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Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

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Inhalt Editorial Schwerpunkt Perspektiven Tagungen Rezensionen Impressum<br />

106 |<br />

Studierende*<br />

Doktoranden*<br />

Journalistenschüler<br />

13<br />

8<br />

niedrig<br />

25 23<br />

mittel<br />

15<br />

24<br />

18<br />

gehoben<br />

Abb.2: Herkunftsgruppen im Vergleich (* nach Isserstedt<br />

et al. 2007)<br />

17<br />

38<br />

51<br />

hoch<br />

Interessant ist auch der Blick auf die akademische Herkunft<br />

der Schüler: Während 51% der Studierenden mindestens<br />

einen Elternteil mit Hochschulabschluss haben<br />

(Isserstedt et al. 2007), sind es bei Journalistenschülern<br />

71%. Unter das Stichwort »kulturelles Kapital« fallen<br />

auch die hohen Promotions- und Habilitationszahlen:<br />

Bei 21% der Väter und bei 9% der Mütter von Journalistenschülern<br />

ist die Promotion, bei 9% der Väter die Habilitation<br />

der höchste akademische Grad.<br />

Unter den Berufen der Eltern sind Journalisten mit 4%<br />

bei den Müttern und 4% bei den Vätern nur marginal vertreten,<br />

auch hier gilt also: »Die Selbstrekrutierung ist […]<br />

gering« (Weischenberg, Malik, Scholl 2006, S. 70).<br />

Unter den Berufen der Väter sind allerdings beispielsweise<br />

Ärzte (21%), sonstige Selbstständige (16%), sonstige<br />

Freiberufler (11%) sowie Lehrer (11%) stark vertreten.<br />

Bei den Müttern dominieren die Berufe Hausfrau (21%),<br />

Lehrerin (18%) sowie medizinisches Personal (13%). Insgesamt<br />

zeigt die bisherige statistische Auswertung: Journalistenschüler<br />

stammen in der Regel aus akademischen<br />

Elternhäusern, in denen bürgerlichen Berufen, oft in<br />

Kombination mit klassischer geschlechtlicher Rollenverteilung,<br />

nachgegangen wurde. Dieser Datensatz legt die<br />

Notwendigkeit einer speziellen schichtspezifischen Passung<br />

der Bewerber nahe.<br />

68<br />

Persönlichkeitsselektion und habituelle Passung<br />

Die soziale Zusammensetzung der Journalistenschüler<br />

zeigt ein klares Bild: Sie rekrutieren sich zu 68% aus der<br />

höchsten gemessenen Herkunftsgruppe. Die Antwort auf<br />

die Frage, vermittels welcher Mechanismen diese soziale<br />

Asymmetrie in den Journalistenschulen verursacht wird,<br />

steht jedoch noch aus. Der Zusammenhang zwischen<br />

der sozialen Herkunft auf der einen und den schulischen<br />

Auswahlmechanismen auf der anderen Seite ergibt sich<br />

aus der Beobachtung des Bewerbungsprozesses in den<br />

Journalistenschulen. Neben formalen Anforderungen an<br />

den Bewerber *, muss der Bewerber bei allen drei Schulen<br />

vor eine Kommission treten, die ein Auswahlgespräch<br />

mit ihm führt. Mit den Worten »Da geht’s um Persönlichkeit.«,<br />

beschreibt Schulleiter 1 zusammenfassend die<br />

Funktion dieses Gespräches: Während Wissensüberprüfung<br />

im Hintergrund steht, geht es darum, die persönliche<br />

Passung zu erfassen.<br />

Bourdieu verweist immer wieder auf die Gefahren<br />

des persönlichen Auswahlgespräches: Unter anderem<br />

am Beispiel des französischen concours verdeutlicht er<br />

die Umdeklarierung habituell unpassender Persönlichkeitsmerkmale<br />

zu Leistungsdefiziten in schulischen und<br />

universitären Selektionsprozessen (Bourdieu 1971, 1982,<br />

1988).<br />

Um den Nachweis zu erbringen, dass die Begünstigung<br />

des Nachwuchses aus der hohen Herkunftsgruppe über<br />

die Persönlichkeitsprüfung im Auswahlgespräch entsteht,<br />

wurden die Leitfadeninterviews mit den drei Schulleitern<br />

hinsichtlich der gewünschten Persönlichkeitsmerkmale<br />

analysiert. Dabei ergaben sich fünf einen erfolgreichen<br />

Kandidaten auszeichnende Merkmale. Es sind dies die<br />

Merkmale Adaptionsfähigkeit und Flexibilität, ein Vertrauen<br />

erweckendes Wesen, ein breites Wissen zur Medienagenda,<br />

eine bescheidene Selbsteinschätzung sowie<br />

Sprachgefühl und Gesprächsführungskompetenz.<br />

Das Merkmal Adaptionsfähigkeit und Flexibilität erfordert<br />

von den Journalisten zunächst, sich jederzeit<br />

auf neue Situationen und Gesprächspartner einstellen<br />

zu können, »weil man eben am Morgen noch nicht<br />

weiß, was auf einen wartet« (Schulleiter 3). Idealerweise<br />

ist ein Journalistenschüler in der Lage, sich habituell an<br />

seine Gesprächspartner anzupassen, sie gewissermaßen<br />

zu spiegeln. Im Kontext dieser Fähigkeit wurde auf begleitende<br />

Fähigkeiten wie ein angemessenes Repertoire<br />

an Höflichkeitsformen und Kenntnis der am jeweiligen<br />

Ort des Auftrages herrschenden Kleiderregeln verwiesen.<br />

Diese Fähigkeit sich anpassen sowie Situationen<br />

und Menschen einschätzen zu können, hängt unmittelbar<br />

mit dem zweiten gewünschten Merkmal zusammen:<br />

einem einnehmenden und Vertrauen erweckenden Wesen.<br />

Der Journalismus ist wie wenige andere Berufe auf<br />

Vertrauen angewiesen (Kohring 2004), vor allem auf

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