Verpackungsrundschau 05/97
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Zur genauen Auslegung von stoßdämpfenden<br />
Verpackungspolstern wird in der verpackenden<br />
Industrie das sogenannte Polsterdiagramm<br />
herangezogen. Dieses Diagramm<br />
wird üblicherweise unter großem experimentellem<br />
Aufwand erstellt. Durch eine<br />
neue Berechnungsmethode läßt sich dieser<br />
Arbeitsschritt erheblich vereinfachen.<br />
Zum Schutz von Stückgütern aller Art<br />
werden stoßdämpfende Verpackungspolster<br />
eingesetzt. Diese können in ihrer Form an<br />
das zu verpackende Stückgut angepaßt werden,<br />
so daß sich die Form an der Gutoberfläche,<br />
aber auch an den dadurch erreichten<br />
Polstereigenschaften orientiert. Die Abmessungen<br />
der Verpackungspolster, also die<br />
Form, können an erwartete Stoßbelastungen<br />
angepaßt werden. Dabei werden die Gut-<br />
masse, Fallhöhe, Polsterdicke und -fläche,<br />
sowie die beim Stoß auftretende maximale<br />
Bremsbeschleunigung berücksichtigt. In der<br />
verpackenden Industrie ist das Polsterdiagramm<br />
ein wichtiges Hilfsmittel zur Auslegung<br />
von stoßdämpfenden Verpackungspolstern.<br />
Es zeigt die beim Aufprall auftretende<br />
maximale Bremsbeschleunigung in Abhängigkeit<br />
der auf die Polsterfläche bezogenen<br />
Gutmasse. In diesem Diagramm ist eine<br />
Kurvenschar eingetragen, wobei der Scharparameter<br />
das Verhältnis von Fallhöhe zu<br />
Polsterdicke ist. Mit Hilfe des Diagramms<br />
kann auf einfache Weise die für ein Polster<br />
erforderliche Fläche und Dicke bestimmt<br />
Technisch-Wissenschaftliche Beilage · 48 · 19<strong>97</strong> · N°5<br />
BERECHNUNG VON<br />
POLSTERDIAGRAMMEN<br />
Th. Ansorge, K. Nendel; Chemnitz-Zwickau<br />
Abbildung 1: Modellierte Anordnung von Fallmasse und Testkörper<br />
werden, um eine bestimmte maximale Belastung<br />
für ein Gut zuzulassen. Hinweise auf<br />
die genaue Vorgehensweise zur Berechnung<br />
finden sich in [1, 2, 3]. Da das Polsterdiagramm<br />
durch einfache und effektive<br />
Anwendbarkeit ein wichtiges Hilfsmittel<br />
geworden ist, gibt es Versuche, dieses zu<br />
berechnen, statt es experimentell unter großem<br />
Aufwand zu bestimmen. So gibt beispielsweise<br />
Burgess in [4, 5] eine Möglichkeit<br />
an, aus nur einem Stoßabsorptionsversuch<br />
die Werte vieler anderer Versuche zu<br />
ermitteln. Diese Methoden beruhen jedoch<br />
nicht auf einer physikalischen Modellierung<br />
des Stoßvorganges.<br />
Im folgenden Beitrag soll gezeigt werden,<br />
wie das Polsterdiagramm eines Materials<br />
unter Anwendung eines physikalischen<br />
Modells berechnet werden kann. Dieses<br />
Modell verwendet Parameter, die vom jeweiligen<br />
Material abhängig sind und durch<br />
einen Versuch bestimmt werden. Damit<br />
können dann anschließend im Rahmen der<br />
Gültigkeit des Modells beliebige Stoßbelastungen<br />
simuliert werden. Die zur Erstellung<br />
des Polsterdiagramms nötige Anzahl an<br />
Versuchen kann so um eine beträchtliche<br />
Anzahl gesenkt werden.<br />
Aus dem physikalischen<br />
Modell resultiert die Formel<br />
Grundlage für die rechnerische Erstellung<br />
eines Polsterdiagramms ist die Modellierung<br />
des Stoßvorganges. Das Modell wird dann<br />
zur Ermittlung der Materialkennwerte mit<br />
den experimentell gewonnenen Daten eines<br />
Stoßversuches „gefüttert“. Die resultierende<br />
Formel ermöglicht es, jede auftretende Belastung<br />
zu berechnen.<br />
Zunächst soll der Stoßvorgang durch<br />
die in DIN 4651 beschriebene Anordnung<br />
modelliert werden. Es fällt dabei eine Fallmasse<br />
mit ebener Oberfläche aus gegebener<br />
Fallhöhe auf einen quaderförmigen Testkörper<br />
herab. Dabei stellt die Fallmasse das zu<br />
schützende Gut dar und der Testkörper das<br />
Verpackungspolster. Abbildung 1 zeigt die<br />
Anordnung von Fallmasse und Testkörper.<br />
In der Abbildung ist die Bewegungskoordinate<br />
e(t) eingetragen, die die Bewegung des<br />
Fallhammers ab dem Aufschlag bezeichnet.<br />
Es gilt der<br />
Energieerhaltungssatz<br />
Der Ansatz zur Berechnung beruht darauf,<br />
daß während des Stoßvorganges die Summe<br />
aller auftretenden Energien gleich der<br />
Anfangsenergie sein muß:<br />
Ekin + Epot + EForm = E0 (Gl. 1)<br />
Es treten dabei die kinetische Energie Ekin ,<br />
die potentielle Energie Epot und die zur Verformung<br />
des Polsterkörpers notwendige<br />
Energie EForm auf. Gleichung 1 setzt voraus,<br />
daß die Energieänderung während des Stoßes<br />
durch Gleichgewichtszustände verläuft.<br />
Voraussetzung dafür ist, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit<br />
einer Druckstörung<br />
in dem Material (Schallgeschwindigkeit) so<br />
groß ist, daß die Zeitspanne zum Erreichen<br />
eines Gleichgewichtszustandes als klein<br />
gegenüber der Stoßdauer anzusehen ist.<br />
Als Ansatz für die kinetische und potentielle<br />
Energie wird 1/2·m·v2 bzw. m·g·e eingesetzt,<br />
für die Verformungsenergie wird<br />
ºs·e de benutzt. Die Größe s stellt dabei die<br />
im Polster herrschende Druckspannung dar.<br />
Unter Verwendung dieser Ansätze ergibt<br />
sich aus folgender Differentialgleichung:<br />
k2 · ¨ε(t) + k3 · s(t) · k1 = 0 (Gl. 2)<br />
m · l 2<br />
k1 = m·g·l0 k2 = 0 k3 =A0 ·l0 (Gl. 3)<br />
4<br />
in den Konstanten k1 , k2 und k3 sind dabei<br />
die geometrischen Verhältnisse abgebildet.<br />
Es sind darin m die Fallmasse, g die Erdbeschleunigung,<br />
A0 und l0 Fläche und Länge<br />
des Testkörpers. Gleichung 2 stellt die<br />
Energieerhaltungsbedingung für Spannung<br />
und Dehnung dar. Sie ist vom Material<br />
unabhängig und beinhaltet die geometrischen<br />
Verhältnisse des Stoßvorganges. Da<br />
Verpackungs-Rundschau 5/<strong>97</strong><br />
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