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Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

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Barbara Thomaß _ Ethik der Kommunikationsberufe Journalismus, PR und Werbung – Bilanz und Herausforderungen<br />

11 |<br />

Zunächst und zumindest müsste eine kontextbewusste<br />

Berufsethik sich in einer Ausweitung organisatorischer<br />

Elemente zu Verankerung der Berufsethik niederschlagen.<br />

Wenn man sich in dieser Hinsicht auf die Suche macht,<br />

fällt vor allem die Zunahme von Organisationen und Zusammenschlüssen<br />

auf, die sich der Verankerung journalistischer<br />

Ethik im Berufsalltag und ihrer Förderung gewidmet<br />

haben. Auch wenn die Namen oft auf andere Inhalte<br />

verweisen – Qualität, journalistische Praktiken etc. – so<br />

sind diese Initiativen doch als Antwort auf den gestiegenen<br />

Ethikbedarf zu interpretieren:<br />

Ich beginne einmal ganz selbstbewusst mit dem Netzwerk<br />

Medienethik, das sich den Brückenschlag von der<br />

wissenschaftlichen Analyse zur Berufspraxis gesetzt hat<br />

– gegründet 1997, und später entstand daraus die Fachgruppe<br />

Kommunikations- und Medienethik der Deutschen<br />

Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft<br />

(DGPUK).<br />

Seit 2001 existieren die Initiative Qualität und das Netzwerk<br />

Recherche. Ersteres besticht vor allem durch die Zahl<br />

und Qualität seiner Mitglieder – oder enttäuscht durch<br />

jene, die fehlen.<br />

2003 hat die Akademie für Publizistik den Ethikrat eingerichtet,<br />

innerhalb dessen sich Praktiker und Wissenschaftler<br />

mit Fragen der Berufsethik auseinandersetzen.<br />

2004 wurde der Verein zur Förderung der publizistischen<br />

Selbstkontrolle gegründet.<br />

Auch die Internationalisierung des Faches bzw. die Beschäftigung<br />

mit berufsethischen Fragen auf internationaler<br />

Ebene lassen sich beobachten.<br />

1999 wurde ein Zusammenschluss der Unabhängigen<br />

Presseräte gegründet, die Alliance of Independent Press<br />

Councils of Europe, sowie die Initiative der International<br />

Journalism Federation – genannt Global Ethical Journalism<br />

Initiative des IFJ Quality Media for Diversity and<br />

Pluralism.<br />

Und auch eine Tagung 2008 in Wien zum Thema »Europäische<br />

Öffentlichkeit und journalistische Verantwortung«<br />

kennzeichnet dieses Bemühen, journalistisch-ethische<br />

Fragen in einem weiteren Kontext zu behandeln.<br />

Wie sahen die Themen des Netzwerkes Medienethik über<br />

die Jahre aus, das sich ja einst mit der Gründung zum<br />

Ziel gesetzt hatte, die Brücke zwischen Theorie und Praxis<br />

zu schlagen?<br />

2009 Web 2.0. Neue Kommunikations- und Interaktionsformen<br />

als Herausforderung der<br />

Medienethik<br />

2008 Ethische und normative Dimensionen der politischen<br />

Kommunikation<br />

2007 Europäische Medienethiken<br />

2006 Bildethik<br />

2005 Mediale Praxis und Medienethik. Medienethik<br />

aus der Sicht von Medienpraktikern und Theoretikern<br />

– Das »Anwendungs- oder Umsetzungsproblem«<br />

der Medienethik<br />

2004 Die Behandlung globale Konflikte in den<br />

Medien<br />

2003 Medienethik in der Aus- und Fortbildung von<br />

Medienberufen<br />

2002 Begründungen und Argumentationen der<br />

Medienethik<br />

Die reichhaltige Themenpalette zeigt: Es wurde viel geleistet.<br />

Doch Selbstkritik ist auch angebracht: Der Brückenschlag<br />

zur Medienpraxis, gemessen an den Teilnehmern,<br />

ist nicht so gelungen, wie dies gewollt war.<br />

Welche Hinweise geben nun aktuelle Fälle von Verstößen,<br />

auf die Hauptprobleme und -konfliktlinien? Denn<br />

auch die sagen etwas über den Zustand der journalistischen<br />

Ethik aus. Die Themen, mit denen sich journalistische<br />

Ethik beschäftigt hat und beschäftigen muss, haben<br />

sich deutlich geändert. Auch wenn der Karikaturenstreit<br />

als ein kurzlebiges Thema erscheinen mag – er hat ein<br />

sehr grundsätzliches Thema der Ethik öffentlicher Kommunikation<br />

deutlich gemacht: Der kulturelle Rahmen,<br />

innerhalb dessen Werturteile über das noch oder nicht<br />

mehr Akzeptierte zu treffen ist, hat sich erweitert. Journalismus<br />

wird zwar für ein territorial begrenztes Publikum<br />

produziert – potenziell liest, sieht oder hört die<br />

ganze Welt mit. Entstehungs- und Verbreitungsgebiet<br />

von Medien sind längst nicht mehr identisch, nationale<br />

Grenzen keine Hürden mehr für die Zirkulation<br />

von Inhalten, Verlage und Eigentümer operieren längst<br />

transnational. Durch das Internet finden auch Ethikverstöße<br />

oder schlichte Falschmeldungen rasende Verbreitung<br />

– anders als national ausgesprochene Rügen für die<br />

Journalisten. Das zu berücksichtigen erfordert ganz neue<br />

ethische Entscheidungsprozesse.<br />

Die Schleichwerbung als massiv gewordene Unterhöhlung<br />

journalistischer, überhaupt von Medienunabhängigkeit<br />

habe ich bereits erwähnt.

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