit der forschenden<br />
Unternehmen geschieht in vielen Formen und ist sehr<br />
individuell ausgeprägt. Insgesamt ist aber eine leicht<br />
unterdurchschnittliche Kooperationsneigung, z.B. zwischen<br />
Industrieunternehmen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen,<br />
festzustellen. Durch eine verbesserte<br />
Kooperation der regionalen Wirtschaft untereinander<br />
sowie mit den hannoverschen Hochschulen, außeruniversitären<br />
Forschungseinrichtungen und Technologietransfer-Stellen<br />
könnte das Innovationspotenzial der<br />
<strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> weiter gestärkt und die positiven Effekte<br />
für die regionale Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur<br />
gebündelt und ausgeschöpft werden.<br />
ENTWICKLUNG IN DEN 90ER JAHREN<br />
In den 90er Jahren hat sich der Abstand der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> zu den führenden Verdichtungsräumen<br />
Deutschlands hinsichtlich des Innovationspotenzials verkürzt.<br />
Während es in den letzten Jahren in Deutschland<br />
beispielsweise insgesamt eine Reduzierung des FuE-Personals<br />
gegeben hat, sind die FuE-Kapazitäten in der<br />
<strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> deutlich ausgeweitet worden 42 . Dieser<br />
Aufholprozess ist offenbar zu großen Teilen auf den<br />
überproportional großen Ausbau der FuE-Kapazitäten<br />
im Bereich des Straßenfahrzeugbaus zurückzuführen.<br />
Der Automobilbau hat – zusammen mit seinen Zulieferern,<br />
u.a. aus den Branchen Chemie, Kunststoff/Gummi,<br />
Elektronik, Metallerzeugung – seine FuE-Kapazitäten signifikant<br />
erhöht, wovon die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> besonders<br />
profitieren konnte 43 .<br />
Der Aufholprozess der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> hinsichtlich<br />
industrieller FuE ist insbesondere im Bereich der mittleren<br />
und gehobenen Technologien feststellbar. Defizite ergeben<br />
sich demgegenüber weiterhin im Bereich der<br />
Spitzentechnologien: Während „Technologieführerschaft”<br />
nur in Ausnahmefällen anzutreffen ist, konnte die<br />
starke Stellung in der kompetenten Anwendung bzw.<br />
Umsetzung avancierter Forschungsergebnisse behauptet<br />
werden. Allerdings haben auch einige Spitzenbereiche<br />
(Biotechnologie, IuK) stark an Profil gewonnen 44 .<br />
AUSBLICK<br />
Angesichts dieser jüngsten Aufholprozesse sowie der<br />
zukünftig intensiver auszunutzenden Kooperationspotenziale<br />
fällt der Ausblick für die Industrieforschung und das<br />
Innovationspotenzial der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> positiv aus.<br />
Von dem in der <strong>Region</strong> stark vertretenen Automobilbau<br />
dürften mit seiner großen FuE-Dynamik und seinen ebenfalls<br />
hier ansässigen Zulieferern aus anderen Branchen<br />
(u.a. Elektronik, Gummi- und Kunststoffverarbeitung)<br />
weiterhin positive Impulse erwartet werden. Allerdings<br />
sollte bedacht werden, welche Konsequenzen eine noch<br />
größere technologische Abhängigkeit von einer einzigen<br />
Industrie mit ihrem sehr spezifischen Wissens- und<br />
N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 147<br />
Kulturen in der Petrischale<br />
Kompetenzbedarf haben könnte und ob nicht wieder auf<br />
eine stärkere Diversifizierung der industriellen Innovationspotenziale<br />
hingearbeitet werden sollte 45 . Mit der<br />
angestrebten weiteren Profilierung der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
als Standort für Medizintechnik und Biotechnologie<br />
sowie IuK sind diesbezüglich bereits zukunftsorientierte<br />
Ansätze vorhanden.<br />
33) vgl. A. Backhaus u. O. Seidel 1997, S. 59 ff.; A. Brandt u. T. Klodt 2001, S. 57 ff.<br />
34) FuE-Intensität zwischen 3,5 und 8,5% des Umsatzes<br />
35) FuE-Intensität von über 8,5% des Umsatzes<br />
36) vgl. B. Gehrke, H. Legler et al. 1997, S. 5, 42, 87 ff.; A. Brandt u. T. Klodt<br />
2001, S. 149 ff.<br />
37) vgl. B. Gehrke, H. Legler et al. 1997, S. 57; H. Legler 2000, S. 5<br />
38) Spitzenreiter: Bayern mit 24,9% und Baden-Württemberg mit 23,3%<br />
39) vgl. S. Greif, Deutsches Patent- und Markenamt, Vortrag beim Workshop des Niedersächsischen<br />
Landesamt für Statistik am 8. März 2001<br />
40) vgl. B. Gehrke, H. Legler et al. 1997, S. 57; H. Legler 2000, S. 7; siehe auch<br />
Abschnitt 5.1<br />
41) vgl. A. Brandt u. T. Klodt 2001, S. 155<br />
42) vgl. A. Brandt u. T. Klodt 2001, S. 155<br />
43) vgl. H. Legler u. J. Schmidt in A. Brandt u. T. Klodt 2001, S. 154. Weitere Faktoren<br />
für den Aufholprozess der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> sind Abschnitt 5.1 zu entnehmen.<br />
44) vgl. H. Legler 2000, S. 31<br />
45) vgl. unveröffentlicher Beitrag von H. Legler, Dezember 2001