Wirtschaftsstandort Region Hannover Regionalreport 2002 - NIW
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INNOVATIVE CLUSTER: BEISPIELE TECHNOLOGISCHER KERNKOMPETENZEN<br />
Defizite zeigen sich allerdings bei wichtigen Clustervoraussetzungen.<br />
Zahlreiche Hemmnisse verhindern den Aufschwung<br />
zu einem wichtigen IuK-Standort. Von entscheidender<br />
Bedeutung ist die nicht ausreichende Verfügbarkeit<br />
von qualifizierten Arbeitskräften, die in der gesamten<br />
Bundesrepublik beklagt wird. Obwohl auf der Bundesebene<br />
mit der Einführung der „Greencard“ sowie auf<br />
regionaler Ebene über die Errichtung einschlägiger Studiengänge<br />
an den unterschiedlichen Hochschulen Maßnahmen<br />
ergriffen worden sind, stellt der Mangel an qualifiziertem<br />
Personal ein großes Innovations- und Entwicklungshemmnis<br />
dar. Die von den IuK-Betrieben als schlecht<br />
bewerteten Standortfaktoren, wie z.B. die Kooperation<br />
mit Beratungs- und Transfereinrichtungen, Verwaltung und<br />
Bildungseinrichtungen, die Nähe zu Abnehmern, Zulieferern<br />
und FuE-Einrichtungen, deuten auf gravierende<br />
Schwächen des IuK-Clusters hin. Die schlechte Beurteilung<br />
der Kooperationspartner bei der Bewertung der Standortfaktoren<br />
widerspricht dem tatsächlichen Kooperationsverhalten<br />
der befragten IuK-Betriebe. Demnach kooperieren<br />
die Betriebe in einem hohen Ausmaß mit lokalen Kooperationspartnern.<br />
Dieser erkennbare Widerspruch kann<br />
vorsichtig interpretiert darauf hindeuten, dass in der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> Defizite bei komplementären Kooperationspartnern<br />
bestehen, durch die in einem funktionierenden<br />
Cluster Lern- und Synergieeffekte entstehen.<br />
Die mit dem Ende der EXPO 2000 begonnene Entwicklung<br />
des EXPO-PARKS HANNOVER zu einer Keimzelle<br />
des regionalen IuK-Clusters wirkt den genannten Defiziten<br />
entgegen. Die Ansiedlung von Bildungs- und Forschungseinrichtungen<br />
sowie namhafter Firmen aus der<br />
IuK-Wirtschaft, darunter Mobilcom, TV-Travelshop, Schlütersche<br />
Verlagsgesellschaft (Online-Service), Cisco-<br />
Systems und Peppermint Park, steht noch am Anfang. Es<br />
zeigt sich, dass das Ansiedlungskonzept versucht, unterschiedliche<br />
Akteure aus vor- und nachgelagerten Bereichen<br />
und aus dem Bereich der Forschung konzentriert<br />
auf dem ehemaligen Weltausstellungsgelände anzusiedeln<br />
und Synergieeffekte zu initiieren. Nach Porter<br />
(1998) benötigt ein Cluster zehn und mehr Jahre bis zur<br />
vollständigen Entwicklung. Angesichts der heutigen<br />
Situation des EXPO-PARKS und der sich anbahnenden<br />
verbesserten Außendarstellung des IuK-Standortes <strong>Hannover</strong><br />
als CeBIT-City besitzt die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> mittelbis<br />
langfristig gute Aussichten, sich in bestimmten<br />
Nischen als bedeutsamer IuK-Standort zu etablieren.<br />
12.5 Die Bedeutung der Mobilitätswirtschaft<br />
in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
MOBILITÄTSWIRTSCHAFT IM REGIONALEN UND<br />
NATIONALEN KONTEXT<br />
Die Mobilitätswirtschaft ist einem laufenden Wandel<br />
unterzogen. 1999 vereinte die Automobilindustrie, die<br />
innerhalb der Mobilitätswirtschaft eine führende Rolle<br />
einnimmt, in Deutschland mit 159,5 Mrd. € fast 16%<br />
des Umsatzes der gesamten deutschen Industrie auf sich,<br />
war mit einem Ausfuhrvolumen von 97,1 Mrd. € die<br />
führende Branche im deutschen Export und beschäftigte<br />
im Bundesgebiet ca. 5 Mio. Arbeitnehmer 33 .<br />
Als Reaktion auf die Krise im Automobilbau in den<br />
frühen 90er Jahren hat sich in der Branche eine Reihe<br />
grundlegender Umstrukturierungen vollzogen, die sich in<br />
Konzentrationsprozessen, Veränderungen der Wertschöpfungskette,<br />
der Neuorganisation von Arbeitsprozessen,<br />
technologischen Innovationen und einer zunehmenden<br />
Differenzierung und Kundenorientierung des<br />
Angebots manifestieren. Von besonderer Bedeutung ist<br />
dabei das „Outsourcing“ wichtiger betrieblicher Prozesse,<br />
das sehr hohe Ansprüche an die Zulieferer stellt.<br />
Die Bedeutung der Mobilitätswirtschaft in der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> lässt sich bereits an den Beschäftigtenzahlen<br />
ablesen. So sind allein im Bereich der Automobilindustrie<br />
incl. Zulieferer ca. 30.000 Personen sozialversicherungspflichtig<br />
beschäftigt. Dies entspricht etwa einem<br />
Drittel der Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe<br />
und rund 7% der Gesamtbeschäftigung in der <strong>Region</strong> 34 .<br />
Für den Bereich der direkten Mobilitätsdienstleistungen<br />
lassen sich für den Stichtag 30.6.2000 in der <strong>Region</strong><br />
zusätzlich 37.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte<br />
identifizieren 35 . Davon sind 27.500 unmittelbar mit<br />
dem Erbringen und dem Verkauf von Verkehrsleistungen<br />
beschäftigt, während 9.500 Beschäftigte im Bereich<br />
Handel und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen tätig<br />
sind. Das bedeutet, dass 67.000 Beschäftigte in der <strong>Region</strong><br />
<strong>Hannover</strong> unmittelbar in der Mobilitätswirtschaft<br />
arbeiten. Dies ist ein Anteil von rund 15% an den Gesamtbeschäftigten.<br />
Zusätzlich gibt es in Feldern wie Planung,<br />
Forschung, Telekommunikation und Recycling weitere<br />
Arbeitsplätze, die sich unmittelbar an Schnittstellen<br />
zur Mobilitätswirtschaft befinden.<br />
UNTERNEHMERISCHE<br />
SPEZIALISIERUNGSMUSTER<br />
Schwerpunkt der Mobilitätswirtschaft in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
ist die Automobilindustrie mit einem großen Endhersteller<br />
und einer Reihe großer wie kleinerer Zulieferbetriebe.<br />
Das Hauptgewicht in diesem Bereich entfällt<br />
auf den Bereich der Nutzfahrzeuge, auf den nicht nur<br />
der Endhersteller, sondern auch einige der Zulieferbetriebe<br />
spezialisiert sind. Die Automobil- und Zulieferindustrie<br />
hat in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> eine überdurchschnittliche<br />
Bedeutung. Die 26.500 Beschäftigten<br />
(2000) im Straßenfahrzeugbau der <strong>Region</strong> haben einen<br />
Anteil von 6% an der regionalen Gesamtbeschäftigung<br />
und von gut 28% an den Beschäftigten im Verarbeitenden<br />
Gewerbe. Unter Hinzunahme der unmittelbar automobilindustriebezogenen<br />
Beschäftigung in den Zulieferbetrieben<br />
erhöht sich die Zahl auf insgesamt ca. 30.000<br />
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das entspricht<br />
7% der Gesamtbeschäftigung und 33% der Beschäftigten<br />
des Verarbeitenden Gewerbes in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong>.<br />
Der größte Arbeitgeber in der Automobilindustrie in<br />
<strong>Hannover</strong> ist die eigenständige Konzernmarke Volkswagen<br />
Nutzfahrzeuge (VWN), gefolgt von bedeutenden<br />
Zulieferunternehmen wie Continental, Varta und Wabco<br />
und umgeben von einem dichten Netzwerk vieler kleiner<br />
und mittelständischer Unternehmen. Dabei stellen die<br />
drei genannten Betriebe ca. 70% der Beschäftigung<br />
aller Automobilzulieferer 36 .<br />
Dadurch besteht eine gewisse Nähe zu einem zweiten<br />
Schwerpunkt, dem Bereich Logistik. Die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
ist aufgrund ihrer geographisch vorteilhaften Lage im Zentrum<br />
Deutschlands – und mit Blick auf die wirtschaftliche<br />
Integration Ost- und Nordosteuropas auch im Zentrum<br />
Europas – ein erstklassiger Logistikstandort. Dazu trägt<br />
insbesondere auch die gute Verkehrsinfrastruktur mit<br />
bedeutenden Kreuzen des Autobahn- und Schienennetzes,<br />
dem Mittellandkanal sowie dem Flughafen bei. Viele<br />
Großunternehmen mit europaweiten Distributionsnetzen<br />
haben daher einen Standort in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> oder<br />
im nahen Umfeld, wie z.B. Spicers (Büroartikel) in Sehnde,<br />
Varta AG (Akkumulatoren) in <strong>Hannover</strong>, Minolta (Elektronik)<br />
in Langenhagen, Sennheiser (Elektronik) in der<br />
Wedemark, ContiTech (Gummiprodukte) in <strong>Hannover</strong>,<br />
Alcatel (Elektrotechnik) in <strong>Hannover</strong>, Siemens AG (Elektrotechnik)<br />
in <strong>Hannover</strong>, IKEA (Möbel) in Braunschweig,<br />
Bosch (Elektrotechnik) in Salzgitter und Blaupunkt (Elektrotechnik)<br />
in Hildesheim. Ebenso sind viele bedeutende<br />
„Global Player“ und nationale Unternehmen der Logistikbranche<br />
bereits in <strong>Hannover</strong> ansässig und bieten eine<br />
hohe Bandbreite an Dienstleistungsangeboten mit hoher<br />
Wertschöpfungstiefe an. Zu nennen sind hier u.a.: Alli<br />
(Zentrallager in <strong>Hannover</strong>, Distributionszentrum in Soltau),<br />
ABX-Logistik (Wedemark), DACHSER (Langenhagen),<br />
Danzas (Langenhagen), Deutsche Post, LHG Frachtenkontor<br />
(<strong>Hannover</strong>-Anderten und Isernhagen), Köster&Hapke<br />
(<strong>Hannover</strong>), Mannesmann Dematic (<strong>Hannover</strong>), Nelke-<br />
Spedition/Hellmann (Lehrte), Schenker (Langenhagen),<br />
Trans-o-flex (Sehnde). Einige Logistikdienstleister sind im<br />
Rahmen von Outsourcing-Projekten Kooperationen mit<br />
Großunternehmen eingegangen, wie z.B. Knoch-Barth mit<br />
Schwarzkopf/Henkel (Isernhagen), Schenker Automotive<br />
mit VW (<strong>Hannover</strong>) und TTS mit Metro (Sehnde) sowie<br />
außerhalb der unmittelbaren <strong>Region</strong> Cotrans mit VW<br />
(Wolfsburg), SVL mit Bahr (Wolfsburg) und PowerLogistics<br />
mit Kraft (Soltau). Durch diesen hohen Bestand an Logistikkompetenz<br />
und hohe Logistikansprüche stellende Produktion<br />
und Distribution weist die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> eine<br />
hohe Eignung für zusätzliche Potenziale im Rahmen einer<br />
nationalen und europäischen Drehscheibenfunktion auf.<br />
Insgesamt kann also eine erhebliche Standorteignung für<br />
Logistikunternehmen vieler Geschäftsfelder festgestellt werden.<br />
Dies gilt für Logistikunternehmen im Bereich Transport<br />
und Umschlag ebenso wie für solche im Bereich Lager und<br />
Handel oder Service.<br />
Daneben wird in der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> eine Reihe von<br />
Mobilitätsdienstleistungen entwickelt. Dazu gehören Informations-<br />
und Fahrkartenverkaufssysteme ebenso wie<br />
mobilitätsorientierte Stadtentwicklungskonzepte und Angebote<br />
im Bereich der Verkehrstelematik. Im Bereich der<br />
informationellen Mobilitätsdienstleister sind die Strukturen<br />
weniger klar ausgeprägt als in der Logistikbranche.<br />
Die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> weist entscheidende Kompetenzen<br />
im Bereich Telematik auf, allerdings sind deren Anbieter<br />
bis auf wenige große Firmen wie Alcatel und Höft&Wessel<br />
im Wesentlichen kleine und mittelständische Unternehmen<br />
mit oftmals nicht mehr als 25 Angestellten.<br />
Schwerpunktkompetenzen hannoverscher Firmen finden<br />
sich u.a. in den Bereichen Verkehrsmanagement, Parkleitsysteme<br />
(ATS, Siemens), Berührungslose Verkehrsmes-<br />
N I W · NORD/LB · WIRTSCHAFTSSTANDORT REGION HANNOVER · REGIONALREPORT <strong>2002</strong> 193<br />
sung, Verkehrsdatenübertragung (Beratec), Flottenmanagement,<br />
Navigationssysteme (Elblinger, Lohrmann, ATS),<br />
Consulting beim Aufbau von Informationssystemen für<br />
Fahrplanauskunft (GVS), Verkehrswirtschaftliche Untersuchungen<br />
(GVS), Fahrplan-, Kundeninformationssysteme<br />
(HaCon) und Mobile IT (ICS).<br />
Profiliert hat sich die <strong>Region</strong> darüber hinaus durch innovative<br />
Lösungen im öffentlichen Personennahverkehr, die<br />
immer häufiger auch von anderen <strong>Region</strong>en nachgefragt<br />
werden. Das größte Nahverkehrsunternehmen der <strong>Region</strong><br />
versucht zurzeit mit einem größeren Partner, im liberalisierten<br />
Nahverkehr zu einem der großen überregionalen<br />
Anbieter Norddeutschlands zu werden. Die üstra<br />
AG ist der Anbieter für Stadtbus- und Stadtbahnlinienverkehr<br />
in <strong>Hannover</strong> und beschäftigt 2.200 Mitarbeiter.<br />
Neben dem ÖPNV-Kernangebot befasst sich das Unternehmen<br />
zusätzlich auch mit Personen- und Objektschutz,<br />
Telekommunikationsinfrastruktursystemen, Akquisition<br />
und Abwicklung von Dienstleistungsaufträgen für<br />
gewerblich genutzte Immobilien, Marketing und Außenwerbung,<br />
kaufmännischer Revision und Beratung sowie<br />
der Förderung des Klimaschutzes (Initiative „proKlima“).<br />
Der Bereich der Touristik-Dienstleistungen – insbesondere<br />
der Flugpauschalreisen – hat sich in der <strong>Region</strong> in den<br />
letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt. Der weltgrößte<br />
Touristikkonzern hat hier seinen Sitz und der Flughafen<br />
hat sich zu einem der führenden deutschen Flughäfen<br />
für Flugtouristik entwickelt. Am Standort <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong><br />
sind mit der TUI Group und der Hapag-Lloyd-Flug<br />
zwei große Touristikfirmen ansässig. Die TUI Group beschäftigt<br />
in <strong>Hannover</strong> rund 1.700, Hapag-Lloyd-Flug am<br />
Flughafen rund 1.000 Mitarbeiter. Die Beschäftigtenzahl<br />
der Fluglinie am Standort Langenhagen ist damit in den<br />
letzten zehn Jahren um ca. 400 gestiegen.<br />
RELEVANTE BILDUNGS- UND FORSCHUNGS-<br />
EINRICHTUNGEN<br />
Die <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> verfügt über eine Reihe bedeutender<br />
universitärer und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen,<br />
die im Wesentlichen in der Landeshauptstadt<br />
<strong>Hannover</strong> konzentriert sind. Für die Mobilitätswirtschaft<br />
sind dabei vor allem die ingenieurwissenschaftlichen<br />
Fachbereiche der Universität <strong>Hannover</strong> und der Fachhochschule<br />
<strong>Hannover</strong> sowie einzelne außeruniversitäre<br />
Forschungseinrichtungen von Interesse. Die Mehrzahl<br />
dieser Institute führt regelmäßig Forschungskooperationen<br />
mit Unternehmen der Mobilitätswirtschaft durch.<br />
Allerdings gibt es dabei im Allgemeinen keine besondere<br />
Ausrichtung auf Unternehmen aus der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong>.<br />
Zumindest die größeren Institute suchen sich ihre<br />
Kooperationspartner aus der Wirtschaft bundesweit,<br />
wenn nicht sogar international.<br />
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass in<br />
der <strong>Region</strong> <strong>Hannover</strong> mit dem Werk von Volkswagen<br />
33) vgl. NORD/LB 2000<br />
34) vgl. NORD/LB 2000, S. 82<br />
35) WZ 93, Branchen 50, 60-63<br />
36) vgl. NORD/LB 2000, S. 83