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Komplette Ausgabe 2010 - synpannier

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Besprechung von Ingrid Stapf _ Kulturelle Nachhaltigkeit. Konzepte, Perspektiven, Positionen<br />

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Besprechung von Ingrid Stapf<br />

Kulturelle Nachhaltigkeit.<br />

Konzepte, Perspektiven, Positionen<br />

Herausgegeben von Larissa Krainer<br />

und Rita Trattnigg erschienen im<br />

oekom Verlag 2007<br />

»Nachhaltigkeit« wird als »Plastikwort«* der Gegenwart<br />

kritisiert. Beschrieb der Begriff ursprünglich die Lebensmöglichkeit<br />

zukünftiger Generationen, so hat sich seine<br />

Verwendung in unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen<br />

ausgebreitet und umfasst mittlerweile nicht nur ökologische,<br />

sondern auch ökonomische, technologische und<br />

soziale Aspekte. Selbst in der Alltagssprache hat er mit<br />

Bezeichnungen wie »nachhaltiger Beton« Eingang gefunden.<br />

Damit umschreibt »Nachhaltigkeit« eine breite<br />

Vielfalt, ist aber auch ein Stück weit inhaltsleer geworden.<br />

Den Begriff in seiner »kulturellen Dimension« neu<br />

zu beleben, auszugestalten und zu deuten, ist das Unterfangen<br />

des Bandes Kulturelle Nachhaltigkeit von Larissa<br />

Krainer und Rita Trattnigg aus dem Jahr 2007.<br />

Ursprünglich stammt der Begriff der »Nachhaltigkeit«<br />

aus der Forstwirtschaft.** Seine normative Zielsetzung<br />

mündete 1987 im Brundtland-Bericht, nach welchem<br />

nachhaltige Entwicklung »die Bedürfnisse der heutigen<br />

Generation befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige<br />

Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen<br />

können.«*** Im Kern geht es also um Verantwortung für<br />

zukünftige Generationen,**** indem es die Sicherung der<br />

Lebensqualität und Lebensmöglichkeit im gegenwärtigen<br />

Tun zu berücksichtigen gilt. Eine normative Forderung,<br />

so Ines Oehme, nach Gerechtigkeit auf intergenerativer<br />

und intragenerativer Ebene (vgl. S. 205).<br />

Im Zuge von Krisen globalen Ausmaßes, voran der<br />

»Klima-Katastrophe« hat der Ansatz nachhaltiger Entwicklung<br />

(anders als der Begriff »Nachhaltigkeit« verbindet<br />

der Begriff »nachhaltige Entwicklung,« nach Peter<br />

Heintel, die Pole des Widerspruchs, Dauerhaftigkeit<br />

und Freiheit) neue<br />

Relevanz und Dringlichkeit erhalten. Die aus den globalen<br />

Krisen resultierende Fürsorgepflicht macht, so<br />

Krainer und Trattnigg, einen »tiefer gehenden Wandel«<br />

notwendig, die »kollektive Anstrengung« nämlich,<br />

eine »Kultur der Langfristigkeit« zu etablieren (S. 10).<br />

Denn die Orientierung über die unmittelbare Zukunft<br />

von Menschen und Generationen hinaus übersteigt die<br />

bisherige Vorstellungskraft. Auf dem Spiel steht nicht<br />

nur die Sicherung der Lebensqualität zukünftiger Generationen,<br />

sondern die Zukunftsfähigkeit überhaupt.<br />

Zur Lösung dieser gewaltigen globalen Aufgaben der<br />

Menschheit fordern die Autorinnen in ihrem Band eine<br />

»veränderte Kultur des Problemlösens, eine Kultur bewusster<br />

und nachhaltiger kollektiver Entscheidungsfindung<br />

und der gemeinsamen Zukunftsgestaltung – in Politik,<br />

Wirtschaft, Wissenschaft und Alltagsleben.« (S. 10)<br />

Bereits in den 1990er Jahren wurde dafür plädiert, Kultur<br />

als querliegende Dimension in das Verständnis von Nachhaltigkeit<br />

einzuführen (vgl. Oehme S. 219). Das Tutzinger<br />

Manifest, welches zur Vorbereitung des Weltgipfels<br />

für Nachhaltige Entwicklung 2002 geschrieben wurde,<br />

sieht eine »kulturelle Herausforderung« des Leitbilds<br />

Nachhaltiger Entwicklung, da es »grundlegende Revisionen<br />

überkommener Normen, Werte und Praktiken in<br />

allen Bereichen – von der Politik über die Wirtschaft bis<br />

zur Lebenswelt – erfordert.«<br />

Kultur wäre dann, nach Heintel, eben nicht nur<br />

die vorhandene und etablierte Kultur, sondern wird<br />

selbst zum veränderbaren »Entscheidungsgegenstand,«<br />

(Krainer und Trattnigg, S. 15) welcher mit Lebensqualität,<br />

Glück und kollektiver Sinngebung verbunden ist.<br />

Dieser Anspruch gibt dem Ansatz kultureller Nachhaltigkeit<br />

eine ethische Fundierung, indem darin die Frage<br />

steckt, was wir überhaupt für unsere Zukunft sinnvoll<br />

wollen, ob wir es so wollen, wie wir es uns eingerichtet<br />

haben und wer und wie wir sein wollen? (vgl. S. 11). All<br />

diese Fragen implizieren eine (mehr oder weniger bewusste)<br />

Wahl, welche eine Entscheidung (und damit

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