Skript zur Topologie 1 - M10
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TOPOLOGIE I 17<br />
Wir werden den Ausschneidungssatz in der folgenden äquivalenten Formulierung<br />
beweisen: Seien A, B ⊂ X Teilmengen, so dass X = int(A) ∪ int(B).<br />
Dann induziert die Inklusion (A, A ∩ B) ↩→ (X, B) Isomorphismen in Homologie.<br />
Die Äquivalenz zum Ausschneidungssatz sieht man wie folgt: Sind<br />
Teilmengen A, B ⊂ X mit X = int(A) ∪ int(B) gegeben, so können wir den<br />
Ausschneidungssatz mit R := B, U := B − A ⊂ R anwenden und erhalten<br />
die gewünschte Aussage für die Inklusion (A, A ∩ B) → (X, B). Sind<br />
umgekehrt R und U wie im Ausschneidungssatz, so betrachten wir die Teilmengen<br />
A := X − U, B := R von X und wenden an, dass die Inklusion<br />
(A, A ∩ B) → (X, B) Isomorphismen in Homologie induziert.<br />
Topologisch beruht der Ausschneidungssatz auf der Tatsache, dass jede<br />
singuläre Kette in X auf systematische Weise durch eine Kette ersetzt werden<br />
kann (durch Verfeinerung von Simplizes), deren Simplizes entweder ganz<br />
in A oder ganz in B liegen. Dabei ist wichtig, dass X sogar vom Innern von<br />
A und von B überdeckt wird.<br />
Dieser Übergang zu ” feinen Ketten“ kann folgendermaßen formalisiert<br />
werden. Es sei X ein topologischer Raum und U := (Ui)i∈I eine Familie<br />
von Teilmengen von X, so dass X = � int(Ui). Wir definieren C U ∗ (X) als<br />
den U-feinen Unterkomplex von C∗(X) der von singulären Simplizes erzeugt<br />
wird, deren Bild ganz in einem Ui liegen (dabei darf i vom jeweiligen Simplex<br />
abhängen). Dass es sich um einen Unterkomplex handelt, ist klar. Wir<br />
erhalten eine offensichtliche Inklusion von Kettenkomplexen<br />
i : C U ∗ (X) → C∗(X) .<br />
Proposition 3.6 (Verfeinerung von Ketten). Die Kettenabbildung i ist eine<br />
Kettenhomotopieäquivalenz. Insbesondere induziert sie Isomorphismen<br />
von Homologiegruppen. Darüberhinaus existieren ein Homotopieinverses ρ :<br />
C∗(X) → C U ∗ (X) und eine Kettenhomotopie D : C∗(X) → C∗+1(X) von<br />
i ◦ ρ nach id C∗(X) mit den folgenden Eigenschaften:<br />
• ρ ◦ i = id C U ∗ (X).<br />
• Für alle i ∈ I gilt: ρ : C∗(X) → C U ∗ (X) und D : C∗(X) → C∗+1(X)<br />
bilden Ketten, die ganz in Ui liegen, wieder auf Ketten ab, die ganz<br />
in Ui liegen.<br />
Bevor wir diese Proposition zeigen, folgern wir den Ausschneidungssatz:<br />
Es seien A, B Teilmengen von X wie in der alternativen Formulierung des<br />
Ausschneidungssatzes. Wir schreiben C∗(A+B) statt C {A,B}<br />
∗ (X) und wählen<br />
i, ρ und D wie in der Proposition. Wir erhalten induzierte Kettenabbildungen<br />
ρ : C∗(X)/C∗(A) → C∗(A+B)/C∗(A) , i : C∗(A+B)/C∗(A) → C∗(X)/C∗(A)<br />
mit ρ ◦ i = id und i ◦ ρ � id vermöge der induzierten Kettenhomotopie<br />
D : C∗(X)/C∗(A) → C∗+1(X)/C∗+1(A), .<br />
Für die Existenz dieser Abbildungen benutzen wir, dass die (ursprünglichen)<br />
Abbildungen i, ρ und D Simplizes in A wieder auf Simplizes in A abbilden.