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Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

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Barbara Thomaß _ Ethik der Kommunikationsberufe Journalismus, PR und Werbung – Bilanz und Herausforderungen<br />

15 |<br />

Herausforderungen der Ethik der<br />

Kommunikationsberufe<br />

Eine Herausforderung der Ethik der Kommunikationsberufe<br />

ist, dass es sie überhaupt gibt und sie weiterhin<br />

besteht, weil dies bedeutet, dass Menschen den Beruf<br />

ausüben, die von den Funktionen (und auch Grenzen)<br />

öffentlicher Kommunikation wissen und Maßstäbe haben,<br />

nach denen sie ihr Tun ausrichten – oder dass sie<br />

zumindest damit konfrontiert werden.<br />

Es ist eine Herausforderung, dass die Ethik der Kommunikationsberufe<br />

in einem medientechnologisch sich<br />

rasant wandelnden Umfeld zwischen Funktionen und<br />

Bedingungen Antworten zu geben weiß, die den Berufstätigen<br />

Orientierung geben möge. Hier bieten die weiteren<br />

Beiträge in dieser <strong>Ausgabe</strong> viele Anregungen.<br />

Damit Medienethik Wirkung entfalten kann, muss immer<br />

wieder der Raum für eben solche Diskurse offenhalten<br />

werden, damit sie die Herausforderungen annehmen<br />

kann und nicht verzagt, Ansprüche zu formulieren und<br />

einzufordern.<br />

Medienethik muss die Balance zwischen einem hohen<br />

Anspruchsniveau und berufsrelevantem Realitätsbezug<br />

halten, damit sie gesprächsfähig bleiben kann. Sie muss<br />

Beiträge zur öffentlichen Kommunikation liefern, die<br />

den Lebensbedingungen der Gesellschaftsmitglieder gerecht<br />

wird, und dazu gehört nicht zuletzt die kulturelle<br />

und Wertevielfalt von Einwanderungsgesellschaften,<br />

die auf die Notwendigkeit einer Vielfaltsethik verweist<br />

(Thomass 2005).<br />

Zur Weiterentwicklung der Ethik der Kommunikationsberufe<br />

halte ich eine Aufnahme der Governance-<br />

Diskussion für besonders notwendig und geeignet. Wenn<br />

die Erkenntnis mittlerweile Konsens ist, dass die Verantwortung<br />

keinesfalls allein auf den Schultern der Individuen<br />

lastet, dass die einzelnen Ebenen innerhalb des<br />

Mediensystems – von der Redaktion, bzw. PR-Agentur,<br />

Werbeagentur, über das gesamte Medienunternehmen<br />

hin zu Medienmärkten und Medienpolitik bei der Entwicklung<br />

einer verantwortlichen Kommunikationsethik<br />

in die Pflicht zu nehmen ist, dann muss diese Integration<br />

auch in medienethischen Überlegungen und Konzeptentwicklungen<br />

sichtbar werden.<br />

Media governance ist als Konzept in der Kommunikationswissenschaft<br />

angekommen und beinhaltet sowohl<br />

die Organisationsebene, das einzelne Medienunternehmen,<br />

als auch die Regulierung der gesellschaftlichen<br />

Dimension, wenn die Gestaltung von Medienpolitik zur<br />

Sicherung und Förderung der Leistungen von Medienunternehmen<br />

für gesellschaftliche Funktionszusammenhänge<br />

im Fokus stehen (u. a. Donges 2007, Trappel et<br />

al 2002: 131).<br />

Auch wenn Ethik für den Erfolg oder Nichterfolg ihrer<br />

(theoretischen) Bemühungen nicht verantwortlich zu<br />

machen ist, so ist doch an sie die Frage zu stellen, inwieweit<br />

sie als Steuerungsressource Wirkmächtigkeit zu<br />

entfalten in der Lage ist. Diesen Bezug zu praktischen<br />

Handlungen stellt Medienethik auch insofern her, dass<br />

sie bei der Frage nach den Adressaten ethischer Reflexion<br />

die Frage nach der Verantwortung aufwirft. Wer<br />

hat in welchem Rahmen dafür Sorge zu tragen, dass die<br />

als erwünscht betrachteten Ziele auch praktisch angestrebt<br />

werden? Betrachtungen im Rahmen der Media<br />

Governance sind von entgegen gesetzter Denkrichtung<br />

zur Frage der Verantwortung gestoßen: Auf der Suche<br />

nach effizienten Regelungsstrukturen für Probleme, die<br />

innerhalb bisheriger Ordnungspolitik bisher nicht zu lösen<br />

waren, fragt sie danach, wer für die Probleme verantwortlich<br />

zu machen und damit in Lösungsprozesse mit<br />

einzubeziehen ist (vgl. Thomass 2007).<br />

Medienethik stößt an ihre Grenzen, wenn es darum<br />

geht, Handlungsvorschläge zu formulieren, die Implementierung<br />

und Wahrung ethischer Standards in den<br />

Medien befördern soll. Medienethik als Rahmen für die<br />

Ethik der Kommunikationsberuf erhält erst praktischgesellschaftliche<br />

Relevanz erhält, wenn ihre Erkenntnisse<br />

an Überlegungen zu Gestaltungsfragen der Medienlandschaft<br />

auf allen Ebenen Anschluss finden. Sie liefert dafür<br />

prinzipielle Erwägungen, die von der Media Govenance<br />

in ihren praktischen Konsequenzen ausdifferenziert und<br />

ausformuliert werden müssen. Um Medienethik umzusetzen,<br />

bedarf es Strukturen, die durch Governance beschrieben,<br />

bzw. bereitgestellt werden. Medienethik verweist<br />

geradezu auf die Notwendigkeit solcher Strukturen,<br />

ohne dass diese zu ihrem eigenen Gegenstandsbereich<br />

gehören.<br />

Governance-Strukturen umgekehrt sind entleert, wenn<br />

sie nicht auf belastbare Normen und ihre konsentierte<br />

Fundierung zurückgeführt werden können. Diese liefert<br />

die Medienethik. Medienethik ist somit das normative<br />

Fundament von Media Governance. Medienethik – dies<br />

ist die letzte Herausforderung, die ich nennen will – und<br />

Media Governance müssen gemeinsam weiterentwickelt<br />

werden.

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