Komplette Ausgabe 2010 - synpannier
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Inhalt Editorial Schwerpunkt Perspektiven Tagungen Rezensionen Impressum<br />
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sich zu idealen Normen wie einfache Gesetze zu Verfassungsnormen. Während die<br />
Fundierung von Idealnormen als Arbeitsaufgabe der Philosophie zugeschrieben wird,<br />
werden Praxisnormen primär der Ebene des Rechts, der Politik und der unternehmerischen<br />
Praxis zugeordnet. Die Aufgabe einer wirksamen angewandten Ethik für die Praxis<br />
besteht nunmehr darin, dass ideale Normen im Verständnis von ›Durchführungsregeln‹<br />
eine praktikable Angleichung an faktische Verhältnisse erfahren, um eine Vermittlungsfunktion<br />
zwischen der abstrakten idealen Ethik einerseits mit den anthropologischen<br />
und psychologischen Realitäten anderer seits zu bewerkstelligen. Oft sind anspruchsvolle<br />
ethische Prinzipien zu rigoros, um eine Chance zur Durch setzung in der Praxis zu haben.<br />
Darüber hinaus weichen sie oftmals zu gravierend von den gängigen Gegebenheiten und<br />
Konventionen der Lebenspraxis ab, um die Akteure zur Durchfüh rung entspre chender<br />
Prinzipien zu motivieren. Inso fern sind die Durchsetzungsbedin gungen idealer Normen<br />
ein wesentlicher Maßstab für die Wirksamkeit ent sprechender Leitli nien. Die zentrale<br />
Aufgabe einer tragfähigen ange wandten Moralkon zeption liegt darin, einen Kompromiss<br />
zu finden zwi schen der legitimen Anpassung an die fakti schen Gege benheiten, ohne sich<br />
jedoch zu stark an opportunistischen Gepflogen heiten in der Praxis zu ori entieren. Die<br />
ange wandte Ethik sollte dazu beitragen, dass ideale Normen eine prakti kable Angleichung<br />
an die faktischen Ver hältnisse erfahren, um Kompro misse zu finden, bei denen<br />
ideale Leit bilder zwar nicht aufgegeben wer den, jedoch soweit operationalisierbar gestaltet<br />
werden können, dass sie als Hand lungsoptionen in der Praxis Entscheidungshilfen bei<br />
der ethischen Urteilsbildung bieten können (Schicha 2006).<br />
Nach diesen grundlegenden Anmerkungen zur Angewandten Ethik richtet sich der<br />
Blick nun auf Konzeptionen zur Verantwortungsethik. Hierbei wird zunächst auf den<br />
Entwurf einer Verantwortungsethik von Hans Jonas eingegangen, bevor konkrete Zuschreibungen<br />
sowie die Reichweiten und Grenzen der Verantwortung angesprochen werden.<br />
Abschließend werden bereits vorliegenden Bezugsebenen der Verantwortung aus der<br />
medienethischen Debatte skizziert, die Anknüpfungspunkte für die wirtschaftsethische<br />
Diskussion bilden können.<br />
Systematisierung und Übersicht<br />
über den weitergehenden Forschungsstand zur Verantwortungsethik<br />
»Nötig ist also die Feststellung, wer denn Verantwortung zu übernehmen hat, wofür Verantwortung<br />
übernommen werden soll und inwiefern die dann tatsächlich übernommen wird.«<br />
(Altmeppen & Arnold <strong>2010</strong>: 342)<br />
Verantwortung als Zurechnung von Folgen, die durch menschliches Handeln bewirkt<br />
sind gilt als »ein Schlüsselbegriff in der angewandten Ethik« (Fischer 2006: 101) und<br />
stellt auch »ein Schlüsselwort der Gegenwartsethik« (Karmasin 1993: 167) dar. Das Wort<br />
der Verantwortung wurde bereits ab dem 15. Jahrhundert im Kontext einer individuellen<br />
Verpflichtung gebraucht, sich vor einer gerichtlichen Instanz für eine Tat zu rechtfertigen.<br />
Die Zurechnungsfähigkeit in Bezug auf eine Übertretung von Gesetzen im Verständnis<br />
einer kausalen Urheberschaft einer Person spielt dabei eine zentrale Rolle. Ein Subjekt<br />
haftet für seine Handlungen. Dies ist deshalb relevant, da es über die Möglichkeit verfügt,<br />
autonom und eigenverantwortlich zu agieren und über entsprechende Handlungsalternativen<br />
zu verfügen (Funiok 2007).