Verpackungsrundschau 05/97
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Verpackungsrundschau 05/97
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PACKMITTEL<br />
Bier-Zukunft in PET-Flaschen<br />
Eine erste Flaschenblasmaschine der<br />
Sidel-Gruppe aus Le Havre ist seit Dezember<br />
in einer australischen Brauerei<br />
im Einsatz. Das letzte Geschäftsjahr hat<br />
der Weltmarktführer mit stark verminderten<br />
Gewinnen und Umsätzen abgeschlossen,<br />
erwartet für 19<strong>97</strong> aber dank<br />
prall gefüllter Auftragsbücher eine erheblich<br />
positivere Bilanz.<br />
Fest im Visier hat der französische<br />
Spezialist für Flaschenblas- und<br />
Extrudiermaschinen aus der normannischen<br />
Hafenstadt nunmehr auch<br />
den Abfüllmarkt für den auf allen Kontinenten<br />
mehr oder weniger gleich beliebten<br />
schäumenden Gerstensaft. Schon das<br />
Ende Januar veröffentlichte Communiquè<br />
der Gruppe mit den vorläufigen Kennzahlen<br />
für das abgelaufene Geschäftsjahr<br />
schloß mit einem Satz,der die Sidel-Aktionäre<br />
offenbar über das angekündigte magere<br />
Ergebnis hinwegtrösten und ihre Erwartungen<br />
auf die neue, die „goldgelbe“<br />
Zukunft des Unternehmens ausrichten<br />
sollte. Seine verheißungsvolle Botschaft:<br />
Seit Dezember 1996 produziert eine Sidel-<br />
Maschine in Australien 50-cl-Bierflaschen<br />
aus PET; dies bekräftige, daß Bier für die<br />
Gruppe in Zukunft ganz vorn auf der Tagesordnung<br />
stehen werde.<br />
Und bei der Vorlage der endgültigen<br />
Jahreszahlen Mitte März wurde der Vorstandsvorsitzende<br />
Francis Olivier noch<br />
deutlicher.Erste Verbraucherumfragen der<br />
australischen Brauerei Carlton hätten<br />
eine „sehr hohe Akzeptanz“ für das Bier<br />
aus der Kunststoffflasche erbracht. Ihr<br />
Einzug auf breiter Front ins internationale<br />
Brauereigeschäft sei in den kommenden<br />
Jahren nicht mehr aufzuhalten,und der erste<br />
„Großversuch“ in der Richtung werde<br />
aller Wahrscheinlichkeit nach schon sehr<br />
bald von einer amerikanischen Brauerei<br />
unternommen werden.Trotzdem wolle die<br />
Gruppe nicht einfach „wie auf Godot“ darauf<br />
warten, daß der neue Absatzmarkt mit<br />
seinem Riesenpotential irgendwann in<br />
breiterem Maßstab losgetreten werde,<br />
sondern in diesem Jahr eine betont offensive<br />
Strategie verfolgen (Anm.d.Red.: Die<br />
Anspielung auf das Becket-Stück entbehrte<br />
vielleicht nicht eines gewissen Hintersinns,<br />
ist doch jener Godot, wie man weiß,<br />
darin letztlich nie erschienen ...). Dazu gehöre<br />
vor allem eine neue, preiswertere<br />
und konkurrenzfähigere Maschinenpalette,die<br />
Ende dieses Jahres oder Anfang des<br />
nächsten vorgestellt werden soll. Interessant<br />
sei ferner in dem Zusammenhang<br />
das Zukunftspotential, das sich der Firma<br />
Bier in PET in Australien, aber auch in Skandinavien<br />
und in Holland fallen die Vorbehalte gegen<br />
Gerstensaft in Kunststoff Bild: Sidel<br />
im Bereich des PEN als hochqualitativem<br />
Barrierewerkstoff biete. Die entsprechende<br />
Entwicklung, vor allem in Deutschland,<br />
verfolge Sidel sehr aufmerksam, erklärte<br />
Olivier, und kündigte an, daß sich die<br />
Gruppe auch im Bereich der Getränkedosen<br />
diversifizieren werde. Eine erste Maschine<br />
zum Blasen von formgestalteten<br />
Metalldosen hat das Unternehmen inzwischen<br />
schon an Crown Cork & Seal/CarnaudMetalbox<br />
geliefert.<br />
Hoffnungen macht man sich in Le Havre<br />
darauf, aus den gegenwärtig von der<br />
Coca Cola Company durchgeführten Eignungstests<br />
im Dosenbereich als Gewinner<br />
hervorgehen zu können. Schließlich sei<br />
der Minuten-Durchlauf der Sidel-Dosenblasmaschine<br />
mit 1400 bis 2000 Stück<br />
deutlich „höher als bei den Mitbewerbern“.<br />
Grund zu einem optimistischen Ausblick<br />
auf das laufende Geschäftsjahr sieht<br />
der Sidel-Chef schließlich auch darin, daß<br />
bei Trinkmilch die langjährige Dominanz<br />
der Brick-Kartonverpackung offenbar gebrochen<br />
sei und wieder stärker in HDPE-<br />
Kunststoffflaschen abgefüllt werde.<br />
Für 19<strong>97</strong> rechnet Francis Olivier mit einem<br />
um 20 Prozent höheren Gruppenumsatz<br />
und 30 Prozent mehr Gewinn.Der Auftragsbestand<br />
habe Ende Dezember um<br />
23,7 Prozent über dem des Vorjahres gelegen<br />
und ein Volumen von 1,930 Mrd. FF<br />
gehabt. Auf Europa entfielen davon 890<br />
Mio. FF (+41,3%), auf Nord- und Südamerika<br />
insgesamt 580 Mio. (+ 20,8%), auf<br />
Asien, den Mittleren Osten und Afrika 460<br />
Mio. FF (+2,2%). Die zwei im letzten Jahr<br />
hinzugekauften Maschinenhersteller Cermex<br />
(Abpackanlagen) und Rémy (Abfüll-<br />
systeme vor allem für Molkereibedarf)<br />
konnten zum selben Zeitpunkt Aufträge in<br />
Höhe von 155 Mio. FF verbuchen.<br />
Daß der Konzernchef vor der Presse so<br />
viele Gut-Wetter-Zeichen aufzuzählen bemüht<br />
war, erklärt sich in erster Linie daraus,<br />
daß der bisherige Pariser Börsenliebling<br />
Sidel das Publikum im vergangenen<br />
Jahr zum ersten Mal seit seinem 1993<br />
mit Macht angetretenen Gipfelsturm enttäuscht<br />
oder zumindest irritiert hat. Der<br />
Gruppenumsatz ging um 15,8 Prozent auf<br />
3,120 Mrd. FF zurück, der Nettogewinn<br />
verringerte sich gar um 30 Prozent auf<br />
263 Mio. FF. Federn gelassen hat die Gruppe<br />
1996 ausschließlich auf den amerikanischen<br />
Märkten, wo sie Umsatzeinbußen<br />
von mehr als 747 Mio. FF auf <strong>97</strong>7,5 Mio<br />
hinnehmen mußte. Das Europageschäft<br />
verbesserte sich dagegen um 118 Mio. FF<br />
auf 1,285 Mrd. FF. Im Vorjahr hatte Sidel in<br />
Nord- und Südamerika noch 46,2 Prozent<br />
des Gesamtumsatzes erzielt. Die Wertsteigerungsquote<br />
lag Ende letzten Jahres mit<br />
902,8 Mio. FF bei 28,9 Prozent vom Umsatz,<br />
das Betriebsergebnis kam mit 448,9<br />
Mio. FF auf 14,4 Prozent (–2,2%) und das<br />
Nettoresultat sank um 1,7 Prozent auf<br />
8,4 Prozent Umsatzanteil. Das Investitionsvolumen<br />
stieg 1996 von 81,5 Mio. auf<br />
137,4 Mio. FF.<br />
Sollte die eingangs dargestellte Biermarkt-Rechnung<br />
aufgehen, woran ernsthafte<br />
Zweifel kaum angebracht scheinen,<br />
dürfte die Sidel-Gruppe schon bald zu<br />
einem neuerlichen Höhenflug abheben.<br />
Jost Schötmers<br />
16 Verpackungs-Rundschau 5/19<strong>97</strong>