Komplette Ausgabe 2010 - synpannier
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32 |<br />
Befunde<br />
Die öffentliche Reputation des Journalismus<br />
Wertschätzung und Vertrauen wurden im Vergleich mit<br />
anderen klassischen Berufsgruppen erhoben. Dabei wurden<br />
Professionen berücksichtigt, denen eine ähnliche gesellschaftliche<br />
Relevanz (wie Professoren, Politiker, Pfarrer,<br />
Rechtsanwälte) unterstellt werden konnte oder die<br />
andere Kommunikationsberufe sind (wie Pressesprecher,<br />
Meinungsforscher, Werbefachleute).<br />
Der Journalismus wird von den Bürgern als wichtiger,<br />
aber wenig vertrauenswürdiger Beruf beschrieben. 61<br />
Prozent der Deutschen geben an, Journalisten eher zu<br />
schätzen, womit die öffentliche Wertschätzung des Journalismus<br />
weit unter jener klassischer Professionen liegt,<br />
deren Reputation ebenfalls gemessen wurde (90 Prozent<br />
schätzen den Arztberuf, 82 Prozent Professoren und 80<br />
Prozent Lehrer). Meinungsforscher (56 Prozent), Pressesprecher<br />
(44 Prozent), Werbefachleute (36 Prozent) und<br />
Politiker (28 Prozent) schätzen die Deutschen zum Teil<br />
deutlich weniger als Journalisten.<br />
Lediglich 35 Prozent der Bürger sagen, dass sie Journalisten<br />
auch eher vertrauen. Hier fällt der Journalismus<br />
gegenüber anderen Berufen weiter zurück. Ärzte (79<br />
Prozent), Professoren (73 Prozent), Lehrer (69 Prozent),<br />
Pfarrer (68 Prozent) und Rechtsanwälte (54 Prozent) gehören<br />
unter den abgefragten Berufen nicht nur zu den<br />
meistgeschätzten, sondern im Urteil der Deutschen auch<br />
zu den vertrauenswürdigsten Professionen. Mit 50 Prozent<br />
wird sogar den Meinungsforschern spürbar mehr<br />
Vertrauen entgegengebracht als den Journalisten. Pressesprecher<br />
(23 Prozent), Werbefachleute (13 Prozent) und<br />
Politiker (acht Prozent) wiederum bilden die Schlusslichter<br />
dieser Rangliste.<br />
Beim Vertrauen in den Journalismus liegt ein linearer<br />
Bildungseffekt vor: Je formal gebildeter die Deutschen<br />
sind, desto stärker vertrauen sie Journalisten. Zwischen<br />
Alter und Vertrauen gibt es keine lineare Beziehung:<br />
Es sind vor allem die 18- bis 24-Jährigen und die über<br />
60-Jährigen, die Journalisten eher nicht vertrauen.<br />
Die Wertschätzung für einen Beruf hebt vor allem auf<br />
die gesellschaftliche Relevanz, die Journalismus öffentlich<br />
zuerkannt wird, und das Ansehen ab, das Journalisten<br />
allgemein genießen. Sie ist damit eher an die normativen<br />
Erwartungen der Bürger an Journalismus gebunden. Das<br />
Urteil, ob Journalisten vertrauenswürdig sind oder nicht,<br />
beruht hingegen auf den persönlichen Erfahrungen, die<br />
die Bürger mit Journalismus machen, vor allem aber auf<br />
einer allgemeinen Wahrnehmung und Bewertung der<br />
Praxis.<br />
Alle abgefragten Berufsgruppen – außer dem Pfarrersberuf<br />
– werden mehr geschätzt, als dass ihnen vertraut<br />
wird. Die Werte für Vertrauen und Wertschätzung<br />
liegen aber recht nah beieinander. Umso bemerkenswerter<br />
ist, dass der Journalismus jener Beruf ist, bei dem die<br />
Diskrepanz am größten ist. Da Wertschätzung eher mit<br />
normativen Erwartungen im Zusammenhang steht und<br />
das Vertrauen eher auf der Wahrnehmung der tatsächlichen<br />
Berufspraxis fußt, ist dies ein Indiz dafür, dass sich<br />
die Erwartungen der Bürger an den Journalismus und der<br />
Wahrnehmung der journalistischen Berufswirklichkeit in<br />
einem Missverhältnis befinden.<br />
Der Journalist als Berufshandelnder<br />
Jede Person vertritt in ihrem Leben bestimmte Werte,<br />
die ihr wichtig sind und ihr Denken und Handeln beeinflussen.<br />
Zur Erhebung dieser Werthaltungen wurde<br />
auf Klages’ Werteinventar (Klages & Gensicke 2006)<br />
zurückgegriffen. Es wurde danach gefragt, welche Werte<br />
Journalisten aus Sicht der Befragten vertreten sollten bzw.<br />
welche sie tatsächlich vertreten. Aus Klages’ Werte-<br />
Liste sind alle Werte übernommen worden, die für Medien<br />
und Journalismus zentral sind (an Gott glauben oder<br />
gesundheitsbewusst leben etwa gehörten nicht dazu).<br />
Alle Befragten sollen zunächst angeben, welche Werte<br />
für sie persönlich in ihrem Leben wichtig sind. Anschließend<br />
wurde die Befragung gegabelt: Eine Teilstichprobe<br />
wurde gefragt, wie stark Journalisten diese Werte bei ihrer<br />
Arbeit vertreten sollten, die zweite Teilstichprobe sollte<br />
einschätzen, wie wichtig Journalisten diese Werte in<br />
Wirklichkeit sind. Anschließend wurden die Wertemuster<br />
der Befragten selbst mit den in Bezug auf Journalisten<br />
gewünschten Wertemustern abgeglichen.<br />
Dabei zeigte sich zunächst, dass Journalisten im Prinzip<br />
ganz normale Menschen sein sollten, allerdings weniger<br />
eigennützig (-20 Prozentpunkte), politisch engagierter<br />
(+19 Prozentpunkte) und ein wenig mächtiger und einflussreicher<br />
(+8 Prozentpunkte) als der Durchschnittsbürger<br />
(vgl. Tab.).