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Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW

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94<br />

DIE REGION HANNOVER UND IHRE INNOVATIONSPOTENZIALE<br />

sen Einrichtungen Erwerbspersonen mit Schlüsselqualifikationen<br />

für den Innovationsprozess ausgebildet, die ihr<br />

Wissen in der Industrie oder im eigenen Unternehmen zur<br />

Anwendung bringen („Technologietransfer über Köpfe“).<br />

Öffentliche Forschungseinrichtungen können auch regional<br />

Effekte ausstrahlen, d.h. sie können die in räumlicher<br />

Nähe stationierten forschenden Unternehmen stärken.<br />

Die empirische Erfahrung zeigt allerdings 10 , dass das<br />

FuE-Personal in öffentlichen Einrichtungen in Deutschland<br />

in einem weniger engen Zusammenhang mit der<br />

regionalen Verteilung der FuE-Kapazitäten in Unternehmen<br />

steht als gelegentlich vermutet. Außeruniversitäre<br />

wissenschaftliche Einrichtungen sind dabei noch vergleichsweise<br />

eng mit der Industrieforschung in Verbindung<br />

zu bringen, insbesondere Bundesanstalten, Großforschungseinrichtungen<br />

und Max-Planck-Institute, die<br />

häufig in enger regionaler und personeller Nähe zu<br />

Hochschulinstituten stehen. Fraunhofer-Institute hinterlassen<br />

jedoch keine sichtbaren Spuren in der deutschen<br />

Industrieforschungslandschaft. Ihre mittelstandsorientierte<br />

Technologietransferaufgabe bedeutet schließlich<br />

auch, dass nicht die forschungsintensiven Industrien und<br />

Unternehmen, sondern eher innovationsbereite Kleinund<br />

Mittelunternehmen die Klientel darstellen.<br />

Im Vergleich der Verdichtungsräume hat die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />

als Standort außeruniversitärer wissenschaftlicher<br />

Einrichtungen 11 eine nur unterdurchschnittliche Bedeutung<br />

(Abb. 5.2-1). Insbesondere die durch Großforschungseinrichtungen<br />

des Bundes geprägten <strong>Region</strong>en<br />

im west- und süddeutschen Raum (Aachen, München und<br />

Karlsruhe) sowie die ostdeutschen Verdichtungsräume<br />

Berlin und Dresden verfügen über eine deutlich stärkere<br />

Ausstattung mit wissenschaftlichen Einrichtungen.<br />

– Bundesweit die quantitativ größte Bedeutung unter<br />

den wissenschaftlichen Einrichtungen haben Helmholtz-Forschungszentren,<br />

die zu 60% natur-, zu einem<br />

Drittel ingenieur- und zu 10% medizinwissenschaftliche<br />

Forscher haben. Entsprechend ihrem Charakter<br />

als „Großforschungseinrichtungen“ konzentrieren sie<br />

sich in Westdeutschland zu 95% auf wenige Standorte<br />

in Verdichtungsräumen (Aachen, Karlsruhe, München,<br />

Köln-Bonn, Hamburg und Rhein-Neckar). Alle<br />

anderen <strong>Region</strong>en beherbergen praktisch nur Außenstellen.<br />

<strong>Hannover</strong> ist insofern kaum beteiligt.<br />

– Öffentliche Einrichtungen sind Anstalten des Bundes,<br />

der Länder und Kommunen, die nur zu 45% Forschungsaufgaben<br />

12 haben und daneben öffentliche<br />

Aufgaben erfüllen und Dienstleistungen anbieten. Bei<br />

gesamtdeutscher Betrachtung sind deren FuE-Kapazitäten<br />

recht breit im Raum verteilt. Insbesondere entfällt<br />

etwa ein Drittel des FuE-Personals dieser Einrichtungen<br />

auf Ostdeutschland (einschließlich Berlin).<br />

Aber auch in Westdeutschland hat ein Viertel des Forschungspersonals<br />

seinen Standort außerhalb von Verdichtungsräumen.<br />

Die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> (Geowissenschaften)<br />

hat bei diesen Einrichtungen einen vergleichsweise<br />

großen Anteil an Forschungspersonal.<br />

Allerdings ist zu bedenken, dass die in diesen Einrichtungen<br />

betriebene Forschung meist wenig marktnah<br />

orientiert ist und häufig nur sehr bedingt ökonomisch<br />

verwendet werden kann.<br />

– Die Max-Planck-Institute sind hingegen zu 80% an naturwissenschaftlicher<br />

Grundlagenforschung mit strategischer<br />

Bedeutung ausgerichtet. Sie könnten von daher<br />

die größte räumliche Affinität zu unternehmerischer<br />

Spitzenforschung haben und dieser Forschungsrichtung<br />

Kooperationspotenzial bieten. In der Tat sind die<br />

Standorte der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) in Westdeutschland<br />

zu drei Vierteln auf Verdichtungsräume<br />

konzentriert und eng mit der Verteilung der Spitzenforschung<br />

in der Wirtschaft korreliert: Überragender<br />

Standort ist hier der Verdichtungsraum München. <strong>Hannover</strong><br />

ist Standort für ein MPG-Institut (Endokrinologie) 13 .<br />

– Die sonstigen Forschungseinrichtungen sind schwer zuzuordnen.<br />

Hierunter verbergen sich vielfach Fachinformationszentren<br />

u.ä.. Die Konzentration auf Ballungsräume<br />

in Westdeutschland ist ähnlich wie bei den Anstalten.<br />

Über ein Drittel residiert in Ostdeutschland.<br />

– Fraunhofer-Institute (FhG) sind mit ihren Forschungskapazitäten<br />

(überwiegend ingenieurwissenschaftlich orientiert)<br />

ziemlich breit im Raum verteilt. Dies entspricht<br />

durchaus ihrem überregionalen transferorientierten<br />

Auftrag und dürfte mit dazu beigetragen haben, dass<br />

sich in Deutschland im internationalen Vergleich gesehen<br />

die Innovationstätigkeit auf einen überdurchschnittlich<br />

hohen Anteil von Klein- und Mittelunternehmen<br />

stützt 14 . Baden-Württemberg und Bayern sind mit<br />

Abstand die bevorzugten FhG-Standorte. In der <strong>Region</strong><br />

<strong>Hannover</strong> konzentrieren sich die FhG-Forschungskapazitäten<br />

auf ein Institut (Toxikologie).<br />

– Die zu gleichen Teilen von Bund und Sitzland finanzierten<br />

Leibniz-Institute sind zu heterogen strukturiert,<br />

um technologische Muster oder spezifische Missionen<br />

erkennen zu können. Über die Hälfte der FuE-Kapazitäten<br />

sind in Ostdeutschland stationiert. Dies deutet<br />

auf ihre regional- und entwicklungspolitische Funktion<br />

hin. Auch in Westdeutschland zeigen sich ähnliche<br />

Muster: Denn dort liegen die Schwerpunkte unter den<br />

Verdichtungsräumen tendenziell dort, wo industrielle<br />

FuE nicht sehr intensiv betrieben wird. Der technologische<br />

Bezug in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> (Bodenforschung<br />

sowie Akademien und Technische Informationsbibliothek)<br />

ist ebenfalls nur mittelbar erkennbar.<br />

– Bibliotheken, Archive und Museen dürften ebenfalls<br />

nur schwach mit den Innovationsaktivitäten der Unternehmen<br />

in Verbindung zu bringen sein. Hier steht <strong>Hannover</strong><br />

allerdings recht gut da.<br />

Zusammengefasst bieten außeruniversitäre wissenschaftliche<br />

Einrichtungen auch für die hannoversche Wirtschaft<br />

Anknüpfungspunkte für Innovationsaktivitäten (siehe hierzu<br />

im Einzelnen Abschnitt 10 und insbesondere Übersicht<br />

10-1). Gerade in den für hochwertige technologische<br />

Forschungsaktivitäten relevanten Angebotsbereichen ist<br />

<strong>Hannover</strong> jedoch nicht so stark vertreten. Dies sollte nicht<br />

pauschal im negativen Sinne überbewertet werden, da<br />

Technologie- und Wissenstransfer neben der Ausbildungsfunktion<br />

der öffentlich geförderten wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen außerhalb der Hochschulen nur zum<br />

Teil die Existenznotwendigkeit der Institute begründen.<br />

Sie leiten ihre Existenz und Funktion vielfach aus anderen<br />

Aufgaben ab. Zudem ist auch immer wieder zwischen<br />

Transfer- und Kooperationsmöglichkeiten auf der einen<br />

und der tatsächlichen Ausnutzung der Potenziale zu<br />

unterscheiden. In diesem Zusammenhang kann gerade<br />

den Großforschungseinrichtungen nur eine recht niedrige<br />

Effizienz unterstellt werden 15 .<br />

5.3 Forschung und Entwicklung<br />

in Hochschulen<br />

Die Hochschulforschung hängt regional betrachtet nicht<br />

sehr eng mit der Verteilung der Industrieforschungskapazitäten<br />

zusammen 16 . Räumliche Nähe ist für die Industrieforschung<br />

noch am ehesten zu den natur- und medizinwissenschaftlichen<br />

Fachbereichen der Hochschulen<br />

zu beobachten, und zwar weitaus häufiger als zu ingenieurwissenschaftlichem<br />

Forschungspersonal. Dies deutet<br />

darauf hin, dass die forschende Industrie vor allem<br />

einen hohen Bedarf an technologischem Grundlagenwissen<br />

hat, welches über Personal-, Wissens- und Technologietransfer<br />

in die Betriebe gelangt.<br />

Dieser Befund – relativ enger Zusammenhang zwischen<br />

Industrieforschung und außeruniversitären Einrichtungen<br />

einerseits, schwache räumliche Affinität zur Hochschule<br />

andererseits – weist auf eine gewisse Rollenzuweisung<br />

in der räumlichen Arbeitsteilung hin: Bei Hochschulen<br />

stehen der Tendenz nach eher die Ausbildungsfunktio-<br />

N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 95<br />

Abb. 5.3-1 Ausstattung der deutschen Verdichtungsräume mit Lehr- und Forschungspersonal<br />

an Hochschulen 2000<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

Aachen<br />

Dresden<br />

<strong>Hannover</strong><br />

Berlin<br />

München<br />

Leipzig<br />

Anteil des LuF-Personals in %<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistik des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an<br />

Hochschulen nach Fächergruppen, Lehr- und Forschungsbereichen und Fachgebieten, eigene<br />

Berechnungen und Schätzungen<br />

Nürnberg<br />

Rhein-Neckar<br />

Saarbrücken<br />

Karlsruhe<br />

Köln-Bonn<br />

Hamburg<br />

Ruhrgebiet<br />

Anteil des LuF-Personals in technikrelevanten<br />

Fächergruppen an den Beschäftigten im<br />

Produzierenden Bereich<br />

Anteil des LuF-Personals insgesamt<br />

an den Beschäftigten insgesamt<br />

Chemnitz<br />

Stuttgart<br />

Rhein-Main<br />

Bremen<br />

Bielefeld<br />

Düsseldorf<br />

Wuppertal<br />

Gesamt VR<br />

Deutschland<br />

nen und damit Kriterien der <strong>Region</strong>alpolitik wie Einheitlichkeit<br />

der Lebensverhältnisse, Chancengleichheit usw.<br />

im Vordergrund. Insbesondere im Vergleich zu anderen<br />

Volkswirtschaften sind in Deutschland aufgrund des föderativen<br />

Systems die Hochschulen räumlich sehr viel ausgewogener<br />

verteilt. Hochschulen sind auch breiter im<br />

Raum vertreten als reine Forschungseinrichtungen. Für<br />

diese dürfte bei den historischen Standortentscheidungen<br />

hingegen die regionale technologische Kompetenz<br />

eine größere Rolle gespielt haben 17 .<br />

Als Indikator für die innovationsbezogene Relevanz der<br />

Hochschulforschung im Vergleich der Verdichtungsräume<br />

dient im Folgenden die personelle Ausstattung der Hochschulen<br />

mit Lehr- und Forschungs-Personal 18 (LuF) sowie<br />

deren fachliche Struktur, d.h. der Anteil des LuF-Personals<br />

in den industrie- bzw. technikrelevanten Fächergruppen.<br />

10) vgl. Gehrke, Legler, 2000<br />

11) Eine ausführliche Auflistung und Charakterisierung der Einrichtungen findet sich in<br />

Übersicht 10-1.<br />

12) Fast die Hälfte entfällt auf agrarwissenschaftliche FuE.<br />

13) Für 2004 ist die Eröffnung einer Außenstelle des Max-Plack-Instituts für Gravitationsphysik,<br />

Golm (Brandenburg) in <strong>Hannover</strong> vorgesehen.<br />

14) vgl. Eurostat, 1999<br />

15) vgl. Beise, Stahl, 1999<br />

16) vgl. Gehrke, Legler, 2000<br />

17) vgl. Legler 2000<br />

18) Zum Lehr- und Forschungspersonal (LuF) zählt das gesamte hauptberuflich (Professoren,<br />

Dozenten, Assistenten, wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter) und<br />

nebenberuflich (Gastprofessoren, Emeriti, Lehrbeauftragte) tätige wissenschaftliche<br />

und künstlerische Personal. Wissenschaftliche Hilfskräfte sind nicht enthalten.

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