10.03.2013 Aufrufe

Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Christian Schicha _ Inhaltsleere Medienrituale?<br />

131 |<br />

Der ›Visualisierungszwang‹ innerhalb der Nachrichtenberichterstattung nutzt jedoch<br />

noch bei Weitem nicht die Möglichkeiten, die das Medium zu bieten hat. Auch hier wird<br />

in der Regel nach konventionellen und traditionellen Kriterien vorgegangen.<br />

Gleichwohl sind die vielfach über die Medien dargestellten wenig konstruktiven Auseinandersetzungen<br />

zwischen den um Stimmen konkurrierenden politischen Protagonisten<br />

wenig hilfreich, um Vertrauen in die klassische Politik zu erreichen: »Die Politikberichterstattung<br />

im Fernsehen ist neben dem Negativismus auf Personalisierung, Betonung von<br />

Konflikten, Vernachlässigung wichtiger Sachthemen, sound-bite-Berichterstattung und<br />

horse-race-Journalismus. Diese Kritikpunkte an der Politikvermittlung können die Politikverdrossenheit<br />

der Politiker mit verursachen.« (Arnsfeld 2005, S. 161)<br />

Komplexe politische Inhalte werden häufig nicht angemessen vermittelt. Während die<br />

öffentlich-rechtlichen Fernsehanbieter ein verhältnismäßig breites Politikangebot haben,<br />

verzichten die privat-kommerziellen Anbieter fast völlig darauf oder bieten derartige<br />

Programme zu extrem späten Sendeterminen an. Jugendliche schauen hingegen kaum<br />

ARD und ZDF, sondern wenden sich den privat-kommerziellen Anbietern zu.<br />

Fernsehnachrichten<br />

»Fernsehnachrichten, als Teil eines Inszenierungs- und Unterhaltungsmediums, sind auf<br />

Darsteller, Bühnen, und Bühnenbild angewiesen. Politischer Alltag in Fernsehnachrichten<br />

zeigt sich daher häufig als routinierter, ritualisierter Medienalltag: vorfahrende Limousinen,<br />

Händeschütteln, Zeremonien, kurze Debatten- und Redeausschnitte, sowie<br />

der einträchtige Willkommensgestus am Kabinettstisch.« (Kamps 1998, S. 41)<br />

Es ist zu differenzieren, zwischen den – bereits skizzierten – politischen Ritualen, über<br />

die in den Medien berichtet wird und den rituellen Ablauf von Nachrichtensendungen.<br />

Diese laufen stets nach dem gleichen Muster ab. Nach der eingeblendeten Uhr mit der<br />

spezifischen Erkennungsmusik erfolgt die Begrüßung des Moderators mit Meldungen,<br />

Einspielfilmen, Interviews, Korrespondentenberichten, der Wetterkarte und der Verabschiedung.<br />

Auch inhaltlich zeigen sich immer wiederkehrende Muster im Programmablauf.<br />

Bei der Tageschau beginnt die Sendung in der Regel mit der Innenpolitik. Es<br />

folgen die Außenpolitik, Wirtschaftsmeldungen, der Sport und die Wetterkarte (vgl.<br />

Fahlenbrach/Brück/Bartsch 2008).<br />

Die Form der Präsentation von Nachrichten erzeugt einen Ritualcharakter durch die<br />

Invariantenbildung der gleichbleibenden Sendezeiten und die formale Standardisierungen<br />

der Präsentation durch die Sprecher bzw. Moderatoren. Das Vorlesungsritual und<br />

die gleichbleibende Studiokulisse signalisieren Statik und Erwartungssicherheit (vgl.<br />

Bleicher 1999). Goethals konstatiert (1998, S. 317): »Die täglichen Nachrichtensendungen<br />

präsentieren ritualisierte Berichte über die ›Wirklichkeit‹. Es handelt sich dabei<br />

um sorgfältig konstruierte Erzählungen, die in Worten und Bildern zusammengestellt<br />

werden, und welche die Geschehnisse erklären sollen. Den Erfolg von Fernsehritualen<br />

können wir daran ermessen, dass die meisten von uns die Nachrichten nicht als symbolische<br />

Konstruktion betrachten, sondern viel eher als symbolische Darstellung der Realität.«<br />

Konventionelle Formate von Nachrichten sendungen greifen auf ein immer wiederkehrendes<br />

rituelles Muster der Darstellung von Politik zurück und erzeugen damit<br />

Erwartungssicherheit und Systemvertrauen. Dort werden eigene rituelle Abläufe geprägt,<br />

die etwa bei der ARD-Tagesschau durch die immer wieder gleichen starren

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!