Verpackungsrundschau 05/97
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VERPACKUNGSMASCHINEN<br />
High-Tech-Denken überzogen<br />
Eine Marktanalyse von Dipl.-Ing. Christian Rommel (Teil II)<br />
Im ersten Teil seiner Marktanalyse<br />
(VR 3/<strong>97</strong> S.14) geht Dipl.-Ing. Christian<br />
Rommel auf die zahlreichen Probleme<br />
ein, die bei Exporten deutscher Maschinen<br />
in die Asien-Pazifik-Region entstehen<br />
können. Mangelnde Infrastruktur,<br />
Qualifikation und Service-Leistungen,<br />
machen das Risiko bei der Produktion<br />
mit hochwertigen deutschen Verpakkungsmaschinen<br />
quasi unkalkulierbar<br />
und können so zumindest dabei behindern,<br />
den Markt im größeren Umfang<br />
zu erschließen. In Teil II seiner Analyse<br />
geht der Autor auf Lösungsansätze ein.<br />
Selbstverständlich wird hohe Qualität<br />
und hervorragende Technologie<br />
„made in Germany“ immer honoriert werden.<br />
Die Zeiten, in denen überholte Auslaufmodelle<br />
oder Secondhandmaschinen<br />
gewinnbringend nach Asien verschleudert<br />
wurden, sind in vielen Bereichen vorbei.<br />
Doch man sollte sich bei der Entwicklung<br />
neuer Maschinengenerationen oder -linien<br />
stärker an den tatsächlichen Bedürfnissen<br />
in der Praxis orientieren.<br />
Die Forderungen, die viele asiatische<br />
Unternehmen an deutsche Verpackungsmaschinen<br />
stellen, sind eigentlich immer<br />
die gleichen: kostengünstige Modulmaschinen;<br />
kleine, platzsparende Lösungen;<br />
robuste und langlebige Produkte; leicht<br />
überschaubare Bauweise; schnelle und<br />
einfache Umrüstbarkeit; mehr langsamere<br />
Halbautomaten; weniger komplizierte<br />
Elektronik.<br />
Als Vorbildmaschine möchte man den<br />
„Heidelberger Tiegel“ nennen – eine kleine<br />
unverwüstliche Universalmaschine zum<br />
Drucken, Stanzen, Nuten, Perforieren, Numerieren<br />
und Heißfolienprägen, die trotz<br />
ihres hohen Alters auch heute noch überall<br />
auf der Welt im Einsatz ist.Doch gerade<br />
der deutsche Maschinenbau tut sich anscheinend<br />
sehr schwer damit, sich vom<br />
High-Tech-Denken zu lösen, sich dem Niveau<br />
des jeweiligen Abnehmerlandes anzupassen<br />
und bedarfsgerecht zu produzieren.Diese<br />
Einstellung verschafft ihm nicht<br />
gerade eine gute Reputation bzw. den<br />
dringend benötigten Wettbewerbsvorteil<br />
gegenüber Japanern und Italienern.<br />
Zu arrogant?<br />
Das Motto des internationalen Maschinenbau-Forums,<br />
das auf der letzten Interpack<br />
1996 in Düsseldorf durchgeführt<br />
wurde, lautete: „Chancen nutzen auf den<br />
Wachstumsmärkten Asiens“.Doch die charakteristischen<br />
Eigenschaften der Deutschen<br />
im Exportgeschäft mit Asien definierte<br />
der indonesische Minister Soni<br />
Harsono dort als Referent folgendermaßen:<br />
„Die Deutschen sind zu langsam,<br />
zu sicherheitsbedürftig und vor allem<br />
zu arrogant!“ Die Japaner verstehen es –<br />
laut Harsono – sehr viel besser, sich kurzfristig<br />
anhand der individuellen Kundenwünsche<br />
zu orientieren und ihre Produktion<br />
flexibel darauf auszurichten.<br />
Viele deutsche Großunternehmen streben<br />
einheitliche „Konzernmaschinen“ an,<br />
Chinas südliche Metropole, Guangzhon: hält<br />
die Konstruktion eine schwere Maschine im<br />
1. Stock?<br />
was eine gewisse Unflexibilität zur Folge<br />
hat. Doch was den Mittelstand gegenüber<br />
den Branchenriesen auszeichnet, ist eben<br />
diese Fähigkeit, zuhören zu können und<br />
relativ problemlos und unbürokratisch auf<br />
Marktveränderungen zu reagieren.<br />
Fazit: es gibt kein verbindliches Patentrezept,<br />
aber eines erscheint sicher – es ist<br />
keine Entscheidung zwischen High-Tech<br />
und Low-Tech,gefragt ist angepaßte Technologie.<br />
Das ist die erfolgversprechende<br />
Strategie der Zukunft. Und in dieser Hinsicht<br />
hat der deutsche Verpackungsmaschinenbau<br />
noch eine große Aufgabe zu<br />
bewältigen. ❐<br />
Verpackungs-Rundschau 5/19<strong>97</strong> 39