Mit Röntgen auf Kurs – Das Röntgenröhrenwerk der Siemens AG in ...

Berliner Fabrikation. Die Produktion von Röntgenröhren erhöhte sich dadurch weiter,
die Gesamtfabrikation stieg gegenüber dem Vorjahr um 26 % von 6.100 auf 7.600
Stück. 553 Den Fabrikationsausfall konnte man auf der Höhe des Vorjahres halten,
„obwohl, um die erhöhte und zum Teil schwierigere Produktion zu bewältigen, in
allen Werkstätten neue Kräfte eingesetzt werden mussten […].“ 554 Der Hinweis
macht deutlich, dass zu diesem Zeitpunkt das Phönix Werk nicht dem wirtschaft-
lichen Trend in Deutschland folgte und Arbeiter entlassen musste, sondern im
Gegenteil noch Arbeiter eingestellt wurden, um die gesteigerte Produktion bewältigen
zu können. Diese Entwicklung bestätigen die Belegschaftszahlen. 555 Verbunden
damit stieg auch der Gewinn von Phönix im Geschäftsjahr 1929 / 1930 im dritten
Jahr in Folge weiter an. 556 Das wirtschaftlich herausragende Ergebnis des
Geschäftsjahres 1929 / 1930 nicht nur bei Phönix, sondern offensichtlich des ganzen
elektromedizinischen Geschäftsbereiches des Siemens-Konzerns, wird auch
dadurch unterstrichen, dass dieses Geschäftsjahr in den Vorstandsberichten
späterer Jahre als Vergleichsgröße für Umsatz und Betriebsergebnis herangezogen
wurde. An diesem „Rekordumsatz“ wurden jeweils die unterschiedlichen Jahres-
umsätze der Folgejahre gemessen. 557
Fernab von den reinen Geschäftszahlen hatte ein Werk von der Größenordnung
der Phönix AG im beschaulichen Rudolstadt große Bedeutung. Aufschlussreiche
Einblicke in das Leben der Rudolstädter Phönix-Arbeiter und Angestellten zu dieser
Zeit geben die Erinnerungen des Rudolstädter Glasbläsers Arno Sperschneider.
Dieser, geboren am 6. Oktober 1909, hatte sich nach seiner Lehre zum Glasbläser
bei der Phönix AG beworben, „um meinen Beruf vollwertig auszuüben und mich noch
auf mehreren Gebieten der Glasbläserei auszubilden.“ 558 Er wurde eingestellt, nahm
im November 1929 die Arbeit auf und verdiente sofort das Dreifache seines früheren
Lehrlingslohnes. Er schreibt in der Rückschau: „Von dieser Zeit an habe ich gemerkt,
was ein besseres Leben ist, wie es sich der Arbeiter wünscht und verdient. Nach der
täglich 8 Std. Arbeit hatte ich hier tatsächlich Feierabend und brauchte nicht weiter
zu arbeiten – bis zum Schlafengehen – wie zu Hause. Trotzdem ich nun viel Geld
verdient habe und viel Muse hatte, hab ich sehr solide gelebt. Habe mir vor allem
erst einmal angeschafft, was mir an Bekleidung fehlte.“ Denn auf ein ansprechendes
553
Vgl. Fabrikationsbericht des Vorstandes zur Bilanz des 8. Geschäftsjahres 1928 / 1929 der Phönix AG
vom 02.10.1929 in SMARZ [BBU 1929 / 1930].
554
Ebd.
555
Vgl. Tabelle IX.
556
Vgl. Bericht des Vorstands über das 8. Geschäftsjahr 1928 / 1929 der Phönix AG zum 30.06.1929
von Oktober 1929 in SMA 791 und SMA 452.
557
Vgl. Vorstandsberichte vor allem von Sehmer in SMA 7615 1-4-11.
558
Handschriftlicher Lebensbericht von Arno Sperschneider von vermutlich 1947,
persönlicher Besitz des Sohnes Harald Sperschneider.
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