Komplette Ausgabe 2010 - synpannier
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Christian Schicha _ Ethische Grundlagen der Verantwortungskommunikation<br />
163 |<br />
angewandten Ethik im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis. Daran anknüpfend<br />
wird das normative Feld der Verantwortung skizziert. Hierbei richtet sich der Blick unter<br />
anderem auf das Verständnis, die Akteure, die Reichweite sowie die Bezugsebenen ethischer<br />
Verantwortung, bevor die Konzeption einer Verantwortungsethik in Anlehnung an<br />
Hans Jonas skizziert wird. Der Titel seines Buches »Das Prinzip Verantwortung« aus<br />
dem Jahr 1979 dient bis heute als Leitbild ökomischen Handelns. Auf dieser Grundlage<br />
widmet sich dieser Aufsatz schließlich den Aufgaben der Unternehmenskommunikation<br />
aus einer verantwortungsethischen Perspektive, bevor abschließende Vorschläge für die<br />
weitere Forschungstätigkeit im Hinblick auf eine Verantwortungskommunikation aufgezeigt<br />
werden.<br />
Grundlagen der angewandten Ethik<br />
Ethik gilt als der wissenschaftliche Terminus für das moralische und sittliche Handeln,<br />
wobei Ethik und Moralphilosophie synonym gebraucht werden. Das ethische Instrumentarium<br />
auf Basis philosophischer Theoriemodelle wird eingesetzt, wenn ein moralisches<br />
Dilemma auftritt und normative Fragen des richtigen Tuns oder Unterlassens zu entscheiden<br />
sind. Moralische Ansprüche können eine Einschränkung menschlicher Bedürfnisse<br />
zur Folge haben, da Respekt und Rücksicht gegenüber den Mitmenschen durchaus<br />
einen Verzicht bedeuten können, egoistische Motive auszuleben. Die Ethik reflektiert<br />
ihre Formen und Prinzipien ohne Berufung auf politische und religiöse Aussagen oder<br />
in Bezug auf althergebrachte Gewohnheiten. Moralische Aussagen sind grundsätzlich<br />
begründungsbedürftig. Dabei sollte die Bildung und Begründung eines Urteils in einem<br />
emotionslosen Zustand erfolgen. Das Urteil muss begrifflich klar formuliert werden und<br />
es sollte Kenntnis über alle relevanten Umstände für die Bildung des Urteils vorhanden<br />
sein. Grundsätzlich gilt für ethische Urteile das Prinzip der Allgemeingültigkeit und Unabhängigkeit.<br />
Sie sind kategorisch und bewerten Handlungen unabhängig davon, inwiefern<br />
diese den Zwecken oder Interessen der Akteure entsprechen (vgl. Schicha <strong>2010</strong>).<br />
Insgesamt lassen sich Birnbacher (2003: 43) zufolge vier gesellschaftliche Funktionen<br />
der Moral voneinander unterscheiden:<br />
a) Verhaltensorientierung und Erwartungssicherheit: Moralische »Selbstverständlichkeiten«<br />
sorgen dafür dass der einzelne sich im Alltag gewohnheitsmäßig an<br />
bestimmten Normen orientiert und andere dies in ihre Verhaltenserwartungen<br />
aufnehmen.<br />
b) Soziales Vertrauen und Angstminderung: Moralische Normen setzen Übergriffen<br />
anderer Grenzen und mindern die Angst vor Aggressivität und Übervorteilung.<br />
c) Ermöglichung gewaltloser Konfliktbewältigung: Moralische Normen erlauben es,<br />
Interessen und Normkonflikte nach Regeln statt nach dem »Gesetz des Stärkeren«<br />
zu lösen.<br />
d) Schaffung von Kooperationen: Moralische Normen schaffen Vertrauen in die Verlässlichkeit<br />
von Versprechen und Verträgen und schaffen die Grundlage für längerfristige<br />
Kooperationen zum wechselseitigen Vorteil.<br />
Um die Differenz zwischen hohen moralischen Ansprüchen und den menschlichen Unvollkommenheiten<br />
und Sachzwängen zu überbrücken, trifft Birnbacher (1988) die Unterscheidung<br />
zwischen idealen Normen und Praxisnormen. Praxisnormen verhalten