Verpackungsrundschau 05/97
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Verpackungsrundschau 05/97
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die Differentialgleichung zwei Unbekannte<br />
(Spannung und Dehnung) aufweist, wird<br />
eine zweite Gleichung zur Bildung und<br />
Lösung eines Differentialgleichungssystems<br />
benötigt. Sie wird durch den Ansatz eines<br />
Materialgesetzes gewonnen.<br />
Materialverhalten zwischen<br />
Dehnung und Spannung<br />
Das Materialgesetz gibt den Zusammenhang<br />
zwischen der Dehnung eines Materials und<br />
der daraus resultierenden Spannung wieder.<br />
Aus der Viskoelastizitätstheorie sind verschiedene<br />
Materialgesetze bekannt [6, 7].<br />
Zu den einfachsten gehören das Kelvin- und<br />
das Maxwellmodell. Das Kelvinmodell beruht<br />
auf einer Parallelschaltung einer elastischen<br />
Feder und eines viskosen Dämpfers,<br />
das Maxwellmodell auf einer Reihenschaltung<br />
dieser Elemente.<br />
Kelvinmodell:<br />
Seite 68<br />
s(t) = E · e(t) + h · ˙e(t) (Gl. 4)<br />
Maxwellmodell:<br />
h<br />
s(t) + · ˙σ(t) = h · ˙e(t) (Gl. 5)<br />
E<br />
Dabei ist E der E-Modul des Materials, und<br />
h die Viskosität.<br />
Aus Gleichung 2 und Gleichung 4 oder<br />
Gleichung 5 läßt sich ein System aus zwei<br />
Differentialgleichungen mit zwei unbekannten<br />
Funktionen zusammenstellen. Dieses ist<br />
dann für e und s lösbar; e beschreibt den<br />
zeitlichen Verlauf der Verformung, s den<br />
der Spannung. Bildet man die zweite Ableitung<br />
des Stauchungsverlaufes, erhält man<br />
den Verlauf der Bremsbeschleunigung über<br />
der Zeit:<br />
a(t, h, E) = l0 ·ë(t, h, E) (Gl. 6)<br />
In Gleichung 6 sind die beiden Materialparameter<br />
E und h aus dem Materialgesetz unbekannt.<br />
Sie müssen durch einen Stoßversuch<br />
ermittelt werden. Sind die Parameter bestimmt,<br />
kann das Verhalten des Testkörpers<br />
bei beliebiger Belastung berechnet werden.<br />
Anpassung der<br />
Modellparameter<br />
Im folgenden soll als Beispiel für das Verfahren<br />
das Polsterdiagramm für ein biologisch<br />
abbaubares Polstermaterial auf Basis von<br />
Getreidekleie berechnet und mit dem experimentell<br />
bestimmten verglichen werden. Es<br />
wurde dazu das Differentialgleichungssystem<br />
aus dem Energieerhaltungsansatz und<br />
dem Kelvinmodell benutzt. Die Lösung e(t)<br />
Verpackungs-Rundschau 5/<strong>97</strong><br />
Technisch-Wissenschaftliche Beilage · 48 · 19<strong>97</strong> · N°5<br />
der Differentialgleichung beinhaltet die beiden<br />
Parameter E und h des Kelvinmodells.<br />
Die Bestimmung dieser beiden Parameter<br />
erfolgt mit Hilfe der Methode der kleinsten<br />
Fehlerquadrate. Nach dieser Methode wird<br />
das folgende Gleichungssystem aufgestellt:<br />
Es sind die gültigen Werte für einen konkreten<br />
Versuch einzusetzen, so daß das Gleichungssystem<br />
numerisch gelöst werden<br />
Sto§faktor / [g]<br />
<br />
E<br />
<br />
h<br />
[(a mess – a(E, h)) 2 ]<br />
[(a mess – a(E, h)) 2 ]<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0<br />
= (Gl. 7)<br />
0<br />
kann. Die Lösung dieses Gleichungssystemes<br />
ergibt die Werte für E und h, die in das<br />
Kelvinmodell einzusetzen sind. Man kann<br />
dazu auf Programme wie Maple oder Mathematica<br />
zurückgreifen. Als Ergebnis erhält<br />
man eine Funktion, die den Verlauf der<br />
Stauchung des Polsterkörpers während des<br />
gesamten Stoßvorganges beschreibt. Darin<br />
können die gewünschten Werte für die Fallhöhe,<br />
die Gutmasse und die Polsterkörperdimensionen<br />
eingesetzt werden. Aus dem<br />
Funktionsverlauf kann dann einfach das<br />
Maximum der Bremsbeschleunigung bestimmt<br />
werden. Indem nun verschiedene<br />
Werte eingesetzt werden, kann so das Polsterdiagramm<br />
berechnet werden.<br />
Gute Übereinstimmung<br />
Für das gewählte Material wurden Parameter<br />
des Kelvinmodelles numerisch bestimmt<br />
und benutzt, um das Polsterdiagramm zu<br />
berechnen. Abbildung 2 zeigt den Vergleich<br />
von berechnetem und gemessenem Polster-<br />
diagramm. Die Werte stimmen sehr gut<br />
überein, lediglich bei hohen Belastungen fallen<br />
die berechneten Werte zu niedrig aus.<br />
Der Grund liegt in der vereinbarten Vereinfachung,<br />
die Parameter E und h des Kelvinmodelles<br />
seien konstant.<br />
Bei hohen Belastungen jedoch werden<br />
die Polsterkörper beim Aufschlag so stark<br />
gestaucht, daß diese Annahme nicht mehr<br />
gilt. Es muß also ein Materialmodell gefunden<br />
werden, das diesen Effekt berücksichtigt.<br />
Eine Reihe von Möglichkeiten zur<br />
Modifizierung des Materialmodells sind<br />
denkbar. So können beispielsweise die Grö-<br />
500 mm, berechnet 750 mm, berechnet<br />
1250 mm, berechnet 500 mm, gemessen<br />
750 mm, gemessen 1250 mm, gemessen<br />
5 10 15 20 25<br />
Statische FlŠchenbelastung / [kN/m×]<br />
Abbildung 2: Vergleich von berechnetem und gemessenem Polsterdiagramm<br />
ßen h und E als nicht konstant angenommen<br />
werden oder einer linearen Abhängigkeit<br />
unterworfen werden. Desweiteren sind<br />
auch Kombinationen vorhandener Modelle<br />
vorstellbar.<br />
Das Ergebnis zeigt, daß es mit dem vorgestellten<br />
physikalischen Ansatz prinzipiell<br />
möglich ist, Stoßvorgänge, wie sie bei der<br />
Verpackungsprüfung auftreten, zu simulieren.<br />
Es wird damit die Berechnung von interpolierten<br />
Werten möglich und die Anzahl an<br />
Werten, die zur Vervollständigung des Polsterdiagramms<br />
notwendig sind, minimiert.<br />
Dadurch werden der experimentelle Aufwand<br />
und damit die Kosten für die Erstellung<br />
eines Polsterdiagramms auf ein Minimum<br />
reduziert.<br />
Bei der Berechnung ist von Bedeutung,<br />
welches Modell zur Beschreibung des Materialverhaltens<br />
gewählt wird. Ziel weiterer<br />
Untersuchungen muß es daher sein, geeignete<br />
Materialmodelle zu finden, die es erlauben,<br />
die bei hohen Verformungen auftretenden<br />
Effekte möglichst gut zu simulieren.