Komplette Ausgabe 2010 - synpannier
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66 |<br />
Olympiaberichterstattung bei Eurosport, dem DSF und<br />
im ZDF. Ein Hinweis darauf, dass dies eine »Dauerwerbesendung«<br />
ist, gab es nicht.<br />
Ein weiteres Phänomen im Bereich Beschaffungsmanagement<br />
ist das sogenannte Bartering oder Programming.<br />
Hier tauscht ein Produktionsunternehmen zahlungsfrei<br />
ein von ihm produziertes Programm gegen einen von einem<br />
Rundfunkveranstalter zur Verfügung gestellten Sendeplatz.<br />
Der TV-Sender gilt somit nur noch als Plattform.<br />
Solch ein Einkauf/Produktion fand mitunter bei der<br />
Triathlon-Veranstaltung Ironman Frankfurt im Jahr 2009<br />
statt: der Veranstalter übernahm Produktionskosten; DSF<br />
stellte die Plattform. Ein weiteres Beispiel lieferte die<br />
Übertragung des Leichtathletik-Festes Askina in Kassel,<br />
dort trat der Hessische Rundfunk mit dem Veranstalter<br />
in Kontakt. Verhandlungsgegenstand: Der Veranstalter<br />
sollte die Bilder auf eigene Kosten bei einer TV-Firma<br />
in Ludwigshafen produzieren lassen und dann dem<br />
HR kostenlos zur Verfügung stellen. Für viele mediale<br />
Randsportarten ist eine Eigenproduktion nahezu Voraussetzung<br />
geworden, um im Fernsehen thematisiert zu<br />
werden. Sportredaktionen sparen somit Kosten ein, um<br />
andere lukrative Sportrechte zu finanzieren. Die Befürchtung<br />
ist dabei nicht unangebracht, dass es zu einer redaktionellen<br />
und inhaltlichen Beeinflussung des Programms<br />
durch Werbung und Werbetreibende kommt.<br />
C. Produktionsmanagement<br />
Eine Vermengung von Werbung und Programm im Bereich<br />
Produktionsmanagement ist bereits generell durch<br />
sogenannte Naming-Rights von Stadien/Ligen sowie Interviews<br />
vor Sponsorenwänden, Trikot- und Bandenwerbung<br />
und Splitscreening bei Sportübertragungen gegeben.<br />
Hierüber hinaus lassen sich weitere durchaus vermeidbare<br />
Vermengungen von Werbung und Programm beobachten.<br />
So verpflichteten sich die Öffentlich-Rechtlichen<br />
beim Olympia-Rechteerwerb 2008, »ihr Mögliches zu<br />
tun«, um olympisches »Werbe- und Informationsmaterial«<br />
zu senden. Dabei handelte es sich um Sportberichte<br />
über die olympische Bewegung sowie um eine »repräsentative<br />
Auswahl« von Berichten über das kulturelle Rahmenprogramm<br />
(vgl. Schraven 2008).<br />
Eingesetzt werden auch sogenannte Themen- und<br />
Musik placements. Hier gab es in den vergangenen Jahren<br />
mehrere DJV-Rügen. In diesem Zuge ist auch der<br />
Einsatz virtueller Werbung zu benennen. Gemäß § 7 Abs.<br />
6 des Rundfunkstaatsvertrags ist virtuelle Werbung nur<br />
zulässig, wenn am Anfang und am Ende der Sendung<br />
darauf hingewiesen wurde und/oder ein Moderator einen<br />
entsprechenden Hinweis gegeben hat. Solche Programmhinweise<br />
sind trotz des Einsatzes virtueller Werbung in<br />
der Sportberichterstattung kaum zu finden.<br />
D. Absatzmanagement<br />
Beobachtungen im Bereich Absatzmarketing lassen die<br />
Aussage zu, dass die TV-Sportberichterstattung in vielerlei<br />
Hinsicht verschiedenen Unternehmen dienlich ist,<br />
Kommunikationspolitik zu betreiben. In vielen Sportarten<br />
werden Sportregisseure/Kameramänner angewiesen,<br />
ihre Bilder so zu produzieren, dass Werbeeinblendezeiten<br />
garantiert sind. Es werden hierbei Regieleitfäden ausgegeben,<br />
die genau beachtet werden müssen.<br />
In der Formel 1 hat dies mitunter dazu geführt, dass<br />
vor allem Cockpit-Kameras eingesetzt werden, da hier<br />
die Sponsoren-Sichtbarkeit scheinbar nahezu optimal<br />
ist. Seitens des Veranstalters wurde festgesetzt, dass jeder<br />
Rennstall in den Boliden-Cockpits eine Kamera installieren<br />
muss (vgl. Abb. 3).<br />
Abbildung 3: Cockpit-Kameraperspektive mit<br />
Sponsoren-Sichtbarkeit; Quelle: Privat<br />
Die beschriebenen Maßnahmen in den Bereichen Strategisches<br />
Management, Beschaffungsmanagement, Produktions-<br />
und Absatzmanagement zeigen auf, dass<br />
programmintegrierte Werbung im TV-Management in<br />
allen vier Bereichen eingesetzt wird. Aus medienrechtlicher<br />
Sicht ist dies bereits höchst problematisch. Dies<br />
wird umso klarer, wenn man sich noch einmal vor Augen<br />
führt, was die rechtlichen Bestimmungen hinsichtlich<br />
werblichen und programmlichen Anteils sind. Gesetzlich<br />
festgeschrieben ist: »Die für die Fernsehwerbung in<br />
Deutschland geltenden Rechtformen fordern eine strikte<br />
Trennung von Werbung und Programm und eine Kennzeichnungspflicht<br />
der Werbung. Beide Bestimmungen<br />
sollen verhindern, daß das Fernsehprogramm für den<br />
Zuschauer zu einem nicht mehr zu entwirrenden Konglomerat<br />
aus Werbung und redaktionellem Angebot verschmilzt«<br />
(Volpers/Herkströter/Schnier 1998: 53).<br />
Die meisten Maßnahmen sind von den Zuschauern mit<br />
hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erkennen. Der Rezipient<br />
ist somit keine klare Trennung zwischen Werbung<br />
und Programm mehr möglich.