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Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW

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VERÄNDERT RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE WIRTSCHAFTLICHE ENWICKLUNG VON GROSSSTÄDTISCHEN VERDICHTUNGSRÄUMEN<br />

Einheit, aber dennoch sind die absoluten Zahlen ausgesprochen<br />

gering. Der Rückgang des Neuansiedlungspotenzials<br />

führte in den 90er Jahren zu einer Neuorientierung<br />

der kommunalen Wirtschaftsförderung. Dabei hat<br />

sich eine Schwerpunktverlagerung von der Ansiedlungspolitik<br />

zur Bestandsentwicklung durchgesetzt. Die kommunale<br />

Wirtschaftsförderung wird dadurch zunehmend<br />

zu einer prozessorientierten Querschnittsaufgabe, die<br />

sich im Kern auf die Bindung der ortsansässigen Unternehmen<br />

an ihrem Standort und der Förderung ihrer Innovations-<br />

und Wettbewerbsfähigkeit orientiert.<br />

Auf ein wachsendes Interesse gerade auch der Wirtschaftsförderung<br />

sind in den letzten Jahren zunehmend<br />

die Unternehmensgründungen gestoßen. Die Dynamik<br />

der Unternehmensgründungen wird angeregt u.a. durch<br />

die Expansion der wissenschaftlichen Ausbildung der<br />

letzten Jahrzehnte, neue Basisinnovationen z.B. im<br />

Bereich der Informations- und Biotechnologien, die das<br />

Potenzial vermarktungsfähiger Problemlösungen<br />

erhöhen, und die kostengünstige Verfügbarkeit von Kommunikations-<br />

und Informationstechniken, die die Gestaltung<br />

betrieblicher und marktlicher Prozesse erheblich<br />

erleichtern. Die gewachsenen Chancen, mittels Strategien<br />

der Existenzgründungsförderung den regionalen<br />

Strukturwandel positiv zu beeinflussen und zusätzliche<br />

Beschäftigungseffekte zu erzielen, haben vor diesem<br />

Hintergrund zu einer Diversifizierung und Ausdehnung<br />

der kommunalen und regionalen Wirtschaftspolitik<br />

geführt.<br />

Auch in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> sind die Maßnahmen zur<br />

Förderung von Existenzgründungen in den letzten Jahren<br />

verstärkt und die Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung<br />

entsprechend der sich verändernden Rahmenbedingungen<br />

angepasst worden. Spektakuläre Ansiedlungsfälle<br />

blieben dagegen weitgehend aus.<br />

Perspektiven der Arbeitsmarktentwicklung<br />

Eine zentrale Zielgröße der kommunalen und regionalen<br />

Wirtschaftsförderung ist ihr Beitrag zur Lösung des<br />

Beschäftigungsproblems. Unter den Wettbewerbsbedingungen<br />

des Standortes Deutschland kommt es dabei vorwiegend<br />

darauf an, Arbeitsplätze in den höher qualifizierten<br />

Tätigkeitsbereichen zu schaffen. Die Grenzen<br />

einer beschäftigungsorientierten Wirtschaftsförderung<br />

haben sich bereits in den 90er Jahren gezeigt, in denen<br />

gesamtwirtschaftlich ein Beschäftigungsrückgang zu verzeichnen<br />

war und insbesondere in den Städten überdurchschnittlich<br />

viele Arbeitsplätze verloren gingen. Aufgrund<br />

des sehr eingeschränkten Ansiedlungspotenzials<br />

gehören ohnehin sprunghafte Verbesserungen der<br />

Arbeitsplatzsituation an einem Standort zur Ausnahme.<br />

Die in letzten Jahren stärker in den Vordergrund rückenden<br />

Strategien der Bestandsentwicklung und Existenzgründungsförderung<br />

führen bestenfalls mittel- bis langfristig<br />

zu einem nennenswerten Beschäftigungsaufbau vor<br />

Ort. Ohne eine Veränderung der wirtschaftspolitischen<br />

Rahmenbedingungen auf nationalstaatlicher und<br />

europäischer Ebene wird daher kaum eine deutliche<br />

Erholung am Arbeitsmarkt zu erreichen sein.<br />

Mit gravierenden Änderungen am Arbeitsmarkt ist insbesondere<br />

in Hinblick auf die künftige Entwicklung der<br />

Qualifikationsstrukturen zu rechnen. Nach Schätzungen<br />

des IAB 1 ist in den nächsten zehn Jahren von einer drastischen<br />

Abnahme einfacher und einem starken Anstieg<br />

komplexerer Tätigkeiten auszugehen. So wird sich der<br />

Anteil höher qualifizierter Tätigkeiten bis 2010 um<br />

mehr als 40 Prozent erhöhen. Hintergrund dieser Qualifikationsentwicklung<br />

sind die sich fortsetzenden Rationalisierungsprozesse,<br />

die in den nächsten Jahren noch<br />

stärker als bislang Bereiche einfacher Tätigkeiten im<br />

Dienstleistungssektor erfassen, und die Internationalisierungs-<br />

und Globalisierungsprozesse, die dazu führen,<br />

dass Arbeitskräfte mit geringerer Qualifikationsausstattung<br />

einem zunehmenden Wettbewerb ausgesetzt werden.<br />

Süd-/Nord-Gefälle und West-/Ost-Gefälle<br />

in Deutschland<br />

Noch in den 80er Jahren galten jene, insbesondere<br />

urbanen Standorte als vom Strukturwandel besonders<br />

begünstigt, die sich in den süddeutschen Bundesländern<br />

befinden. Das räumliche Entwicklungsmuster in Westdeutschland<br />

war seinerzeit durch ein sich verstärkendes<br />

Süd-/Nord-Gefälle geprägt. Sowohl das Wirtschafts- als<br />

auch das Beschäftigungs- und Bevölkerungswachstum<br />

war in den 60er, 70er und 80er Jahren in den Bundesländern<br />

Bayern, Baden-Württemberg und Hessen deutlich<br />

stärker als in den nördlichen und westlichen Bundesländern.<br />

Ursache für diese Entwicklung war u.a. ein Prozess<br />

nachholender Industrialisierung in großen Teilen Süddeutschlands.<br />

Diese <strong>Region</strong>en waren Nachzügler, bauten<br />

dadurch aber vergleichsweise moderne Strukturen<br />

auf, die sich im weiteren Verlauf als wettbewerbsfähiger<br />

erwiesen. Auf der anderen Seite litten die norddeutschen<br />

und westdeutschen <strong>Region</strong>en unter veralteten Branchenstrukturen,<br />

die wie im Fall der norddeutschen Werften<br />

oder der Montanindustrie im Westen allmählich einem<br />

sich beschleunigenden Strukturwandel zum Opfer fielen.<br />

Diese Entwicklung eines zunehmenden Süd-/Nord-<br />

Gefälles setzte sich in den 90er Jahren nicht fort. Seit<br />

Anfang der 90er Jahre konnte bei insgesamt nur schwachem<br />

Wachstum im Bundesgebiet West die norddeutsche<br />

Wirtschaft mit ähnlichem Tempo wie im Süden<br />

expandieren.<br />

Ein wichtiger Erklärungsfaktor für die veränderte Konstellation<br />

im regionalen Strukturwandel des Bundesgebietes<br />

West liegt in dem durch die deutsche Vereinigung<br />

begründeten Lageeffekt, von dem Norddeutschland in<br />

besonderer Weise profitiert hat. Aber nicht nur durch die<br />

deutsche Vereinigung, sondern auch durch die Integration<br />

Nordeuropas in die EU und durch die Öffnung Osteuropas<br />

ist Norddeutschland aus seiner ursprünglich<br />

peripheren Lage herausgelöst worden. Vieles spricht<br />

überdies dafür, dass die norddeutschen Bundesländer in<br />

den achtziger und neunziger Jahren zumindest z.T. den<br />

notwendigen Strukturwandel vollzogen und dadurch an<br />

Illuminiertes Anzeiger Hochhaus am Steintor<br />

Erklärungsfaktor dürfte darin bestehen, dass sich die<br />

räumlichen Kostenrelationen entscheidend verändert<br />

haben. Die über Jahrzehnte anhaltenden Unterschiede<br />

in der Wachstumsdynamik zwischen dem Süden auf der<br />

einen und dem Norden sowie dem Westen auf der anderen<br />

Seite haben mittlerweile zu einer Umkehr der Knappheitsverhältnisse<br />

und damit auch der Preisrelationen<br />

geführt.<br />

Die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> dürfte in langfristiger Perspektive<br />

von der neu entstandenen Lagegunst profitieren und sich<br />

damit gegenüber den 80er Jahren in einer strukturell<br />

besseren Position befinden. Die Lagegunst allein macht<br />

die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> aber noch nicht zu einem Gewinner<br />

im regionalen Strukturwandel.<br />

Verdichtungsräume und periphere Räume<br />

Für die Abschätzung der Entwicklungschancen einzelner<br />

Standorte ist nicht zuletzt auf der großräumigen Ebene<br />

ihre Stellung im Spannungsfeld von Verdichtungsräumen<br />

und peripheren Räumen von Bedeutung. Auf der kleinräumigen<br />

Ebene geht es um die zu erwartenden Verschiebungen<br />

im Verhältnis von Zentrum und Umland.<br />

Unter diesem Blickwinkel war der regionale Strukturwandel<br />

in den letzten 20 Jahren auf der großräumigen<br />

Ebene durch eine deutlich dynamischere Beschäftigungsentwicklung<br />

in den ländlich-peripheren <strong>Region</strong>en<br />

als in den Verdichtungsräumen gekennzeichnet. Dieser<br />

auch als Desurbanisierung bezeichnete Prozess ist einerseits<br />

durch die kontinuierliche Verbesserung der Erreichbarkeit<br />

ehemals abgelegener Standorte durch die Verbesserung<br />

der Verkehrsinfrastruktur und andererseits<br />

durch das stärkere Hervortreten negativer Agglomerationseffekte<br />

zu erklären. Hierzu zählt vor allem in den<br />

Kernzonen der Verdichtungsräume die zunehmende<br />

Knappheit von Freiflächen und ein damit verbundenes<br />

überproportionales Wachstum der Bodenpreise.<br />

N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 25<br />

Aufgrund der Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />

die sich insbesondere durch die Trends zur<br />

Globalisierung und zur Informations- und Wissensgesellschaft<br />

kennzeichnen lassen, ist mit einer deutlichen<br />

Abschwächung des Desurbanisierungsprozesses zu rechnen.<br />

Die starke Konzentration der für die internationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bedeutenden<br />

Funktionen und Qualifikationen in den Verdichtungsräumen<br />

wirkt sich in Zukunft aller Voraussicht nach entwicklungshemmend<br />

auf die peripheren <strong>Region</strong>en aus. Gerade<br />

in diesen Räumen konzentrieren sich die Betriebe standardisierter<br />

Massenproduktionen mit hohen Fertigungsintensitäten<br />

und einem geringen Anteil höherwertiger<br />

Dienstleistung. Diese Betriebe geraten zunehmend in den<br />

Wettbewerb mit Betrieben solcher Länder, die z.T. deutlich<br />

geringere Arbeitskosten bzw. Lohnstückkosten aufweisen.<br />

Dieser für die Zukunft zu erwartende Bedeutungsgewinn<br />

von Agglomerationsräumen ist durchaus vereinbar mit<br />

Prozessen der verstärkten Suburbanisierung. So wird insbesondere<br />

die Suburbanisierung von Dienstleistungen<br />

durch den Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

gefördert. Hinzu kommt, dass sich<br />

die negativen Agglomerationseffekte, z.B. Flächenknappheit<br />

i.d.R. besonders auf die urbanen Zentren konzentrieren.<br />

Aufgrund der absoluten Knappheitsverhältnisse<br />

dürfte ein Entwicklungsszenario am wahrscheinlichsten<br />

sein, das von einer weiteren Suburbanisierung<br />

von Arbeits- und Wohnstandorten ausgeht.<br />

Von dem zu erwartenden Trend zugunsten der Agglomerationsräume<br />

dürfte auch die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> in<br />

Zukunft stärker profitieren. Dazu bedarf es allerdings<br />

der Profilierung solcher Standortfaktoren, die für innovative,<br />

wissensbasierte Produktions- und Dienstleistungskonzepte<br />

wichtig sind.<br />

Wettbewerbsfähigkeit gewonnen haben. Ein weiterer 1) Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg

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