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Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

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Matthias Rath _ Vom Flaschenhals zum Aufmerksamkeitsmanagement<br />

21 |<br />

zur Gestaltung, Austausch und Kommunikation medialer<br />

und nicht medialer Themen.<br />

Diese aktive Erweiterung der Handlungsformen des<br />

Nutzers hat Axel Bruns (2006; 2009a) durch die Portmanteaus<br />

Produsage bzw. Produtzung für den Prozess der<br />

Produktion medialer Inhalte durch einen Nutzer sowie<br />

Produser bzw. Produtzer für diese nicht-professionellen,<br />

produzierenden Nutzer selbst bezeichnet.<br />

»Produtzung läßt sich daher also allgemein als eine Form<br />

der kollaborativen Inhaltserschaffung definieren, die von<br />

den Nutzern, die als Produtzer auftreten, gesteuert wird,<br />

oder an der diese zumindest entscheidend beteiligt sind<br />

– wo, in anderen Worten, Benutzer als hybride Nutzer/<br />

Produzenten, oder Produtzer, praktisch überall im Inhaltserschaffungsprozeß<br />

teilnehmen.« (Bruns 2009b, 3)<br />

Die Rollenverteilung zwischen Produzent, Distributor<br />

und Rezipient löst sich demnach auf, verschmilzt im<br />

nicht professionellen Produtzer. Unproblematisch scheint<br />

diese Entwicklung, die natürlich auf eine grundlegend<br />

kundenorientierte Technologie auf- und offene Netze<br />

voraussetzt, in dem Bereich, den Habermas (1990, 89)<br />

»Kulturgütermarkt« nennt. Hier, im quasi »lokalen«, privaten<br />

Kontext (der im Netz natürlich ort-los geworden<br />

ist – und daher in bestimmten Konkretionen, z. B. dem<br />

»virtuellen Ortsverein« der SPD, pittoresk wirkt) sind<br />

mehr oder weniger gelungene Symbolproduktionen für<br />

die gesamt-gesellschaftliche, öffentliche Kommunikation<br />

der res publica irrelevant. Wie stellt sich das aber im<br />

Prozess der öffentlichen Kommunikation über politische<br />

Sachverhalte dar?<br />

Nutzung<br />

Produtzung<br />

Am partizipativen Netz sind Bürger, professionelle Journalisten<br />

und eine Reihe von Interessenträgern beteiligt,<br />

nicht nur rezeptiv, sondern auch produktiv. Diese gemeinsame<br />

Arbeit am Netz entwickelt, ebenso wie im klassischen<br />

Fall des Journalismus als Flaschenhals, ein Bild des<br />

politischen Prozesses, doch dieses ist nicht mehr, professionell<br />

selegiert und gewichtet, öffentliche Meinung<br />

(idealtypisch ein Singular), sondern zersplittert in die<br />

pluralen Meinungen der jeweiligen Produtzer. In seiner<br />

Revision des Strukturwandels der Öffentlichkeit von 1990<br />

weist Habermas bereits auf solche Entwicklungen<br />

Produtzung<br />

Partizipatives netz »many to many«<br />

Nutzung<br />

hin und benennt sie treffend als Formen einer »nicht-organisierten<br />

Öffentlichkeit« (Habermas 1990, 43).<br />

Diese Entwicklung ist dynamisch. Nach einer aktuellen<br />

Jugend-Studie des us-amerikanischen Pew Research Centers<br />

in Washington von <strong>2010</strong> nutzen 38 % der 12 – 17jährigen<br />

Share-Plattformen und 21% produzieren selbst<br />

konvergent (Lenhart u. a. <strong>2010</strong>, 23). Und diese Do it<br />

yoursself-Medialität hat weitreichende Folgen für die<br />

professionellen Medien.<br />

Die Anzahl der bei Zeitungen beschäftigten Mitarbeiter<br />

in den USA ist z. B. nach Angaben von Market Watch,<br />

einem Onlinedienst des Wall Street Journal Digital Network,<br />

nach einem Höhepunkt 1990 im Jahr 2009 wieder<br />

Bürger »Stakeholder«:<br />

PoliterInnen, Spin Doctors, Unternehmen, NGOs<br />

Politik<br />

Produtzung<br />

Produtzung<br />

auf den Beschäftigungsstand von 1950 zurückgefallen.<br />

Speziell für journalistische Arbeitsplätze wird dieser<br />

Schwund auch noch weitergehen, das Bureau of Labor<br />

(<strong>2010</strong>) der USA prognostiziert ab 2008 bis 2018 einen<br />

Stellenverlust von 22,7 %.<br />

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