Mit Röntgen auf Kurs – Das Röntgenröhrenwerk der Siemens AG in ...
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Unterernährung waren wir alle <strong>in</strong> kurzer Zeit stark heruntergekommen und ständig<br />
todmüde. Alle waren hoffnungslos und verzweifelt. <strong>Mit</strong> den Angehörigen draussen<br />
bestand ke<strong>in</strong>erlei Verb<strong>in</strong>dung, wir waren lebendig begraben. […] Es wurde im Lager<br />
l<strong>auf</strong>end gestorben. Die Toten wurden nackt ausserhalb des Lagers vergraben.“ Erst<br />
1948 wurde die Entlassung e<strong>in</strong>es Großteils <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>ge vorbereitet, was sich für die<br />
Inhaftierten vor allem an den verbesserten Bed<strong>in</strong>gungen zeigte: Die Häftl<strong>in</strong>gs-<br />
schnei<strong>der</strong>ei fertigte Tausende von grauen Anzügen und ab Juni habe sich auch die<br />
Verpflegung plötzlich verbessert: „Es gab sogar Fleisch <strong>in</strong> den Suppen. Die Russen<br />
scheuten sich höchstwahrsche<strong>in</strong>lich, uns halbverhungerte Jammergestalten <strong>in</strong> die<br />
Öffentlichkeit zu entlassen.“ Anfang August wurden rund 10.000 Gefangene<br />
entlassen, darunter auch Ungelenk am 5. August 1948. Er bekam e<strong>in</strong>en <strong>der</strong><br />
angefertigten Anzüge, Marschverpflegung und e<strong>in</strong>e Bahnfahrkarte, mit <strong>der</strong> er nach<br />
Rudolstadt fuhr. 1082 Se<strong>in</strong>e Familie erfuhr durch die Medien von ersten Freilassungen<br />
aus Buchenwald. Se<strong>in</strong>e Frau wartete ab diesem Moment jeden Tag am Rudolstädter<br />
Bahnhof <strong>auf</strong> die Ankunft des e<strong>in</strong>zigen Zuges aus Weimar. 1083 Nach erfolgter<br />
Rückkehr nahm Ungelenk <strong>auf</strong> Bitten <strong>der</strong> Werksleitung wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Position als<br />
Entwickler im <strong>Röntgen</strong>röhrenwerk an. Die Situation sei aber für ihn schnell uner-<br />
träglich geworden, da man ihm als ehemaligem „Buchenwäl<strong>der</strong>“ und „Direktor“ viele<br />
Fehler <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entwicklung angekreidet habe. 1084 Er entschloss sich 1951 zur Flucht,<br />
täuschte e<strong>in</strong>e Urlaubsreise an die Ostsee vor, fuhr stattdessen nach Berl<strong>in</strong> und kam<br />
im englischen Sektor bei se<strong>in</strong>er Tochter Leonore unter. Durch die Vermittlung von<br />
An<strong>der</strong>lohr erhielt er schnell e<strong>in</strong>e Aufenthaltsgenehmigung für Erlangen und kam<br />
Ende September <strong>in</strong> Franken an. 1085 Nachdem am 1. Dezember 1951 <strong>der</strong> Betriebsrat<br />
se<strong>in</strong>e Zustimmung gab, 1086 erhielt Ungelenk e<strong>in</strong>en Arbeitsvertrag als Oberbeamter<br />
<strong>der</strong> SRW 1087 und arbeitete <strong>in</strong> <strong>der</strong> Revision und bei Versuchen mit neuen <strong>Röntgen</strong>-<br />
röhren mit. 1088 Ende Dezember gelang es Ungelenks Frau und se<strong>in</strong>er jüngsten<br />
Tochter Sigrid kurz vor dem E<strong>in</strong>greifen <strong>der</strong> Rudolstädter Polizei, nach Erlangen<br />
nachzukommen. Am 14. Januar 1952 dankte Ungelenk erleichtert An<strong>der</strong>lohr für die<br />
„großzügige und entscheidende Hilfe“ bei se<strong>in</strong>er Übersiedelung nach Erlangen: „Im<br />
Werk selbst habe ich bei den zahlreichen alten Bekannten überall e<strong>in</strong>e freundliche,<br />
herzliche Aufnahme gefunden. Wenn man jahrelang dem Druck des östlichen<br />
Systems ausgesetzt und <strong>auf</strong> die Stufe e<strong>in</strong>es staatlichen Arbeitssklaven<br />
1082<br />
Vgl. Autobiographie von Alfred Ungelenk <strong>in</strong> SMAZ [Wichtige Persönlichkeiten „T <strong>–</strong> W“], S. 20ff.<br />
1083<br />
Vgl. Interview mit Margarethe Paulovsky, geb. Ungelenk am 17. Oktober 2007.<br />
1084<br />
Vgl. ebd.<br />
1085<br />
Autobiographie von Alfred Ungelenk <strong>in</strong> SMAZ [Wichtige Persönlichkeiten „T <strong>–</strong> W“], S. 30.<br />
1086<br />
Vgl. Formblatt vom 01.12.1951 <strong>in</strong> SMA 7615 2-4-09.<br />
1087<br />
Vgl. Schreiben <strong>der</strong> Erlanger Personalabteilung an Ungelenk vom 05.12.1951 <strong>in</strong> SMA 7615 2-4-09.<br />
1088<br />
Vgl. Autobiographie von Alfred Ungelenk <strong>in</strong> SMAZ [Wichtige Persönlichkeiten „T <strong>–</strong> W“], S. 33.<br />
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