Mit Röntgen auf Kurs – Das Röntgenröhrenwerk der Siemens AG in ...

Deutlich wird, dass trotz der immer wieder auftretenden kurzen Phasen der
Entspannung nach dem wirtschaftlich erfolgreichsten Geschäftsjahr 1929 / 1930 alle
Kennzahlen kontinuierlich sanken. Je länger dieser Zustand anhielt, umso
verzweifelter bemühte sich die Führung des Werkes um Lösungen. Entlassungen
stellten das letzte Mittel dar, vorher wurde neben den gleichbleibend anhaltenden
Bemühungen, den Auftragseingang zu erhöhen, zunächst die Wochenarbeitszeit
aller Beschäftigten zurückgefahren. Damit war man durchaus im Einklang mit der
Konzernpolitik. Im Vergleich zur Muttergesellschaft RGS und zur Vertriebsge-
sellschaft SRV war die Lage in Rudolstadt allerdings noch sehr gut, das im Sommer
1932 erreichte Niveau an Aufträgen und Belegschaft konnte von Phönix gehalten
werden. 589 In einem Zwischenbericht über das Geschäftsjahr 1932 / 1933 berichtete
RGS über die Tochtergesellschaft: „Aus unseren Beteiligungen sind für das laufende
Geschäftsjahr nur von der Phönix AG, Rudolstadt, Gewinne zu erwarten. Dieses
Tochterwerk arbeitet auch in diesem Jahre im Ganzen befriedigend.“ 590
Die RGS dagegen musste mit dem abgelaufenen 25. Geschäftsjahr 1931 / 1932
eine der wirtschaftlich entäuschendsten Bilanzen seit ihrem Bestehen überhaupt
vorlegen: Der Gewinn war um rund 60 % eingebrochen, eine Dividende wurde wie im
Vorjahr nicht ausgeschüttet. Darüber hinaus bestand der ausgewiesene Gewinn
ausschließlich aus dem Gewinnvortrag des vorangegangenen Geschäftsjahres, im
Geschäftsjahr selbst wurde ein Verlust verbucht. 591 Der Vorstand beurteilte die
Zukunft als „ungewiss“, da der Bestelleingang weiter rückläufig war. 592 Die durch die
Kurzarbeit gestiegenen Betriebsausgaben versuchte man durch einschneidende
Sparmaßnahmen aufzufangen. Entsprechend wenig enthusiastisch klang das Fazit
des Vorstands: „Das abgelaufene Geschäftsjahr stand mehr noch als das
vorhergegangene Zwischengeschäftsjahr im Zeichen der fortschreitenden Wirt-
schaftskrise. Wir waren deshalb gezwungen, in erweitertem Umfange Kurzarbeit
einzuführen, konnten aber bis zum Schluß des Geschäftsjahres unsere Belegschaft
im ganzen auf der ungefähren Höhe des Vorjahres halten.“ In Zeiten von
„Heuschrecken“ und weltweiten Krisen an den Finanzmärkten ist ein Nebenaspekt
dieses Geschäftsberichtes aktueller denn je: RGS konnte zwar das zweite Jahr in
Folge keine Dividende an die Aktionäre auszahlen und musste sich darüber hinaus
589 Vgl. Protokolle der Besprechungen zwischen Wölfel und Abteilungsleitern am 08.09.1932 und 16.09.1932
vom 26.09.1932, am 18.10.1932 vom 21.10.1932 und am 24.11.1932 vom 28.11.1932, alle in SMAR I-22.
590 Zwischen-Geschäftsbericht der RGS für das laufende 26. Geschäftsjahr 1932 / 1933 von Anderlohr vom
11.10.1932 in SMA 683. Die Tabellen X und XI bestätigen diesen Eindruck. Zwar sank der Gewinn, aber es
gab nie einen Verlust. Eine Dividende wurde in jedem der infrage kommenden Jahre ausgeschüttet.
591 Vgl. Tagesordnung und Anträge zur Generalversammlung von RGS am 02.07.1932 in SMA 683.
592 Vgl. Bericht des Vorstands RGS zum Geschäftsbericht über das 25. Geschäftsjahr 1931 / 1932
vom Juli 1932 in SMA 7615 1-4-01.
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