Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
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EXPO PARK HANNOVER IM KONTEXT EINER INNOVATIONSORIENTIERTEN STANDORTVERMARKTUNGSSTRATEGIE<br />
Abb. 13-3 Aktueller Nachnutzungsstand auf dem ehemaligen Pavillongelände Ost<br />
Quelle: Eigene Berechnungen<br />
35%<br />
Zu entwickelnde Flächen<br />
Aktuelle Nutzung findet statt<br />
Konkrete Nutzungsplanung liegt vor<br />
Zu vermietende Pavillons<br />
16%<br />
Tech-Freizeitpark“, „Kino Center“) 9 . Insgesamt zeichnen<br />
sich diese Konzepte durch wesentlich höher gesteckte<br />
stadtplanerische Zielsetzungen und die Planung von<br />
Großprojekten aus. Vergleiche wurden z.B. zum Parc de<br />
la Vilette in Paris gezogen 10 . Diese Projekte konnten in<br />
Folge, mit Ausnahme der Preussag Arena, jedoch nicht<br />
realisiert werden.<br />
Nach Ende der Weltausstellung wurde aufgrund der allgemein<br />
positiven und dynamischen Entwicklung des IT-<br />
Sektors im Laufe der 1990er Jahre, die sich noch weit<br />
bis ins Jahr 2000 hinein fortsetzte, die sich auf dem ehemaligen<br />
Expo-Gelände bietende Chance zur Ansiedlung<br />
von innovativen Unternehmen aus der IuK-Wirtschaft<br />
genutzt. Ein nicht geringer Teil dieser Unternehmen bietet<br />
überwiegend oder unter anderem Messedienstleistungen<br />
an und kann von daher unmittelbar von der Nähe<br />
zum Messegelände profitieren. Dies führte zu einer<br />
eigenständigen, weitgehend ungesteuerten Herausbildung<br />
der Grundlage eines Branchenprofils im EXPO<br />
PARK HANNOVER.<br />
Im Windschatten dieser Entwicklung wird seither von<br />
Seiten der EXPO GRUND GmbH versucht, der Nachnutzung<br />
eine klarere Zielrichtung zu geben, indem man an<br />
den bestehenden Ansiedlungstrend anknüpft und vor<br />
allem die weitere Ansiedlung von Firmen aus der Informations-<br />
und Medienbranche fördert. Hiermit sollen<br />
sowohl in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> zusätzliche Kompetenzen<br />
und Synergien in dieser Branche geschaffen als<br />
auch eine in sich schlüssige und abgestimmte Nachnutzung<br />
des Geländes realisiert werden.<br />
20%<br />
29%<br />
Zum Ausbau der günstigen Konstellation von guten Ansiedlungsbedingungen<br />
und bereits vorhandenen Potenzialen<br />
wurden von Seiten des Landes Niedersachsen<br />
und der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> die Ansiedlung von Wissenschafts-<br />
und Bildungseinrichtungen betrieben. Konkret<br />
bestand die Vorleistung des Landes Niedersachsen hierbei<br />
darin, auf der Plaza unter dem Dach des „Kurt-Schwitters-Forum“<br />
die Hochschule für Musik und Theater (Studiengänge<br />
Schauspiel, Jazz, Rock, Pop, Medienmanagement)<br />
und die Fachbereiche für Bildende Kunst und<br />
Design und Medien der Fachhochschule <strong>Hannover</strong><br />
(FHH) zu platzieren. Ergänzt werden die Hochschuleinrichtungen<br />
des Landes durch weitere Bildungseinrichtungen,<br />
darunter die Multimedia BBS, die Leibniz-Akademie<br />
<strong>Hannover</strong>, einige Weiterbildungseinrichtungen der<br />
IHK, sowie durch Forschungseinrichtungen wie das Learning<br />
Lab Lower Saxony (L3S), eine Forschungskooperation<br />
der Universität <strong>Hannover</strong>, der Universität Karlsruhe,<br />
der TU Braunschweig, der Hochschule für Bildende<br />
Künste Braunschweig sowie der Stanford University<br />
(Kalifornien). Weitere komplementäre Institutionen sind<br />
die Nord-Media GmbH als neue Mediengesellschaft der<br />
Länder Niedersachsen und Bremen sowie das World<br />
Trade Center. Durch die Ansiedlung des branchenspezifischen<br />
Start-up Centers „Camp-Media“ auf dem Plaza-<br />
Gelände versucht das Technologie Centrum <strong>Hannover</strong><br />
den EXPO PARK auch für Gründer interessant zu<br />
machen.<br />
Generell erhofft man sich durch die Verbesserung der<br />
Rahmenbedingungen für Unternehmen der Informationsund<br />
Medienbranche die Branchenzusammensetzung der<br />
sich auf dem Gelände ansiedelnden Unternehmen der<br />
privaten Wirtschaft im Sinne des Konzeptes beeinflussen<br />
zu können. Es war jedoch von Anfang an offensichtlich,<br />
dass dies nicht in Bezug auf alle nach Abschluss der<br />
Weltausstellung noch zur Vermietung stehenden Flächen<br />
mit Erfolg möglich sein würde. Bereits lange feststehende<br />
Nachnutzungen, wie die des französischen Pavillons<br />
durch die Firma Decathlon, werden durch die Bemühungen<br />
zur Schaffung eines Branchenprofils folglich nicht in<br />
Frage gestellt. Vor dem Hintergrund der angestrebten<br />
und wirtschaftlich wünschenswerten Nachnutzung möglichst<br />
vieler Länderpavillons haben sich inzwischen auch<br />
weitere Betriebe, die sich auf den ersten Blick nur<br />
schwer in das angestrebte branchenorientierte Flächennutzungskonzept<br />
einfügen, im EXPO PARK niedergelassen.<br />
Hierbei ist zu differenzieren zwischen solchen<br />
Unternehmen, die im Rahmen einer Ausrichtung auf die<br />
Informations- und Medienbranche durchaus komplementäre<br />
Funktionen wahrnehmen können, und solchen,<br />
die in keinerlei Zusammenhang mit der angestrebten<br />
Branchenorientierung stehen. In die erste Kategorie fallen<br />
dabei z.B. Einrichtungen des Gastgewerbes, Angebote<br />
des Nahversorgungseinzelhandels sowie Freizeiteinrichtungen.<br />
An anderen Standorten in Deutschland werden<br />
zurzeit technologieorientierte Gewerbeparks geplant,<br />
bei denen bewusst auf die Kombination von Gewerbeund<br />
Freizeitfunktionen abgestellt wird (z.B. O-Vision in<br />
Oberhausen). In die zweite Kategorie fallen z.B. Einrichtungen<br />
des großflächigen Einzelhandels, deren weitere<br />
Ansiedlung durch Beschränkungen des B-Planes<br />
auch künftig begrenzt bleiben dürfte.<br />
Innerhalb bestimmter Grenzen muss die Ansiedlung von<br />
Unternehmen verschiedener Branchen gerade aufgrund<br />
ihrer möglichen Komplementarität für die Profilierung<br />
des EXPO PARK als innovationsorientierter Standort nicht<br />
notwendigerweise schädlich sein. Es besteht allerdings<br />
stets die Gefahr, dass durch die Ansiedlung zu vieler<br />
Betriebe aus nicht innovativen Branchen die Profilierung<br />
als IT- und Medienstandort verwässert werden könnte.<br />
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, anzuerkennen,<br />
dass bei der Verfolgung einer branchenorientierten Ansiedlungsstrategie<br />
ein langer Atem notwendig ist, um die<br />
Strategie nicht sofort bei kurzfristig ausbleibenden finanziellen<br />
Erfolgen zu gefährden.<br />
13.4 Die aktuelle Nachnutzung<br />
Alle an die Plaza angrenzenden Grundstücke sind mittlerweile<br />
erfolgreich vermarktet. Allerdings sind diese zum<br />
Teil, wie der ehemalige „Planet M“ Pavillon der Firma<br />
Bertelsmann und das Gebäude des deutschen Pavillons,<br />
zwar in Privatbesitz, aber noch nicht oder nur teilweise<br />
erfolgreich einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt<br />
oder an Investoren verkauft. Kernelemente der Nachnutzung<br />
im Bereich der Plaza bilden die Bildungs- und<br />
Wissenschaftseinrichtungen, das World Trade Center sowie<br />
das Messehotel Radisson SAS und die Preussag Arena.<br />
Auf dem ehemaligen Pavillongelände Expo-Ost sind zurzeit<br />
ca. 35% der Flächen nachgenutzt, für weitere 16%<br />
N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 203<br />
liegen konkrete Nutzungsplanungen vor. Demgegenüber<br />
stehen weiterhin 29% als freie Fläche zum Verkauf bzw.<br />
zur Vermietung. Auf weiteren 20% der Fläche des EXPO<br />
PARK befinden sich Pavillonbauten, die noch nicht wieder<br />
vermietet werden konnten (Abb. 13-3).<br />
Zurzeit sind ca. 53,8% der auf der Plaza und auf dem<br />
ehemaligen Pavillongelände Expo-Ost beschäftigten<br />
Personen in der Informations- und Medienbranche tätig.<br />
Hiervon sind ca. 24,5% bei den Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen<br />
beschäftigt 12 , weitere 16,5% der IuK-<br />
Beschäftigung entfallen auf eher niedrig qualifizierte<br />
Call-Center-Arbeitsplätze. Im Gegensatz dazu arbeiten<br />
34,7% aller Beschäftigten im EXPO PARK in Betrieben,<br />
die als komplementär zur Informations- und Medienbranche<br />
betrachtet werden können 13 , und weitere 11,4%<br />
in Unternehmen, die sich in keiner Weise mit dem Konzept<br />
eines branchenbezogenen Clusteransatzes in Einklang<br />
bringen lassen 14 . Auswertungen zur anteiligen<br />
Flächennutzung der einzelnen Bereiche sind aufgrund<br />
fehlender Daten nicht möglich.<br />
Durch Nachnutzungsmaßnahmen im EXPO PARK wurden<br />
bis heute etwa 2.100 Arbeits- und etwa 1.600 Studienplätze<br />
geschaffen bzw. dorthin verlagert (Angaben der<br />
NILEG bzw. EXPO GRUND 12/2001). Die verfügbaren<br />
Angaben über die Beschäftigtenzahlen sind aber nicht<br />
präzise genug, um klare Aussagen über die jeweiligen<br />
Anteile an neu geschaffenen bzw. verlagerten Arbeitsplätzen<br />
zu treffen. Im Rahmen der geplanten Fertigstellung<br />
des NILEG-Media Forums in <strong>2002</strong> besteht nach Einschätzung<br />
der EXPO-GRUND ein großes Potenzial zur<br />
Schaffung von weiteren Arbeitsplätzen.<br />
FAZIT<br />
Insgesamt zeigt sich, dass die Nachnutzung des Expo-<br />
Geländes Ost in <strong>Hannover</strong> dem Konzept einer innovationsorientierten<br />
Standortvermarktung folgt. Obgleich ursprünglich<br />
weniger auf einen Branchenschwerpunkt<br />
fokussiert, hat sich mittlerweile insbesondere durch die<br />
Ansiedlung spezifischer Wissenschafts-, Forschungs- und<br />
Bildungseinrichtungen ein Profil als hochwertiger IuK-<br />
Standort herausgebildet. Bereits erfolgte Ansiedlungen,<br />
die nicht mit dieser Branchenfokussierung in Einklang<br />
stehen, haben bislang noch keinen negativen Einfluss<br />
auf das Standortprofil ausgeübt. Sollte der bislang eingeschlagene<br />
Kurs – auch trotz der vorübergehenden<br />
Schwäche der IuK-Wirtschaft – beibehalten werden, hat<br />
die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> die einmalige Chance, mit dem<br />
innovativen Kristallisationskern im EXPO PARK HANNO-<br />
VER starke Ausstrahlungseffekte für die gesamte regionale<br />
IuK-Wirtschaft zu bewirken.<br />
9) vgl. NILEG 1997<br />
10) vgl. NILEG 1997, S.11<br />
11) d.h. bei: Learning Lab Lower Saxony, Nord Media, ProBusiness CIS, Multimedia<br />
BBS, Camp Media, Hochschule für Musik and Theater, FHH FB Bildende Kunst &<br />
Design und Medien, TV Travel AG, Leibniz-Akademie, Procon, Profil, UBWI,<br />
Starzone, MBC, Peppermint Jam/Park, DaCapo/MM, Mobilcom, Call Center und<br />
Schlütersche Marketing<br />
12) d.h. bei: Learning Lab Lower Saxony, Multimedia BBS, Hochschule für Musik und<br />
Theater, FHH FB Bildende Kunst & Medien und Design und Leibniz-Akademie<br />
13) d.h. bei: World Trade Center, Preussag Arena, SAS Radisson, FUN 2000 und<br />
9-Drachen Park<br />
14) d.h. bei: Annastift, GRBV, Decathlon, Fa. Mathai und Schulungszentrum DVAG